PRESSE 08 09 01
Schlechtes Votum für Uni und AHS - "Höchste Zeit für Reformen"
Im Bildungsministerium zirkuliert eine Umfrage, die der AHS und den Universitäten ein schlechtes Zeugnis ausstellt.
VON ERICH WITZMANN
WIEN. Die Universitäten haben gegenüber den Fachhochschulen das Nachsehen, gleichfalls - und sogar in noch stärkerem Ausmaß - die Allgemeinbildenden höheren Schulen (AHS) gegenüber berufsbildenden Schulen. Das ergab eine Umfrage des market-Instituts, die das Bildungsministerium für interne Planungsarbeiten in Auftrag gegeben hatte und die unter Verschluß gehalten wird. Befragt wurden österreichweit insgesamt 200 Eltern von potentiellen Studenten.
Besonders signifikant die Werte im Schulbereich: 32 Prozent der Eltern würden den AHS-Besuch ihrer Kinder auch neuerlich empfehlen, für 45 Prozent käme er aber nicht mehr in Frage. Bei HAK und HBLA (Höhere Bundeslehranstalten für wirtschaftliche Berufe) gibt es 59 Prozent Zustimmung und 13 Prozent Ablehnung, die HTL erreicht mit 68 Prozent Zustimmung und nur einem Prozent Ablehnung den besten Wert.
Dieser Trend setzt sich im Studiensektor fort: Die Fachhochschulen führen bei der Zustimmung mit 58 Prozent, die Universitäten erhalten nur 45 Prozent (Ablehnung: 5 Prozent FH, 12 Uni). Reaktion von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (VP) im Gespräch mit der "Presse": "Der Stellenwert der Allgemeinbildung hat im Bewußtsein der Gesellschaft eine Delle erlitten."
Die Studie lag bisher in der für die Uni-Reform zuständigen Planungsgruppe. Aber auch in den Schulsektionen des Bildungsministeriums fühlt man sich doppelt bestätigt: Die vor wenigen Tagen von Gehrer angekündigte Reform der AHS-Oberstufe soll diesen Schultyp wieder attraktiver machen und AHS-Schüler in größeren Ausmaß auf die Uni vorbereiten.
Neue Attraktivität
Die AHS soll (wie bisher) "gute Allgemeinbildung in moderner Form" sowie zusätzlich eine gewisse berufliche Vorqualifizierung bieten, sagt Gehrer. Deswegen würde die Reform eine autonome Schwerpunktsetzung in der AHS-Oberstufe vorsehen, neue Freiräume schaffen und vor allem die Beschäftigung mit den Informationstechnologien forcieren. Unter anderem ist ein eigenes Wahlpflichtfach "Informatik" geplant.
Neue Schwerpunkte sollen auch die Universitäten festsetzen, wenn sie in ihre Autonomie entlassen werden. Freilich sollen die 18 Unis weiterhin die bevorzugten Studieninstitutionen bleiben: Es ist zwar ein Aufholprozeß für die Fachhochschulen als bildungspolitisches Ziel vorgesehen, im Jahr 2005 - soweit reicht die mittelfristige Vorschau - sollen sich nach dem Regierungsprogramm aber noch zwei Drittel der Studienanfänger für die Uni, ein Drittel für ein FH-Studium entscheiden. Durch die strikte Beschränkung der Studienplätze an den Fachhochschulen kann die Zahl der FH-Studienanfänger schon jetzt genau gesteuert werden.
Das neue Uni-Organisationsgesetz (ein erstes Reformkonzept wurde vor einer Woche zur Begutachtung ausgesandt) soll nach Gehrers Terminplan noch vor dem Sommer 2002 im Nationalrat beschlossen werden und am 1. Oktober 2002 in Kraft treten. Die Reform der AHS-Oberstufe ist für das Ende dieser Legislaturperiode geplant, sie soll am 1. September 2003 umgesetzt werden.