Lieber Kollege Zwickl!
Es ist erfreulich wenn wir uns trotz unterschiedlicher ansichten – oder vielleicht gerade deswegen – unsere standpunkte, meinungen und befindlichkeiten mitteilen können. Glauben Sie mir, es geht mir nicht um parteipolisch motivierte rechthaberei, sondern um besorgnis um dieses land. Ich bin weit davon entfernt alles gut zu heissen was unter sozialdemokr. alleinregierung oder nachfolgender (lähmender) koalition geschehen ist. Auch ich bin in meiner partei tätig und ich versichere ihnen auch immer schon kritsch. Mag sein dass man in der eingebundenheit eines solchen gefüges so manches nicht sieht, sehen will, oder einseitig interpretiert. Das ist eine gefahr, der man gut begegnen kann, wenn man in einen ehrlichen diskurs mit anderen einlässt. Mir ist dies bei weitem lieber als lähmendes geschwafel oder desinteresse. In der „Globalisierungsfalle“ und ähnlichen büchern wird auf die von ihnen erwähnten entwicklungen hingewiesen. Entmachtung von Gewerkschaften (USA), Diktat des Kapitals..... Meine Frau arbeitet in einem größeren Konzern und erlebt ständig, wie da die daumenschrauben angezogen werden. Nicht nur altgediente loyale dienstnehmer, die sich dreissig jahre lang für die firma aufgeopfet haben, werden von einem tag auf den anderen abgebaut, auch den lieferanten werden konditionen aufgezwungen, die sie kaum mehr erfüllen können. Da geht es schon lange nicht mehr um die sicherung östereichischer arbeitsplätze, da werden die daumenschrauben solange angesetzt bis der lieferant nicht mehr kann. Na ja, es gibt ja auch lieferanten in china, malaisa, taiwan.... Das kann langfristig nicht gut gehen, da ist der crash vorbereitet. Neoliberalismus pur will ich nicht, denn er spaltet letztendlich unsere gesellschaft. Ich bin mehrmals in den usa gewesen. Am anfang war alles neu und toll, doch wenn man öfters dort war, dann tritt die bittere wahrheit zu tage. Ohne money bist du lonely. 70-jährige im supermarkt zum „sackerltragen“, kaum urlaub, 2 bis 3 jobs um einen lebensstandard zu halten der unter unserem liegt, krank darfst du nur werden, wenn du reich bist. Ich habe einen 60-jährigen farmer kennengelernt, der seit seinem 13 lebensjahr eine revolverkugel im hüftgelenk stecken hat. Eine operation konnte es sich nicht leisten!!! Ich bin vor kurzem bei einem guten freund in rio gewesen. Er ist dort generalkonsul und hat uns einiges von diesem wunderbaren und reichen land gezeigt. Aber die politik hat dort gänzlich versagt. Es gibt einige extrem reiche, unsagbar viele arme (alleine in rio lebt die hälfte der bevölkerung in aremenviertel = ca 5,5 MIO menschen!!) und einen schmalen mittelstand. Die politiker, großteils korrupt, treten mit großen wahlversprechen an und beuten das land und die bevölkerung aus. Nach 4 jahren werden sie „abgetreten“ und dann sind die nächsten am futtertrog. Die bürokratie, das beamtentum ist korrupt - nicht zuletzt weil schlechtest bezahlt. Warum soll ein schlecht bezahlter polizist in die fawellas gehen um dort einen flüchtigen verbrecher zu verfolgen, wo er weiß dass es dort sofort erschossen wird. (keine übertreibung). Für mich ist das rückgrat eines staatswesens eine funktionierende Verwaltung sowie eine gesunde ausgewogenheit der kräfteverhältnisse nach demokratischen maßstäben errichtet.

Lieber Kollege- auch ich kenne mich einigermassen im bereich der selbstverwaltung bzw. SV aus. Natürlich gibt es hier immer noch
verbesserungs- und anpassungsbedarf. Darunter verstehe ich aber sicher nicht jene undemokratischen eingriffe seitens der regierenden. "Demokratie" sollte in die selbstverwaltung des hauptverbandes einziehen, argumentierten die koalitionsvertreter und stellten die verhältnisse auf den kopf. Mehr als drei Millionen versicherte arbeitnehmerInnen werden in zukunft sieben vertreterInnen im verwaltungsrat haben. Die rund 300.000 versicherten unternehmer, gewerbetreibenden und bauern stellen ebenfalls sieben

Kohls demokratieverständnis ist tatsächlich „zwergenhaft“ und wenn mir Rauch-Kallat lächelnd des ende der Konsensdemokratie via tv verkündet, dann läuft es mir kalt über den rücken und ich weiss warum man das „rote gesindel “ aus dem ORF“ entfernen muss!

Ich glaube wir müssen weiterreden, lieber kollege zwickl !

MFG Herbert Till

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