AGTK 97237: Citynet-Fachtagung. 11.11.1997 Am 15. Oktober 1997 fand im Wiener Rathaus die heurige Citynet-Fachtagung statt. Ich habe jetzt die Rege von Frau Stadtraetin Ederer bekommen und glaube, dass die Aussagen ueber Internet und Schule fuer einen grossen Kreis interessant sind: J Ich freue mich sehr, dass die Citynet-Fachtagung heuer bereits das zwei= te Mal stattfindet. Als verantwortliche Stadtraetin moechte ich Sie zu dieser zukunftsweisenden Tagung sehr herzlich begruessen. Heute gibt es erfreulicherweise zahlreiche Veranstaltungen, die sich in unterschiedlicher Form mit dem Thema Telekommunikation befassen. Die Citynet-Fachtagung ist fuer Wien besonders wichtig, weil sie ein Garant dafuer ist, dass sich Wi= en den Herausforderungen durch die revolutionaeren Telekommunikationsentwicklungen stellt. J Der kommunalen Ebene als Impulsgeber fuer das wirtschaftliche Wachstum kommt eine entscheidende Bedeutung zu, wenn es um Begriffe wie Vernetzung, Umgang mit und Zugang zu globalen Kommunikationstechnologien geht. Telekommunikation wird zwar zunehmend als Synonym fuer Globalisierung begriffen. Uebersehen wird dabei allerdings, dass in Wirklichkeit das Telekommunikationsbeduerfnis einer Privatperson oder auch eines kleinen ode= r mittleren Unternehmens im regionalen bzw. lokalen Bereich liegt. J Im letzten Jahr hat diese Konferenz ihren Schwerpunkt in der Vorstellun= g des in Oesterreich einzigartigen City-Netzes der Wiener Stadtwerke gesetzt. Wie angekuendigt sind bereits heute 100 Magistratsdienststellen angeschlossen. Mit einem hochwertigen Glasfaserkabelnetz hat der Wiener Datenhighway die Grundlagen fuer das Zeitalter der Telekommunikation geschaffen. J Jetzt geht es darum, die Weichen zu stellen, sodass moeglichst viele Menschen an den technologischen Entwicklungen teilhaben koennen. Es ist als= o zu diskutieren, welche "Fahrzeuge" auf der "Autobahn" fahren, wohin die Richtung geht und wie moeglichst viele "Fahrer und Fahrerinnen" die umweltschonende Auffahrt schaffen koennen. D.h. fuer die weitere positive Entwicklung in der Telekommunikation in Wien ist entscheidend, welche Dienste und Informationsinhalte ueber den Datenhighway geschickt werden und wie gewaehrleistet werden kann, dass es zu keinen Benachteiligungen bestimmter Bevoelkerungsgruppen kommt. J Lassen Sie mich zum Thema zum der Informationsgesellschaft einige Anmerkungen machen: - In Zusammenhang mit den neuen Telekommunikationsdiensten ist Deregulierung zum Schlagwort der 90iger Jahre avanciert. Gerade in der Telekommunikationspolitik wird der Rueckzug des Staates propagiert. Der Staat als Moderator oder gar Kontrollmacht soll verschwinden. Uebersehen wird in dieser Debatte allerdings, dass Gesellschaft und neue Medien in direktem Zusammenhang zu sehen sind. Das bedeutet, dass die virtuelle Welt ein Abbild der realen gesellschaftlichen Verhaeltnisse ist und daher nicht singulaer und abgekoppelt zu betrachten ist. Eines ist jedoch zu beachten: die Komplexitaet von Gesellschaft steigert sich durch neue Medien enorm. Alleine durch den Wegfall nationalstaatlicher Grenzen durch globale Kommunikationsnetzwerke. Das enthebt den Staat allerdings nicht seiner Verantwortung. Vielmehr ist Kreativitaet im politischen Handeln gefragt. Eines muss klargestellt sein: die gesellschaftlichen Regeln muessen auch f= uer neu entstehende Kommunikationsraeume gelten! Es kann keine Diskussion darueber geben, ob in einem speziellen Lebensbereich die gesellschaftlichen Regeln zu gelten haben. - Die Liberalisierung der Maerkte ist eine erfreuliche Entwicklung. Der freie Wettbewerb kann sich aber nur dann entfalten, wenn es eine ueberwachende Instanz gibt, die die Einhaltung des fairen Wettbewerbs garantiert. Und etwa Monopole oder Kartellbildungen verhindert. Auch neu in den Markt tretende Unternehmungen muessen eine reale Chance erhalten, im liberalisierten Markt bestehen zu koennen. - Ich verstehe die Rolle der Kommune und der Politik vor allem darin, moeglichst vielen Wienerinnen und Wienern den Zugang zu und den Umgang mit dieser neuen Welt zu eroeffnen. Der Umgang mit diesen Technologien muss so selbstverstaendlich