Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Josef Zwickl schrieb:
> ...
> Alle gestellten Fragen mit ja zu beantworten käme dem Wunsch der
> parteipolitischen ÖGB-Spitze sehr gelegen. Ich persönlich werde
> abstimmen, jedoch sicher nicht alle Fragen mit ja beantworten. Die
> Fragen sind mir viel zu vordergründig und parteipolitisch motiviert.
> ...

Ich glaube, dass die Fragen nicht parteipolitisch motiviert sind - sonst hätte die FCG-Spitze wohl kaum zugestimmt. Und ich glaube auch, dass derzeit die Gefahr, dass die Regierung unsere Interessenvertretung bei einem schwachen Abstimmungsergebnis noch weniger ernst nimmt als bisher, größer ist, als die Gefahr, dass die Opposition bei einem guten Abstimmungsergebnis das Ganze parteipolitisch vereinnahmen könnte.

Zu den einzelnen Fragen:

1. Stärkung der Sozialpartnerschaft, Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf alle Bereiche ausweiten

Eine Stärkung der Sozialpartnerschaft ist gerade in Zeiten, in denen sie von Riess-Passer, Gorbach und Co. gänzlich in Frage gestellt wird, unbedingt notwendig. Für mich ist das der Hauptgrund für meine Teilnahme an der "Abstimmung". In unserem Bereich würde eine Stärkung der Sozialpartnerschaft bedeuten, dass die Regierung wieder mehr verhandeln soll statt einfach drüberzufahren. Der Stil des Drüberfahrens ist übrigens nicht von der jetzigen Regierung erfunden worden, sondern ist spätestens seit der Regierungsklausur in Rust 1997 (Klima/Schüssel), bei der unser Pensionsrecht arg beschädigt worden ist, gängige Praxis.

2. Pflichtversicherung nicht durch Versicherungspflicht ersetzen

Auf den ersten Blick klingt es zwar verlockend, sich seine Krankenversicherung aussuchen zu können. In der Praxis würde es aber bedeuten, dass nur jene, die die Krankenversicherung selten brauchen, sich ihre Versicherung aussuchen könnten, während Ältere und häufiger Kranke froh sein müssten, wenn sie von einer Versicherung genommen würden. Daher müssten sie dann höhere Beiträge und schlechtere Versicherungsleistungen hinnehmen. Schauen wir doch zur KFZ-Versicherung: Malus-Fahrer finden nur schwer eine Versicherung, und wer öfters Schäden hat, wird von seiner Kasko-Versicherung gekündigt. Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied: Malus-Fahrer sind meistens selbst schuld an ihrer Lage, aber chronisch Kranke und ältere Mitbürger können nichts für ihre Krankheit bzw. ihr Alter. Die Beibehaltung der Versicherungspflicht ist wichtig, damit sich auch Ältere und Kranke ihre Krankenversicherung weiterhin leisten können.

3. Kollektivverträge

Stellen Sie sich vor, in jedem kleinen Betrieb müssten die Mitarbeiter alles selbst aushandeln. In vielen Fällen bekämen sie nur zu hören, sie sollten sich eine andere Firma suchen, wenn ihnen etwas nicht passt. Das wäre ein Rückschritt in die Zeit des Manchester-Liberalismus. Nur wenn weiterhin die Gewerkschaft unsere Anliegen vertritt, haben wir eine Chance, dass es gelingt, einen Teil unserer Anliegen durchzusetzen.

4. Abfertigung auch bei Selbstkündigung, Anspruch ab dem ersten Tag

Das ist auch eine Forderung von FCG und ÖAAB. Das Modell dazu, das der ÖAAB entwickelt hat, bringt übrigens sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern Vorteile. Warum sollte man also nicht dafür sein? Strittig ist derzeit in erster Linie der Anspruch ab dem ersten Tag. Ein Vorteil dabei wäre, dass es nicht finanziell belohnt würde, einen Betrieb nach dem Prinzip "Hire and fire" zu führen.

5. Bildungsoffensive

Welcher Lehrer könnte gegen eine Bildungsoffensive sein?

6. Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes, Stopp des Ausverkaufs öffentlichen Eigentums

Es ist sicher nicht sinnvoll, frei werdende Planstellen ohne Rücksicht auf die zu erledigenden Aufgaben einfach nicht nachzubesetzen. Eine sinnvolle Verwaltungsreform müsste zuerst Aufgaben reduzieren, etwa durch Eindämmung der Flut zu vollziehender Gesetze oder durch Eindämmung von Mehrgleisigkeiten. Die Planung dazu müsste aber durch Insider erfolgen, nicht - wie geschehen - durch eine bunt zusammengewürfelte Kommission von Leuten, die zwar in ihrem Bereich recht erfolgreich sein mögen, aber von den Bereichen, die sie durchleuchtet haben, überhaupt nichts verstehen. Beim "Ausverkauf öffentlichen Eigentums" müsste man m.E. differenzieren. Es gibt durchaus Bereiche, die man sinnvoll privatisieren kann. Bei der Privatisierung so grundlegender Bereiche wie Elektrizität bin ich aber skeptisch - siehe Kalifornien.

7. notfalls gewerkschaftliche Maßnahmen

Wenn wir eine Chance auf Durchsetzung unserer Anliegen haben wollen, dürfen wir nicht von vornherein gewerkschaftliche Maßnahmen ausschließen.

Viele Grüße
Peter Friebel
(FCG-Mitglied)

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