Reaktion auf die Sendung "REPORT", Beitrag über Boykottmaßnahmen der LehrerInnen, vom 3.7.2001:
S.g. Frau Hopfmüller!
So sehr ich ihre Sendung und ihren Redaktionsstil schätze, so sehr ist der Beitrag über die Protestmaßnahmen der LehrerInnen in Österreich bezüglich des Budgetbegleitgesetzes leider danebengegangen. Die Redakteurin hat wohl entweder die falschen InformantInnen gefragt, oder sich nicht mit dem eigentlichen Hintergrund der Materie beschäftigt. Sonst hätte wenigstens mit einigen Statements deutlich werden müssen, worum es wirklich geht:
Es geht sicherlich nicht darum, den SchülerInnen etwas vorzuenthalten (z.B. einen Skikurs), von dessen Sinnhaftigkeit (z.B. soziales Lernen) auch LehrerInnen überzeugt sind. Allerdings nützen schulinterne Proteste recht wenig, weil sie keinen politischen/ökonomischen Druck erzeugen. Erst wenn über die Schiene der Verweigerung der Abhaltung von mehrtägigen Schulveranstaltungen (und dem großen finanziellen Schaden, der Beherbergungsbetrieben, Busunternehmen, Liftgesellschaften usw. daraus entsteht) entsprechende Aufmerksamkeit erzielt werden kann, besteht die Chance, die finanziellen Einbußen und Belastungen der LehrerInnen aufzuzeigen und ev. zurückzunehmen (oder kennen sie jemanden, der nicht denkt, LehrerInnen arbeiten wenig und bekommen dafür eigentlich viel zu viel bezahlt?).
Es geht auch nicht darum, die Schulpartnerschaft aus SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen aufzukündigen oder Engagement einzustellen. Es geht vielmehr darum, dass in den letzten Jahren (und nicht nur unter dieser Regierung) die Gehaltsschema im Bildungsbereich genau so verändert wurden, dass diejenigen "draufzahlen", die sich eben bemühen und engagiert sind, die sich einsetzen, sich menschlich und fachlich weiterbilden, über den "Dienst nach Vorschrift" hinaus verfügbar und einsatzbereit sind. Genau diesen LehrerInnen reicht es aber jetzt, denn irgendwann steht (auch bei einem IdealistInnenjob - und das ist es nach wie vor) die Entlohnung in direktem Zusammenhang mit der Motivation (warum werden denn sonst in Wirtschaft und Industrie Prämien bezahlt, Menschen mit besonders guter Entlohnung geködert - auch LehrerInnen leben in einer leistungs-, konsum- und marktorientierten Gesellschaft - und haben Familien und eigene Kinder mit Ansprüchen ...).
Und schließlich geht es auch nicht darum, dass Skikurse vielleicht auch von jemand anderem organisiert werden können (allerdings wohl nicht von 13jährigen SchülerInnen - da werden sich die Unternehmen, die Sicherheiten und Kautionen, fixe Zusagen und Verträge benötigen, wohl kaum drauf einlassen...). Vielmehr geht es um einen wirklich bedrohlichen Abbau pädagogischer Qualität, der seit vielen Jahren betrieben wird und jetzt einen Punkt erreicht, an dem er auch durch viel Engagement nicht mehr ausgeglichen werden kann (oder finden sie 27 Kinder in einer ersten Klasse mit einer Lehrerin in der Volksschule einen pädagogischen Fortschritt?). Das Problem ist vielschichtig und sicherlich nicht auf die Abhaltung (oder Nicht-Abhaltung) von Skikursen reduzierbar.
Dieses deutlich zu machen, ist Sinn und Zweck der Aktionen. Ein Beitrag in ihrer Sendung könnte diesem Ansinnen dienlich sein, er müßte allerdings besser recherchiert und fachlich fundiert sein - als ehemalige Redakteurin bin ich daher besonders enttäuscht von ihrer heutigen Sendung.
M.f.G.
Mag. Carola Koppermann (im übrigen selbst keine Lehrerin, aber im pädagogischen Bereich tätig...)