Sg. Koll. Wittek!

Vielen Dank für Ihre ausführlichen Betrachtungen und Analysen.



> Es wäre schön und erfreulich, wenn es eine kontinuierliche
Weiterentwicklung
> gäbe. Was wären ihrer Meinung nach die Parameter, an denen wir eine
> solche Weiterentwicklung erkennen könnten? Für mich wären "mehr
Diskussionsbereitschaft",
> "besseres Eingehen auf die Meinung Andersdenkender" solche Parameter,
> die
ich
> aber derzeit nicht erkennen kann.

Eine kontiuierliche Weiterentwicklung bedeutet auch, dass man Fehler machen kann und darf. Es ist schwierig die Parameter für eine funktionierende Demokratie zu definieren. Ich würde das politische System in Österreich als gute Demonkratie bezeichnen. Ich war dieser Meinung auch schon bevor die jetzige Regierung an der Macht war. Ich habe, im Gegensatz zu vielen Mitlesern hier, eine optimistische Grundeinstellung und glaube an die Diskussionsbereitschaft aller in Österreich. Sie zur Zeit genauso groß oder klein wie sie in Zeiten eines Bruno Kreisky oder großkoalitionärer Regierungen war. Nur hier im Lehrerforum habe ich einen für mich ungewohnten menschverachtenden politischen Radikalismus beobachtet. Dessen Ziel auch ich schon einigemale war.


>
>
> HA > In der Zeit nach der Monarchie war die österreichische Demokratie
> ein
Baby,
> HA > nun ist Sie doch nach einigen Wirren, schon erwachsen. Ich
> vertraue
auf die
> HA > Demokratie und die Gewaltfreiheit.
>
> Die tatsächliche Entwicklung ist meiner subjektiven Beobachtung nach
> ein recht schwieriger und manchmal auch ein rückläufiger Prozess. Der
hoffnungsvolle
> Jüngling benimmt sich in letzter Zeit manchmal babyhaft oder kindisch,
> um
in
> ihrem Bild zu bleiben. Bei der Lektüre von Nestroy-Texten (gegen den
Untertanenstaat)
> ist die Aktualität oft sehr auffallend, aber auch die Vergleiche zur
Zwischenkriegszeit
> geben viel an Erkenntnis her. Auch ich habe ein prinzipielles
> Vertrauen in
Demokratie
> und Gewalltfreiheit. Aber meiner Ansicht nach kommt Demokratie nicht
> von
selbst,
> sondern man muss was dafür tun - wir müssen etwas dafür tun.
> Demokratie
und über
> andere drüberfahren schließen einander aus, daher hat die Frau
> Minister
mit ihrem
> Ausspruch, dass sie ein Budget zu sanieren hat, und basta! uns allen
damit
> keinen guten Dienst erwiesen.
> Die Gewaltfreiheit ist natürlich ein schönes und erstrebenswertes
> Ziel.
Doch wenn ich
> diesen Begriff im Munde führe, dann gehört es dazu mir auch
> anzuschauen,
welche
> Formen der Gewalt es in unserer Gesellschaft gibt. Und nach meiner
Analyse,
> Erfahrung gibt es ein großes Ungleichgewicht zwischen Leuten in
> unserer
Gesellschaft,
> die entweder zur Gruppe der Mächtigen oder zur Gruppe der Ohnmächtigen
> in
dieser
> Gesellschaft gehören. Die Mächtigen bestimmen über die Ohnmächtigen in
> der Gesellschaft. Das ist eine Form der Gewalt, das ist "strukturelle
Gewalt". Und es
> kommt mir darauf an, Wege aufzuzeugen, wie die Ohnmächtigen in unserer
> Gesellschaft sich Gehör (Zuhörer) verschaffen können, ohne diese
Aufmerksamkeit
> durch Gewalt (Pflastersteine) erringen zu müssen. Eine ehrliche
> Diskussion
über
> alle Formen struktureller Gewalt einzuleiten und zielführend
weiterzuführen, das
> wäre ein wichtiger Beitrag um unseren hoffnungsfrohen Jüngling aus der
> pubertären Krise herauszuführen.
>

In einer Demokratie entscheidet das Volk wer der Mächtige und wer der Ohnmächtige ist. Die "Macht" ist ohnehin nur zeitlich begrenzt und muß bei den nächsten Wahlen Rechenschaft ablegen. In der Menschheitsgeschichte hat es noch nie ein funktionierendes System gegeben wo alle gleich waren. Den Fortschritt bringt die Differenzierung. Die Evolution in der Natur lebt auch davon. Ich sehe keine Gewalt in Österreich gegen andersdenkende Menschen. Das dies nicht in allen Teilen der Welt schon so gut funktioniert wie in Österreich ist eine Frage der gesellschaftlichen Entwicklung. Pflastersteine sind keine Argumente zum Überzeugen der Seher und Hörer.


