Und wir diskutieren, ob BHS und AHS zusammenpassen ...
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08.10.2001 / 8:43 MEZ
Im ÖGB entsteht eine Riesengewerkschaft
Organisationsreform: Metaller als Motor einer Großfusion



Von Eva Linsinger und Conrad Seidl


Wien - Die größte Einzelgewerkschaft des ÖGB - die 286.576 Mitglieder starke Privatangestelltengewerkschaft GPA - wird mit der drittgrößten Gewerkschaft, den 216.730 Mitglieder starken Metallern, zusammengehen. Das ist am Montag in überraschend einberufenen Sitzungen beschlossen worden. Widerstand gab es vor allem innerhalb der GPA: In keiner anderen Gewerkschaft gibt es so viele Frauen. Außerdem hat die christdemokratische Minderheitsfraktion in der GPA rund ein Drittel der Mitglieder, bei den Metallern sind es nur acht Prozent. Dennoch ist der Beschluss, Optionen bis hin zu einer Neugründung einer gemeinsamen Gewerkscahft mit den Metallern zu verfolgen, durchgegangen. Die Metaller "bekunden ihre grundsätzliche Bereitschaft ab sofort in allen Bereichen der Gewerkschaftspolitik und der Organisation zu kooperieren." Dies ist gleichzeitig die Beilegung jahrelanger eifersüchtiger Streitereien um die Vertretung von Arbeitnehmern. Lange Zeit galt, dass in einem metallverarbeitenden Betrieb - etwa einer Autowerkstatt - die Arbeiter branchenzuständig von der Metallgewerkschaft vertreten wurden, die Angestellten aber von der GPA. Stieg ein Arbeiter in ein Angestelltenverhältnis auf, wechselte auch die Zuständigkeit der Gewerkschaft - jedes mal ein Machtverlust für Metallerchef Rudolf Nürnberger. Auf unterer Ebene mussten Metaller und Angestellte zwangsläufig zusammenarbeiten, was auch meist funktionierte. Ausdrückliches Ziel der ÖGB-Organisationsreform war denn auch, dass organisations- und finanzstarke Gewerkschaften entstehen und in jedem Betrieb nur eine Gewerkschaft für die Betreuung zuständig ist. Derzeit gibt es 13 Teilgewerkschaften. Die kleinste, Kunst, Medien, Sport und freie Berufe hatte zum 31. Dezember 2000 nur 15.694 Mitglieder, von denen etliche inzwischen zur nicht viel größeren Druckergewerkschaft gewechselt sind. Als lebensfähig gilt eine Gewerkschaft dann, wenn sie mindestens 100.000 halbwegs gut verdienende (und entsprechende Beiträge zahlende) Mitglieder hat - unter dieser magischen Grenze bleiben etwa die Eisenbahner und die Postler. In den letzten Jahren hat Metallerchef Nürnberger mehrere kleinere Gewerkschaften bei den Metallern integriert, die auf diese Weise zu einer universellen Arbeitergewerkschaft geworden sind. Nürnbergers bedeutendster Fusionserfolg war die Integration der Textilgewerkschaft, als nächster Übernahmekandidat galten die Agrar-.
Nahrungs- und Genussmittelarbeiter (40.797 Mitglieder).
Die Schaffung einer gut 500.000 Mitglieder starken Riesengewerkschaft innerhalb des 1.442.393 Mitglieder starken ÖGB dürfte auch den Gewerkschaftspräsidenten Fritz Verzetnitsch überrascht haben: Noch vor einer Woche hatte das ÖGB-Präsidium (dem auch Nürnberger und GPA-Chef Hans Sallmutter angehören) den Organisationsausschuss beauftragt, eine wesentlich weniger radikale Reform mit acht Teilgewerkschaften bis November vorzubereiten. Als erste Teilgewerkschaft hat sich die des öffentlichen Dienstes (GöD) mit Kritik zu Wort gemeldet. Auch Eisenbahnerchef Wilhelm Haberzettl zweifelt "ob die Bildung eines Molochs eine gute Idee ist"; mit ihm habe noch keiner verhandelt. Für Verzetnitsch weitere Schritte notwendig Für ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch sind nach der Ankündigung zur Fusion von Angestellten- und Metallergewerkschaft weitere Schritte bei der ÖGB-Reform notwendig. Der ÖGB bestehe nicht nur aus zwei sondern aus 13 Teilgewerkschaften, erklärte er am späten Montagnachmittag in einer Aussendung. An der Reform des Gewerkschaftsbundes werde bis 15. November intensiv weitergearbeitet. Die Zusammenlegung von GPA und Metallern bewertete der ÖGB-Chef als "wichtigen Schritt zur Umsetzung der ÖGB-Forderung nach einer gewerkschaftlichen Betreuung pro Betrieb und einem einheitlichen Arbeitnehmerbegriff". Gemeinsames Ziel sei "eine Reform, die den ÖGB und die Gewerkschaften stärkt". Bereits 2002 sollten die ersten operativen Maßnahmen umgesetzt und die notwendigen Beschlüsse beim nächsten Bundeskongress 2003 gefällt werden. ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch sieht in der angekündigten Fusion von GPA und Metallergewerkschaft keine Vorbereitung für eine Entmachtung seiner Person. Auf die Frage, ob GPA-Chef Hans Sallmutter und Metallergewerkschaftschef Rudolf Nürnberger mit der Zusammenlegung ihrer beiden Teilgewerkschaften die Entmachtung von Verzetnitsch vorbereiteten, sagte der ÖGB-Chef im Radio-Abendjournal: "Auf solche Spielerein lasse ich mich nicht ein. Ich gehe auch nicht davon aus, dass die zwei solche Absichten habe". Andernfalls hätten sie das "sicherlich schon öfter erklärt". (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9. Oktober 2001)




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