Lieber Herbert Till

Ich gewinne deiner Einschätzung sehr viel ab. Auch ich sehe und höre die Unzufriedenheit der Kollegen mit der ÖGB-Politik, aber daraus leitet sich noch nicht automatisch der Entschluss ab, der GÖD "Adieu!" zu sagen und der UBG beizutreten.

Für mich war der Beschluss der GÖD, den Streikantrag der Vorarlberger Kollegen nicht zu unterstützen, ein fundamentaler und unverzeihlicher Fehler. Als die Freunde in Vorarlberg daraufhin zu dem Ergebnis kamen, mit der GÖD hat das so keine Zukunft mehr, wir brauchen eine eigene Organisation, einen eigenen Verein, der unsere Interessen so vertritt, wie die Mitglieder dies wollen, war es für mich klar, dass ich den Standpunkt vertrete: Schafft bitte nicht nur einen Vorarlberger Verein, schaffen wir gemeinsam eine österreichweite, eine polyzentrale UBG.

Die Grundidee ist nach wie vor richtig, trotzdem sind meine Erwartungen nicht voll eingetroffen. Nach all den Beleidigungen und all der Ignoranz der GÖD gegenüber unseren Anliegen, dass von einer Interessensvertretung wahrlich nicht gesprochen werden kann, habe ich mir vorgestellt, dass binnen kürzester Zeit die UBG zu einer Massenorganisatuion werden würde, eine gewerkschaftliche Organisation, die den Kampf der Kollegen um ihre berechtigten Interessen leitet und lenkt.

Die Wirklichkeit schaut viel bescheidener aus. Die Umsetzung des Unmutes in politisches, in konsequentes Handeln scheint doch nicht ganz so einfach zu sein. Ich verrate ein schon veröffentlichtes Geheimnis, dass bei der Veranstaltung im Amerlinghaus nur 50 KollegInnen anwesend waren. Wenn der Frust bei den Vielen wirklich so unerträglich groß ist, warum wird denn dann nicht schon jetzt diese Alternative angenommen? Sind so viele KollegInnen in der Vorstellung verhaftet, man müsse die Gewerkschafts- arbeit hauptamtlichen Profis überlassen, das wäre nicht für Leute, die sich einfach nur aus Betroffenheit zu Wort melden? Wer nur eine Konsumhaltung an den Tag zu legen bereit ist, wer mit Kuschel-Ausreden für Inaktivität voll zufrieden ist, für diese Leute ist die UBG wahrlich keine geeignete Alternative. Aber die UBG kann nur dann erfolgreich arbeiten, wenn sie an jeder Schule wirklich mit einem kleinen, arbeitsfähigen Team vertreten ist. Wenn sich diese Vorstellung nicht bewahrheitet, dann war die Vereinsgründung leider umsonst.

Du weisst, dass ich nicht wie ein "Vereinsmeier" denke. Ob Verbesserungen unserer Situation nun von der GÖD oder der UBG durchgesetzt werden, ist mir reichlich egal. Ich habe die Hoffnung aufgegeben, dass die GÖD sich dermaßen umstrukturieren kann, dass die berechtigten Anliegen Einzelner oder von Gruppen dort echt wahrgenommen werden. Ich glaube nicht mehr daran, dass Anträge und auch Beschlüsse von Dienststellenversammlungen wirklich als Arbeitsaufträge an die hauptamtlichen Funktionäre verstanden werden. Aber ich will mich gerne vom Gegenteil überzeugen lassen. Das meinte ich auch mit der "grundlegend anderen ÖGB-Politik". Ich nehme wahr, dass hier Funktionäre sehr abgehoben entscheiden, was für uns noch zumutbar und erträglich ist. Ihre Unentschlossenheit wird zu unserem Hemm- schuh. Damit sind sie nicht mehr unsere Interessensvertreter, sondern in Wahrheit hintertreiben sie die Durchsetzung unserer Anliegen. Und das darf doch nicht wahr sein. Das dürfen wir uns doch nicht gefallen lassen!

Jetzt haben wir ein (bescheidenes) Druckmittel in der Hand, wenn wir (eine nennenswerte Gruppe im ÖGB) sagen, dass wir uns nur dann an der Abstimmung beteiligen wollen, wenn zugleich auch strukturelle Veränderungen im ÖGB stattfinden, so dass die Funktionäre endlich wieder in der Pflicht der Mitglieder stehen.

mkG
Günter Wittek

----- Original Message -----
From: Mag. Herbert Till
To: lehrerforum@ccc.at
Subject: LF: ÖGB

Anscheinden sind wir alle (bei Koll. Adam bin ich mir nicht sicher) mit den Belastungen höchst unzufrieden. Daher die Frage: "Was machen wir dagegen ?" Mein Vorschlag: Abstimmung ja! Maßnahmen setzen, die den ÖGB unter Druck setzen. Basisdemokratie einfordern. Sollten wir wieder enttäuscht werden, dann liegt es an uns Schritte zu setzen (Austritt). Wir haben eine Alternative, die UBG.

Trotzdem wäre es jetzt katastrophal die ÖGB- Abstimmung zu bojkottieren. Wer vertritt uns dann überhaupt noch? Dass die UBG in der kurzen Zeit so stark wird wäre schön, aber unrealistisch.

Koll Wittek schrieb:
"Daher muss VOR der Abstimmung klar und deutlich gesagt
werden, dass eine klare JA-Mehrheit auch tatsächliche eine grundlegend andere ÖGB-Politik zur Folge haben wird. So deutlich, dass es sich die Funktionäre gar nicht erlauben können, von dieser kampfentschlossenen Position nach der Abstimmung auch wieder abzurücken."

Wie können wir das erreichen, hast du Vorschläge?
MfG Herbert Till




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