Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Am Sun, 20.04.2003 um 16:52 schrieb weiss:
> Ins Stammbuch der "Krieger":
> Nur Kleinkarierte, Dummköpfe, Verbohrte, Scheuklappenmenschen und

Ich sollte wahrscheinlich beleidigt sein, wenn ich anderer Meinung bin als Sie Herr Weiss, denn ich werde in dieser Mail etwas gegen Ihre Ausführungen schreiben. Tatsächlich bin ich auch etwas beleidigt, denn ich habe eine andere Meinung - und _nur_ oben zitierte haben eine solche!

> eigentlich alle jene, die NICHT auf unsere Schüler losgelassen werden
> sollten, können gegen etwas sein, was - in welcher Form auch immer -
> unseren Schülern Starthilfe in Beruf oder Studium bringt.

Dem kann ich in gewisser Weise zustimmen, nämlich in der Weise, dass wir Lehrer den Schülern Hilfe für Beruf und Studium bieten sollen. Jedoch bin ich sehr wohl gegen die Zertifizererei! Und zwar weil

- damit die Unterrichtsqualität in Frage gestellt wird, eigentlich
nicht nur in Frage gestellt, sondern schlecht gemacht[1], weil nur mehr
die Zertifizierung einer bestimmten Firma oder eines bestimmten
Vereins zählt.

- dadurch Abhängigkeiten von bestimmten Produkten entstehen. Es ist
nicht mehr das Prinzip gefragt, nein, es ist gefragt, wo man
hinklicken muss. Genau diese Art des Wissens ist ziemlich kurzlebig.

- den Lehrern wird unterstellt, sie hätten keine Ahnung von dem, was
in der "Praxis" benötigt wird. Da mag manchmal stimmen, aber sicher
nicht generell, zumal in den HTLs die Lehrer aus der "Praxis" kommen
(müssen).

- ich mich frage, was ein Zertifikat des Herstellers X für das Studium
bringen soll.

Wenn die Hersteller so interessiert sind, dass ihre Produkte verwendet werden und die Leute an und mit ihnen ausgebildet werden, warum stellen sie dann nicht einfach die Produkte und ihre Curricula[2] den Schulen zur Verfügung? Die Schulen (natürlich die Lehrer) kümmern sich schon um die passende Ausbildung und Qualitätssicherung (zumindest sollten sie das tun).

Natürlich ist es so. dass durch die Zertifikate ein Maßstab für bestimmtes Wissen gelegt wurde. Schulen sind ja nicht leicht zu vergleichen, auch wenn sie nach dem gleichen Lehrplan unterrichten. Allerdings stellt sich die Frage, wie gut dieser Maßstab ist. Immerhin ist es meist ein Maßstab eines Herstellers.

Wenn man schon vergleichbare Fertigkeiten und Kenntnisse von Schülern haben will bzw. prüfen will, dann sollte man doch gleich das Prüfen "gleichmachen", d.h. externe Prüfer mit "genormten" Tests einsetzen. Klingt gut! Aber dann bekommen wir lauter Schafe, die alle das selbe blöken[3]. Es würde nur mehr - so wie bei den Zertifikatskursen - auf die Prüfung hingearbeitet werden.

> Ob Cisco, Linux, Microsoft, Mesonic, SAP, Macromedia, Adobe, C++, C#
> oder sonstiges: Irgendeiner findet immer das andere Paket besser und
> ein Haar in der Suppe! Aber soll dieser dümmliche "Glaubenskrieg" auf
> den

Manche stören Haare in der Suppe, auch wenn es nur eines ist. Viel wesentlicher ist es aber. überhaupt ein Haar finden zu können (wenn keines in der Suppe ist, dann ist sowieso alles paletti).

Vielfalt ist wichtig. Wenn jemand ein Haar in Xs Suppe findet, aber die Suppe von Y gut findet, dann soll er doch Y unterrichten, wenn's nicht gegen die Ausbildung steht. Wenn es diese Vielfalt nicht mehr gibt, dann lernen alle das selbe. Jeder kann nur das eine. Hat man[4] dann eine gute Chance auf einen Arbeitsplatz?

> Schultern unsere Schüler ausgetragen werden ?

Aha, weil eine Lobby meint, es sollen nur mehr Dinge des Herstellers X unterrichtet werden, damit die Schüler dann ein Zertifkat XsCE haben, machen wir das einfach so. Nur einfach Ja sagen und machen. Ich trage deswegen keinen "Glaubeskrieg" auf den Schultern der Schüler aus. Ich hinterfrage und versuche das Hinterfragen auch zu vermitteln. Wenn ein gutes Curriculum eines Herstellers X existiert, es für den Unterricht zur Verfügung gestellt wird, dann kann ich mich immer noch dafür entscheiden. Wenn es zu einseitig ist, dann werde ich mich dagegen entscheiden.

> Konzepte und Grundlagen sind gut (vorallem Konzepte über Konzepte der
> Grundlagen): dafür hat ein anderer den Arbeitsplatz oder Studienplatz!

Noch einmal: was bringt ein XsCE für ein Studium? Für einen Arbeitsplatz mag's etwas bringen, aber das Zertifikat kann mit einer fundierten Ausbildung auch so gemacht werden.


> Gratuliere!
> Günther Weiss

Danke!
Harald Haberstroh

> [... FQ entsorgt]

[1] in Frage stellen ist eigentlich gut. Der Unterricht sollte immer
wieder in Frage gestellt werden. Aber ebenso die Zertifikate. Immer
wieder Fragen stellen führt letztlich zum Erfolg.

[2] die Lehr- bzw. Lernunterlagen zu einigen dieser Zertifikate sind
wirklich gut, z.B. gibt es von Cisco sehr gute Unterlagen für
Netzwerk-Grundlagen.

[3] Schafe lassen sich ziemlich leicht lenken...

[4] er, sie, alle Geschlechter sind hier gemeint. Aber über die
Gleichheit der Chancen könnte man auch wieder diskutieren...
--
Harald R. Haberstroh http://www.haberstroh.at | fortune -s
Flotowgasse 31 Harald@haberstroh.at | People often find it easier
A-2700 Wiener Neustadt +43 2622 27999 | to be a result of the past
Austria | than a cause of the future.
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