From: Martin Weissenboeck[SMTP:mweissen@ccc.at] Sent: Montag, 20. Jänner 1997 21:40 To: agtk@ccc.or.at; agtk@ccc.or.at Subject: AGTK 97015: Netzwerk-Diskussion AGT97015: Netzwerk-Diskussion. 20.01.97 Zur Netzwerke-Diskussion schreibt Konrad Neuwirth: Ich moechte auf die letzte Aussendung ueber die Betriebssysteme nicht mehr im einzelnen Stellung nehmen, ich moechte aber sehr wohl noch darauf reagieren. Ich halte die Diskussion um die ganzen Betriebssysteme mittlerweile fuer recht muessig, aber sie fuehrt mir doch einige Trends vor Augen, die ich fuer auf laengere Sicht gefaehrlich halte. Ich halte die Diskussion um die Betriebssysteme deshalb fuer eine sehr nebensaechliche, weil in Wirklichkeit unter jedem der bisher genannten Betriebssysteme die ganzen Aufgaben, die im Schulalltag anfallen, ausreichend geloest werden koennen. Was mir missfaellt, ist dass die Server- und Arbeitsplatzsysteme recht haeufig in einen Topf geworfen werden -- wie auch von Herrn Christian Fuchs wieder --, denn es bestehen komplett andere Anforderungen an eine Workstation oder an einen Server, und insoferne wird es wohl auch vernuenftig sein, unterschiedliche Werkzeuge einzusetzen. Ob das jetzt Novell Intranetware, Microsoft Windows NT oder eine der zahlreichen freien -- oder auch nicht freien -- Unix Varianten oder sonst noch was anderes ist, laesst sich wohl nicht so allgemein beantworten; jedes der Systeme hat seine Vor- und Nachteile. Sie sind aber alle mittlerweile ausgereift genug, um dem ueblichen Anforderungsprofil in einer Schule gerecht zu werden, insoferne ist die Diskussion also meiner Meinung nach nicht so wesentlich. Auch die Diskussion um die Arbeitsplatz-Betriebssysteme ist, auch wenn sie zumindest die Begruendung der didaktischen Fragestellung hinter sich hat, fuer mich nicht gar so ergiebig, weil ich auch hier denke, dass ein Lehrer anhand verschiedenster Programme die fundamentalen Konzepte lehren kann. Auf das Argument der wirtschaftsrelevanz der Lehrinhalte hin angesprochen muss ich meistens antworten, dass in vielen Firmen sowieso andere Programme verwendet werden, der Absolvent also sowieso noch umlernen muss. Daher halte ich die Vermittlung von den speziellen Funktionen eines Programms fuer falsch, ich hielte es fuer wichtiger, die generelle Funktionsweise zu erlaeutern. Und auch hier gilt fuer mich: die meisten bisher angesprochenen Betriebssysteme sind bei weitem in der Lage, den Anforderungen gerecht zu werden, egal ob das jetzt Windows, OS/2, MacOS, ein Unix mit graphischer Oberflaeche oder sonst noch was anderes ist. 'Da draussen' in der Welt -- dort wo die Absolventen der BHS hinmuessen -- herrscht ein grosser Dschungel, was die Software betrifft. An vielen Stellen werden noch sogenannte Legacy-Systeme eingesetzt (also Syteme, deren Design in den meisten Faellen schon zwanzig Jahre oder aelter ist), auf die wird man in Schulen nie vorbereitet. Viele Anwendungen laufen unter DOS und sind fern von dem, was wir als 'benutzerfreundlich' titulieren (ich habe erst unlaengst einen winzigen Einblick in das meistverkaufte Lohnverrechnungssystem gewonnen, da gibts nichtmal ein Handbuch, mit dem man sich ordentlich durchschlagen koennte). Warum unterrichten die Schulen also nicht auch noch den Umgang mit VMS, VM/CMS, MVS, AS/400 und wie sie sonst noch alle heissen moegen? Was mich an der Diskussion