Red: Was soll nach der Abstimmung passieren?
Neugebauer: < Dass eigentlich die Gewerkschaftsmitglieder zu diesen Grundpositionen der Sozialpartnerschaft, der Pflichtversicherung, der Kollektivvertragsfähigkeit oder der Dotierung des Bildungsbereiches und der Ressourcen Unterstützung für die öffentlichen Dienste, dass das wichtige Kernfragen unserer Demokratie, und damit auch des Interesses über verschiedene gesellschaftliche Gruppen hinaus sind. Wenn wir von der Politik darauf positive Reaktionen bekommen, können wir eigentlich Streitpunkte und Verunsicherungen in diesem Bereich hint an halten und diese Themen außer Streit stellen. Die Republik ist ja in den letzten Jahrzehnten auf der Basis dieser Überlegungen gut gefahren.>
Red: Das gilt aber nur für den ÖGB, für die Regierung ändert sich nichts.
Neugebauer: < Ich glaube, dass ein Votum des österreichischen Gewerkschaftsbundes als eine nach wie vor doch sehr machtvolle Organisation an der Bundesregierung nicht Vorbeigehen wird.>
Red: Was würde die Zustimmung zu Kampfmaßnahmen bedeuten?
Neugebauer: < Das heißt, dass man je im Anlaßfall natürlich einmal den gesamten Verhandlungsspielraum auszuschöpfen hat. Das ist Teil der Kultur der Sozialpartnerschaft. Und wenn es dann Positionen geben sollte, die für uns unverrückbar sind, und wo es hier massive Gegensätze zur Bundesregierung oder etwa zur Wirtschaftskammer geben sollte, dann wird zu überlegen sein, welches Instrumentarium anzuwenden ist, um den Standpunkt unselbstständiger Erwerbstätiger auch entsprechend durchzusetzen. Aber das ist im jeweiligen Ansatz oder Anlaßfall zu prüfen.>
Red: Dazu braucht's aber keine Urabstimmung.
Neugebauer: < Das ist auch nur das Ausloten der Bereitschaft sich in einer doch stärker dem Kapital zuwendenden und weniger dem sozialen Ausgleich zuwendenden Geschehen in der Politik die Bereitschaft auszuloten, sich auch notfalls entsprechend zu wehren. Ich halte das für wichtig und auch ein deutliches Signal sich notfalls gegen den neoliberalen Zug zu stellen. >
Red: Wann ist die Urabstimmung für sie ein Erfolg?
Neugebauer:
Red: Sind die 50% von ÖGB- Präsident Verzetnitsch auch für sie eine Latte?
Neugebauer: < Das kann eine Latte sein. Ich für meinen Teil möchte keinen Prozentsatz angeben. Es hätte auch überhaupt keinen Sinn, weil es keine vergleichbaren Werte gibt. >
Red: Könnten die letzten Ereignisse in Amerika die Beteiligung negativ beeinflussen?
Neugebauer: < Dass kann durchaus sein, dass das Hauptinteresse diesen dramatischen Ereignissen gilt. Ich denke aber, dass die Abstimmungsdauer so lange ist, dass es durchaus auch wieder möglich ist, das Interesse auf Sachthemen, die unsere Republik betreffen zu lenken.>
Red: Könnten die Mitglieder nicht denken, dass ihre Sorgen so klein sind, im Vergleich zu den "Großen Sorgen"?
Neugebauer: < Na, wenn man ein wenig über den Zaun hinaus sieht, dann kann man das nicht nur unter diesen dramatischen Vorzeichen sehen, aber dennoch muß unsere Zusammenleben nach gewissen Grundsätzen organisiert sein und das muß auch möglichst friktionsfrei und friedlich über die Bühne gehen.>
Red: Was leiten Sie aus der Urabstimmung für die Beamten ab, deren Gewerkschaft sie vorsitzen?
Neugebauer: < Ich denke das sind gesellschaftspolitische Fragen zum Großteil, aber Fragen auch mit ganz konkreten Inhalten, wie etwa Abfertigung, was damit geschehen soll. Das trifft alle und da befinden sich alle Arbeitnehmer, ob es Angestellte, Arbeite oder öffentlich Bedienstete sind in einem Boot. >
Red: Sie verteidigen doch nur die Privilegien der Beamten, worin sie sich vor allem mit der zuständigen Vizekanzlerin auseinandersetzen müssen?
Neugebauer: < Es wird sie nicht verwundern, dass ich Ihrer Feststellung nicht folgen kann. Der öffentliche Dienst hat keine Privilegien. Ein Privileg wäre ein ungerechtfertigter Vorteil. Man muß die Frage des Lebenseinkommens, das natürlich im öffentlichen Dienst leichter zu gewichten und zu berechnen ist, als in der Privatwirtschaft, wo es inhomogene Berufsverläufe gibt, insgesamt sehen und da gibt es keine Vorteile.>
Red: Beamte verdienen aber doch im Durchschnitt ganz gut?
