Frage an die Damen und Herren Philologen:

Was bekommt der Verfassser des Gesetzestextes:
"Thema verfehlt" oder "Sprachlich mangelhaft"?

®onald, Chemielehrer

----- Original Message -----
From: "Erich Wallner"
To: "Lehrerforum"
Sent: Wednesday, September 26, 2001 10:09 PM
Subject: Re: LF: Notenschlüssel für Englisch-Schularbeiten


> Liebe Kollegin Kainz!
>
> Mit großem Vergnügen habe ich Ihre Korrespondenz mit dem Ministerium
gelesen, in der zwei
> Welten aufeinanderprallen. - Mir scheint, Ihre dortige
> Auskunftsperson,
Herr Baumühlner,
> hat sich einigermaßen patschert ausgedrückt, in seiner Exegese des
Gesetzestextes aber
> recht.
>
> Das Problem besteht offenbar darin, daß Herr Baumühlner juristisch
> recht,
pädagogisch aber
> Unrecht hat. Interessant ist in diesem Zusammenhang Koll. Fuchsbauers
bereits
> eingegangener Kommentar - wenn er Sie als Mathematiker schon nicht
verstehen kann (so
> interpretiere ich seine Worte, und ich verstehe auch seine Haltung),
> dann
kann man das von
> einem Juristen im Landesschulrat erst recht nicht erwarten.
>
> Als Anglist glaube ich Ihr Problem zu kennen. In meinen ersten
Dienstjahren habe ich auch
> den Notenschlüssel (von Unterstufen-Schularbeiten nach Punktesystem)
vorher bekannt
> gegeben, bin aber bald davon abgegangen, weil das immer wieder zu
unrealistischen
> Ergebnissen (in beide Richtungen) geführt hat. Auch jetzt mit 25
Dienstjahren bin ich
> immer noch nicht imstande, die Ergebnisse einer Schularbeit soweit zu
prognostizieren, daß
> ein zuvor bekannt gegebener Notenschlüssel sinnvolle Noten-Resultate
liefern würde.
>
> Selbst wenn mir das aber gelänge, wäre es aus Schüler-Sicht immer noch
schwer zu
> begreifen, warum ich etwa bei 50 Punkten einmal die Fünfer-Grenze bei
> 30
Punkten und
> einmal bei 35 Punkten ansetze - und sicher nie bei 25 oder 26 Punkten,
> wie
es ein
> Mathematiker tun würde. - Wenn ich den Schülern dann erkläre, daß
> der
Schwierigkeitsgrad
> einer Adjektiv-Adverb-Aufgabe, wo es nur zwei Möglichkeiten und somit
> eine
statistische
> Trefferwahrscheinlichkeit von 50% gibt, eben ein anderer ist als z.B.
> der
beim Einsetzen
> von Präpositionen, dann fangen sie langsam an zu verstehen, daß es auf
> den
Aufgaben-Mix
> bei der jeweiligen Schularbeit ankommt, der halt nicht immer gleich
> ist,
weil er vom
> aktuellen Stoff abhängt.
>
> Ein weiteres Problem ist bei einem Punktesystem die Umrechnung des
"freien" Teiles in
> Punkte. Ein starres Schema - z.B. 10 Basispunkte und für jeden
sprachlichen Fehler ein
> Punkt Abzug - berücksichtigt weder Länge noch Inhalt noch Stil,
Bonus/Maluspunkte für
> letztere Kriterien wiederum kommen schlußendlich einer freihändigen
Punktevergabe gleich,
> womit der Objektivitätsanspruch eines Punktesystems ad absurdum
> geführt
würde.
>
> Was ich hier vorbringe, wissen Sie als Anglistin natürlich alles - ich
schreibe es in
> erster Linie für mitlesende Nicht-Anglisten. Daß es Ihr
Bezirksschulinspektor nicht zu
> wissen scheint - dazu enthalte ich mich eines Kommentars.
>
> Falls es bei Ihnen auf eine Kontroverse mit dem Bezirksschulinspektor
hinausläuft, dann
> schlage ich vor, daß Sie sich auf den Standpunkt stellen, daß sie der
Forderung nach "klar
> definierte[n] und bekannt gemachte[n] Bewertungskriterien" dadurch
nachkommen, daß Sie ja
> die zu erreichende Punkteanzahl pro Aufgabe vorher angeben. Sie werden
zwar schwer leugnen
> können, daß der Notenschlüssel auch ein Bewertungskriterium ist, aber
> der
Lehrplan-Text
> verlangt nicht ausdrücklich die vorherige(*) Bekanntgabe ALLER
Bewertungskriterien. (Mir
> ist schon klar, daß das argumentative Verrenkungen sind, aber
> juristisch
sitzen Sie auf
> dem kürzeren Ast und haben sonst gar nichts in der Hand.)
>
> (*) Daß das "vorherig" zwar nicht im Text steht, aber so gemeint ist,
darin stimme ich mit
> Herrn Baumühlner überein - sonst würde die angeführte Begründung
(Förderung der
> Selbsteinschätzung, Motivation, Ausdauer und des Selbstvertrauens der
Schüler) keinen Sinn
> geben. Sie irren in der Interpretation des Lehrplan-Textes, wenn Sie
> die
Begriffe
> "Rückmeldung" und "Bekanntgabe der Kriterien" gleichsetzen. Das sind
> zwei
paar Schuhe, sie
> können daher auch zeitlich auseinander liegen.
>
> MfG Erich Wallner
>
>
>
> Johanna Kainz schrieb:
> >
> > Liebe Kolleginnen und Kollegen!
> >
> > Kann mir jemand sagen, ob noch irgendwo in Österreich der
> > Notenschlüssel
vor
> > einer Englisch-Schularbeit den Kindern bekanntgegeben werden muss?
> > Anschließend meine Korrespondent mit dem Ministerium. Ich verstehe
leider
> > immer noch nicht, wie man eine Rückmeldung vor einer Schularbeit
> > machen kann. Mag sein, dass ich zu wenig flexibel bin.
> >
> > Mit lieben Grüßen
> > Johanna Kainz
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