aber viel mehr stoert ist, dass es nicht um Inhalte geht. Ich habe bisher hier kaum noch eine Auseinandersetzung gesehen, was denn nun mit der Telekommunikation ueberhaupt unterrichtet werden soll, was sich denn alle vom Einsatz der Internet-Technologie in den Schulen versprechen. Wo sind denn die ganzen umwerfenden Anwendungen, wo sind Fallbeispiele an denen andere Lehrer von fremden Erfahrungen, aber auch von fremden Fehlern profitieren koennen? Ja, es gibt auch immer wieder Hinweise auf interessante URLs, aber das halte ich auch nicht fuer die Antwort. Ich halte es fuer keine sehr wesentliche Erweiterung fuer den Unterricht, wenn dann -- aehnlich, wie es beim Einsatz von Video in vielen Schulen der Fall ist -- gemeinsam Webgesurft wird. Das Internet ist ja gerade nicht ein passives Medium, das man nur konsumiert. Leider arbeiten viele Firmen am Netz daran, dass auch das Web sich mehr in Richtung Fernsehen entwickelt (Netscape mit In-Box Direct, Microsoft mit Active Desktop), sodass ich z.B. gerade hier grossen Bedarf sehe, den Schuelern einen kritischen Umgang mit den Medien zu vermitteln. Ich persoenlich halte z.B. die Vermittlung von richtigem Umgang mit der Informationsflut fuer etwas, das in der Schule stattfinden sollte, und was sich am Medium Internet sehr leicht zeigen laesst, weil hier sowohl der 'Information Overload' sehr manifest wird, weil es aber auch hier schon die Werkzeuge gibt, um sich persoenlich dagegen zur Wehr zu setzen (wer verwendet denn keine Killfiles mehr, oder hat nicht schon begonnen, seine eingehende Mail automatisch zu filtern?). Oder die Verwendung von Mail liesse sich in einer Reihe von Faechern verwenden, es gab z.B. ein nettes Projekt, wo sich Schulklassen gegenseitig die aktuellen Wetterberichte zugemailt haben, um so ein besseres Verstaendnis fuer Geographie und klimatische Zusammenhaenge zu erwerben -- und ausserdem haben sie die Daten auch noch selbst erhoben. Fuer diese ganzen Fragen tut es wirklich nichts mehr zur Sache, ob man jetzt Intranetware 4.11 oder Windows NT 4.0 verwendet, oder Linux. Ja, ich kann gerne auch noch einen getrennten Aufsatz darueber schreiben, warum ich Free Software fuer eine gute Idee halte und diese fuer unterstuetzenswert finde, das wird dann aber mehr eine politische Brandrede. Den Beitrag von Herrn Fuchs fand ich uebrigens im Ton auch leicht vergriffen, auch wenn ich mit manchen seiner Probleme sympathisieren kann. Persoenliche Angriffe gegen Freunde oder Feinde gewisser Betriebssysteme helfen keinem und tragen auch nicht zu einer sachlichen Auseinandersetzung bei. In der Hoffnung auf neue Akzente in der AGTK verbleibe ich mit freundlichen Gruessen, //konrad Neuwirth Systemadministrator auf sunsite.univie.ac.at, die von der Arbeitsgruppe 'Computerunterstuetzte Didaktik' des Instituts fuer Statistik, Operations Research und Computerverfahren der Universitaet Wien betrieben wird -- und vor allem didaktische Software und Inhalte anbietet. -- //konrad Neuwirth, at home. (konrad@neuwirth.priv.at) PGP Key at http://www.giga.or.at/PGP-Keys/Konrad.Neuwirth ------- This message was distributed via the Listserver of the CCC (Computer Communications Club) - (e-mail 'ccc@ccc.or.at' for info's). To unsubscribe from the list send a message to listserv@ccc.or.at with the following command in the message body: 'unsubscribe agtk' .