Neugebauer: < Das Durchschnittseinkommen ist deswegen höher, weil im öffentlichen Dienst wir eine sehr hohe Zahl an Akademikern haben, die naturgemäß in der Einkommensskala wesentlich besser bezahlt sind. Denken Sie an Richter, Staatsanwälte, Universitätsprofessoren, die Kollegen an den höheren Schulen, Akademiker in den Ministerien. Wesentlich weniger gibt es dazu in der Privatwirtschaft. Und daher erklärt sich auch das Durchschnittseinkommen in unserem Bereiche, dass das also wesentlich höher liegt.>
Red: Wieso fühlen sich gerade die Lehrer benachteiligt, wo sie doch von der Allgemeinheit eher als privilegiert empfunden werden?
Neugebauer: < Also der Durschnitts...- das Durchschnittseinkommen kann nicht so stimmen, denn ein Hauptschullehrer in seiner letzten Gehaltsstufe verdient heute 43.000 Schilling brutto. Da ist er in der letzten, nämlich in der 17. Gehaltsstufe. Was die Frage der... der Bereitschaft zu Maßnahmen zu greifen betrifft, hat offensichtlich die Ursache, wenn ich auch die letzten 20 Jahre etwa sehen, dass die Lehrerschaft natürlich schon sehr viel um ihre Ressourcen kämpfen muß. Und zwar mein ich jetzt nicht das persönliche Einkommen, sondern insgesamt um das Umfeld ihrer Arbeit. Lehrerarbeit besteht ja nur zu einem gewissen Teil aus der Anwesenheit, aus der Lehre und dem Unterrichten der Klasse. Ein ganz, ganz großer Anteil ist kaum gewürdigt, ohne den also unsere Schulen nicht existieren könnten und ohne den diese Qualität nicht ausmacht. Und da schmerzt es schon sehr oft, wenn in den Politik über diesen Berufsstand eigentlich so locker hinwegargumentiert wird die Kollegen, die wirklich ganz hervorragende Arbeit leisten, frustriert sind, und dass sich auch da und dort durchaus auch in Kampfstimmung artikuliert, ist selbstverständlich. Da erwarte ich mir von der Politik, sowohl von den Bildungsverantwortlichen als auch von den Finanzverantwortlichen mehr Sensibilität. >
Red: Kann die Antwort sein, keine Schulskikurse mehr zu machen?
Neugebauer: < Das ist deutlich zu machen, dass es neben dem Unterricht eine Vielzahl von Dingen gibt, die heute als selbstverständlich angesehen werden. Und das trifft ja nicht nur die Lehrerschaft. Ich sag ja bisweilen gar nicht
scherzhaft: Würde jeder öffentliche Bedienstete Dienst nach Vorschrift machen, ausschließlich Dienst nach Vorschrift, dann würde der öffentliche Dienst in Österreich zusammenbrechen. Und das trifft genau die Lehrerschaft in einem besonders hohen Maß, wenn man weiß, was außerhalb des gesetzlich geforderten von der Kollegenschaft auch tatsächlich erbracht wird. Und da wäre doch manches mal etwas mehr an öffentlicher Anerkennung, und nicht nur in Sonntagsreden, öffentlicher Anerkennung wichtig.>
Red: Glauben Sie, dass in der Privatwirtschaft nur Dienst nach Vorschrift gemacht wird?
Neugebauer: < Ja sicherlich nicht. Nut dort werden natürlich in so verantwortungsvollen Tätigkeiten auch andere Gehälter bezahlt.>
Red: Was werden Sie bei den Lohnabschlüssen für die Beamten fordern?
Neugebauer: < Wir haben mit der Bundesregierung ein zweijähriges Abkommen getroffen, das für dieses Jahr also bereits konsumiert ist, für das kommende Jahr haben wir aus der damaligen Sicht einer Inflationsabgeltung, und die Regierung wollte ja zwei Null-Lohn-Runden von uns haben, eine Inflationsabgeltung für 2002, die wir splitten, das wir am ersten Jänner 0.8% bekommen und zum Jahresende die Ergänzung auf die tatsächliche Inflation des Jahres 2002. Das heißt zum Jahresende 2002 weiß der Finanzminister, hoffentlich noch, aber wir werden ihn rechtzeitig daran erinnern, dass er nicht nur die Ergänzung auf die volle Inflationsabgeltung des laufenden Jahres, sondern natürlich eine ordentliche Lohnrunde für den 1. Jänner 2003 vorzusorgen hat.>
Red: Sie werden jetzt also keine Nachforderungen stellen?
Neugebauer: < Ich halte mich an Vereinbarungen. Wenngleich im Hinblick auf die ... Inflationsentwicklung das durchaus Sinn machen möchte. Vereinbarungen, die wir getroffen haben, da darf die Bundesregierung damit rechnen, dass wir sie halten. Genauso wie wir meinen, dass wird doch darauf dringen, dass auch die Bundesregierung die eine Vereinbarung, die wir mit ihr treffen, ebenso halten. Wo man auch immer ein wenig nachfragen muß.>
Red: W. Fuchs
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