Liebe KollegInnen!
Ein Artikel aus der heutigen "Presse" vormals "Neue Freie Presse Gegründet 1848"
Der langsame Tod einer Idee
VON ANDREAS UNTERBERGER
Die Gesamtschule ist tot. Nach dem mutigen Vordenker Kurt Scholz wird nun auch von anderen Sozialdemokraten diese Idee entsorgt, die lange zu den heiligen Dogmen der Sozialdemokratie gezählt hat.
Damit schüttelt die SPÖ wieder ein wenig vom uralten Staub der Geschichte ab. Gratulation. Zugleich muß man freilich hoffen, daß künftige Modemisierungsschritte etwas rascher erfolgen; denn die Jahrzehnte, die die Abkehr von der Gesamtschule gedauert hat, werden bei weiteren geistigen Reformen der ältesten Partei Österreichs viel zu viel sein. Auch wenn dieses Tempo offenbar zur Tradition der SPÖ gehört, wie etwa die unendlich langsame Aufgabe des Habsburger-Kannibalismus oder des Verstaatlichten-Dogmas gezeigt hat (das von den Wiener Rathaus-Sozialisten übrigens noch jetzt angebetet wird). Und bei Neutralität oder dem Glauben an den Monopolrundfunk sind es sogar bis heute nur wenige mutige Sozialdemokraten, die aus den vorgeschriebenen Denkbahnen auszubrechen wagen.
Zurück zur Schule: Dort ist ja nicht die Gesamtschule das wirkliche Thema, dort ist aus anderen Gründen SOS angesagt: Denn längst schauen Personalchefs nicht mehr auf den Schultyp, den ein Postenbewerber absolviert hat, sondern auf die konkrete Schule: Ist es eines jener Häuser, in denen die Absolventen etwas lernen, in denen ihnen Leistung abverlangt und Wissen vermittelt, wird? Oder kommt der Kandidat aus einer Anstalt, in der vermeintlich moderne Pädagogen jede Leistungsorientierung ablehnen? In der es nur darum geht, lieb zueinander zu sein; in der der diffuse Allerweltsbegriff „soziale Kompetenz" anstelle irgendwelcher konkreter Fähigkeiten vermittelt wird; in der Lehrer lediglich darauf Wert legen, daß die Schüler sie per Vornamen anreden und genauso breiten Dialekt reden wie die Lehrer selbst; in der Lehrer nicht dann als gut gelten, wenn die Kinder bei ihnen viel lernen, sondern wenn bei ihnen niemand durchfällt.
Viele Lehrer werden ob solcher kapitalistischer Maßstäbe angewidert den Kopf schütteln. Es gibt aber zum Glück noch viele andere, die wissen, daß nur gut ausgebildete Absolventen die Pensionen der Zukunft erarbeiten können. Auch die der Lehrer."
LG Herbert Till
PS: Wen wundert es, dass "Die Presse" vormals "Neue Freie Presse, gegründet 1848" einen der größten Brocken der Presseförderung in Österreich bekommen hat?
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