sein wie das Lesen und das Schreiben. Zugang ist die notwendige Voraussetzung. Der Zugang alleine vermittelt aber nicht den entscheidenden Faktor, naemlich Medienkompetenz. Und gerade diese Medienkompetenz wird zunehmend zu einer Basisqualifikation in der Arbeitswelt. Es ist Aufgabe der Politik die Rahmenbedingungen fuer den Erwerb von Medienkompetenz zu schaffen. Ausserdem muessen vor allem kleine= re und mittlere Unternehmungen die Chance nuetzen, einen neuen Markt zu erschliessen. - Bildung und Business sind also die Schluesselbereiche neuer technischer Entwicklungen. Ich als Wirtschaftsstadtraetin und verantwortliche Politikerin leiste meinen Beitrag zur Vermittlung von Medienkompetenz: a) mit dem "WienerWirtschaftsWeb". Fuer viele kleine und mittlere Unternehmen im Raum Wien ist die Nutzung neuer Kommunikationstechnologien eine entscheidende Herausforderung. Die steigende wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung des Internet verlangt von ihnen neue Qualifikationen und innerbetriebliche Anpassungen. Bei dem Projekt "WienerWirtschaftsWeb" des WWFF sollen Klein- und Mittelbetriebe animiert werden, globale Kommunikationsnetzwerke zu nutzen. In der Kombination eines kostenlosen Internet-Schnupper-Accounts und persoenlichen Orientierungsgespraechen sollen branchenspezifisch die Nutzungsmoeglichkei= ten des Internet naehergebracht werden. Zum Erlangen der notwendigen technische= n Qualifikationen werden Seminare angeboten. Ausserdem soll in einer gemeinsamen Kommunikationsplattform im WorldWideWeb den Unternehmungen relevante Informationen, wie etwa EU-Ausschreibungen einfach zugaenglich gemacht werden. b) mit dem "Wiener Bildungsnetz". Fuer die Schulen der Stadt Wien habe ich mir zum Ziel gesetzt, dass jeder Wiener Schueler und jede Wiener Schueler= in im September 2000 das Schuljahr mit einer leistungsfaehigen Internet-Anbindung beginnen soll. Das ist die Basis fuer eine neue Form von Unterricht, fuer = die viele Schuelerinnen und Schueler laengst bereit sind. Es sind die Schulen, die Verwaltung, die Lehrer, die spaetestens jetzt beginnen muessen, sich umzustellen. Meine Aufforderung an die Schule lautet daher: raeumen wir die Schultafeln aus den Klassen, und fangen wir an, Schule neu zu denken, neu zu gestalten. Die Schultafeln und der vernetzte Computer sind ein Symbol fuer die Gegensaetze unserer Zeit: Die Schultafel steht fuer Einwegkommunikation. Der vernetzte Computer fuer Informationsaustausch. Die Schultafel steht fuer die alte Hierarchie zwischen Lehrer und Schueler= , fuer die alten Grenzen. Der vernetzte Computer steht fuer Kooperation. Die Schultafel steht fuer das Prinzip der Reproduktion von Wissen. Der vernetzte Computer steht fuer die Verarbeitung von Information. Vor uns liegt die Herausforderung, das Alte zu ueberwinden, und dafuer brauchen wir gesellschaftliche Projekte, die begeistern koennen. Der Kampf gegen das Prinzip "Schultafel" und fuer die Vernetzung unserer Schulen ist ein solches Projekt, fuer das ich in Wien die Grundlage schaffe. Ein leistungsfaehiger Internetanschluss ist die Basis fuer eine neue Form= von Unterricht. Ein paar Alibiprojekte, Schulversuche und Eliteprojekte werden nicht ausreichen. Es geht darum, die technologische Revolution bis ins kleinste Klassenzimmer zu tragen. Denn auch das ist Ausdruck der Durchsetzung der Telekommunikation, eigentlich ihre Basis. Bildung und Business sind entscheidend, fuer eine hohe Lebensqualitaet in Wien. Eine qualifizierte Ausbildung ist das politische Mittel, um einer neuen Klassenbildung unserer Gesellschaft wirkungsvoll entgegenzutreten. Und eine florierende Wirtschaft sichert den sozialen Frieden. --- MfG Martin Weissenboeck --- --- E-Mail: mweissen@ccc.at Tel: +43-1-369 88 58-10 --- Gatterburggasse 7, A-1190 Wien Fax: +43-1-369 88 58-77 --- MfG Martin Weissenboeck --- --- E-Mail: mweissen@ccc.at Tel: +43-1-369 88 58-10 --- Gatterburggasse 7, A-1190 Wien Fax: +43-1-369 88 58-77 ------- This message was distributed via the Listserver of the CCC (Computer Communications Club) - (e-mail 'ccc@ccc.or.at' for info's). 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