>
> HA > Ich finde es nicht in Ordnung, dass nun manche
> sozialdemokratische
Kreise
> HA > nach dem Verlust der Macht alles in das rechte Eck zu stellen
versuchen und
> HA > eine Fundamentalopposition zu betreiben.
>
> Ich frage mich, ob selbstbewusste politische Akteure sich ins Eck
> stellen
lassen
> oder ob sie sich freiwillig dort positionieren. Wer sich von der
Demokratie entfernt,
> und ein "autoritäres Regime" auch nur klammheimlich befürwortet, der
> hat
sich
> ins rechte Eck gestellt. Wer in der Gewerkschaftspolitik die
> Interessen
des
> Staates höher bewertet als die berechtigten Anliegen der Betroffenen,
> der
stellt
> sich damit ins Eck. Wer Kritik an Maßnahmen der Regierung
> undifferenziert ablehnt und dieser Regierung in Nibelungentreue die
> Stange hält, der hat
sich
> positioniert und leistet unserer Demokratie keinen guten Dienst. Der
> Begriff "Fundamentalopposition" entspang (wenn ich Zeitungsmeldungen
richtig
> nachvollziehe) in der jetzigen Debatte einem Diskussionsbeitrag von
> Frau Rauch-Kallat. Sie hat das "Ende der Konsensdemokratie" und den
> Übergang zur "Konfliktdemokratie" ausgerufen. Die Politik der SPÖ ist
> meiner
Meinung
> nach konsensorientiert bis hin zur Selbstverleugnung eigener
> Grundsätze, ich kann nicht erkennen, wo diese Fundamentalopposition
> tatsächlich
stattfinden
> sollte.

Wenn Mitglieder einer Regierung das gemeinsam beschlossene Regierungsprogramm durchführen, so ist das sicher kein Zeichen für ein autoritäres Regime. Das macht jede Regierung und das haben auch die sozialdemokratisch dominiereten Regierungen der letzten dreißig Jahre in Österreich gemacht. Ob die Wähler mit diesen Maßnahmen einverstanden sind, wird sich bei den nächsten Wahlen zeigen. Bzgl Fundamentalopposition: siehe Verhalten der SPÖ und Grünen bei der Verhaltensvereinbarung, hier haben die Parlamentarier der genannten Parteien gegen die Lehrer auch ihrer eigen Fraktion gestimmt.


> HA > Aktivitäten zum Schutze unserer Umwelt sind überlebensnotwendig
> für
die
> HA > Menschheit, aber mit Gewalt kann ich kein Umdenken der handelnden
Personen
> HA > erreichen.
>
> Das ist richtig. In unverantwortlicher Weise wird das gesamte Klima
> der
Erde
> in einen labilen Zustand gebracht, aber der Profit einiger Leute zählt
offenbar
> mehr als das Wohlergehen großer Teile der Menschheit. Leider ist es
> nicht
so,
> dass die Entscheidungsträger dieser Welt sachlichen und vernünftigen
Argumenten
> zugänglich sind. Gewalt ist nicht der richtige Weg, aber wer kann den
richtigen,
> den notwendigen und zugleich erfolgversprechenden Weg angeben? Wollen
> wir tatenlos zusehen, dass sich eine Prophezeiung des Nostradamus
> erfüllt,
wonach
> eine "große Stadt mit in den Himmel ragenden Häusern" im Meer
> versinken
wird?
> Werden die Amerikaner erst dann aufwachen, wenn New York dauerhaft
> unter Wasser steht? Muss uns erst das Wasser bis zum Halse stehen,
> dass wir
etwas
> dazulernen?

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.


MfG Hans Adam



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