PRESSE 25 07 01
Gehrer rückt von AHS-Aufnahmeprüfung ab
Abgeschwächt wurde von Ministerin Gehrer der jüngste Vorstoß der Bildungssprecher der Koalitionsparteien ÖVP und FPÖ. Mit ein Grund dafür: Ohne SP-Zustimmung geht nichts.
WIEN (d. n./wa). Es wird selten so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Soll heißen: Es wird keine Aufnahmeprüfung für die AHS geben, wie dies die Bildungssprecher von ÖVP, Werner Amon, und FPÖ, Karl Schweitzer, erst jüngst angeregt hatten. Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (VP) hat gestern, Dienstag, versucht, einen vorläufigen Schlußstrich unter die Debatte zu ziehen.
Sie betonte im ORF-Radio, Ziel müsse es sein, daß für jedes Kind der richtige Schultyp ausgewählt wird. Gehrer: "Es geht nicht um eine punktuelle Aufnahmeprüfung, sondern um ein Prognoseverfahren." Dabei soll es Tests über den Entwicklungs- und Leistungsstand der Kinder geben. Anhand derer sollen die Eltern dann über die weitere Schulkarriere "beraten" werden. An eine Verpflichtung der Eltern, sich an die Empfehlung auch zu halten, ist im Bildungsministerium laut Auskunft von Sektionschef Heinz Gruber keinesfalls gedacht.
ÖVP Wien strikt dagegen
Gehrer betonte auch, mit allen darüber Gespräche führen und einen Kompromiß erzielen zu wollen. Man stehe erst am Anfang einer Diskussion, in der definiert werden müsse, was ein Kind nach der Volksschule können müsse. Ein Grund für Gehrers betonte Zurückhaltung: Eine Änderung der Schulgesetze ist nur mit einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat möglich. Das heißt, ohne Zustimmung der SPÖ ist die Wiedereinführung von einer AHS-Aufnahmeprüfung nicht durchführbar. Die SPÖ hat aber auch am Dienstag ihre dezidierte Ablehnung öffentlich bekundet.
Die Frage der Aufnahmeprüfung führt auch zu VP-internen Differenzen. "Wir lehnen jede Aufnahmeprüfung strikt ab", meint der Bildungssprecher der Wiener ÖVP, Walter Strobl. Er zeigte sich vom Vorschlag Amons überrascht. Als Pädagoge halte er die Aufnahmeprüfung für "einen Blödsinn und überholt". Durchaus vorstellen kann sich Strobl aber ein Aufnahmeverfahren mit einem Beobachtungszeitraum über ein ganzes Schuljahr. Zusätzlich sollte die Beratung über die Berufs- und Schullaufbahn verbessert und bereits ab der dritten Volksschul-Klasse angeboten werden.
Eine Aufwertung der gerade in Wien im argen liegenden Hauptschule will er durch die Einführung der kooperativen Mittelschule erreichen. In Wien besuchen 60 Prozent der zehn- bis 14jährigen eine AHS, wobei ein Drittel in der Unterstufe die AHS wieder verläßt. Als langfristiges Modell wünscht sich der Wiener Bildungssprecher eine Realschule mit einer mittleren Reife mit 16 Jahren. Ab der 7. Schulstufe sollte es dann ein Kurssystem geben.