Liebe Kollegin Schnitzer!

Es freut mich, dass sie noch können und den Enthusiasmus haben und sich nicht über all das, was ihnen die vorgesetzte Behörde an guten Ideen zum Ausarbeiten und Planen und Entwickeln vorschlägt und gleichzeitig aber versucht einzusparen, verärgert sind. Es ehrt sie und sie gehören sicherlich vor den Vorhang.

Aber ich meine auch, dass es mehr als nur unsolidarisch unseren Kollegen gegenüber ist, wenn wir gemeinsam beschlossene Resolutionen nun umgehen und Kollegen -- wie vor allem die Schikursleiter -- im Regen stehen lassen und plötzlich, allen voran sie und Koll. Rupert Ehrenfellner, den "engagierten, den Kindern solidarisch verpflichteten Musterlehrer" hervorkehren wollen.

Der ist ja selbstverständlich, oder nicht. Die Boykottmaßnahmen sind ja auch zugegebenermaßen die schlechteste Alternative eines versuchten Widerstands gegen den Abbau des Bildungsniveaus. Wir haben diese ja der Gewerkschaft zu verdanken.

Leider hatten und haben zu viele Lehrer in ganz Österreich nicht den Mut, ihren Unmut mit ihrer persönlichsten Situation in der derzeitigen Schulsituation laut zu äußern. Es scheint im Gegenteil manche zu geben, die ihre Chance sehen, sich jetzt in der allgemein pessimistischen Stimmung besonders hervorzutun. Da gibt es die Geschichte von einem, dem Frau Minister Gehrer auf die Schulter klopft und sagt: "Auf dich ist ja doch Verlass!", nur weil in der betreffenden Schule in der Dienststellenversammlung die Boykottmaßnahmen knapp abgelehnt wurden. Wir wissen doch alle -- oder wissen wir es nicht -- warum und wieso die einen dafür oder dagegen sind.

In dem langwierigen Hick Hack im Lehrerforum sind doch die wirklichen Anliegen längst in Vergessenheit geraten. Da ging es doch auch um unsere äußerlichen Arbeitsbedingungen (Arbeitsplatz), um eine tatsächliche Mehrleistung für weniger Geld über viele Jahre hinweg schon, das eben nicht anerkannte Engagement der Lehrer und die für eine Selbstverständlichkeit angesehene finanzielle Eigenleistung der Lehrer zum Gelingen eines gedeihlichen Unterrichts, oder stimmt das alles nicht???

Nochmals, ich gratuliere Ihnen, wenn Sie aus reinem Herzen Ihre Zeilen geschrieben haben, aber wende mich sehr gegen ein opportunistisches Niedermachen aller jener, die die negative Entwicklung an unseren Schulen lauthals hinausschreien wollen, weil die berechtigte Kritik an den bereits getroffenen Maßnahmen unbeachtet bleibt.

Es ist ja immer noch die Gewerkschaft gefragt wie eh und je: Welche Maßnahmen ergreifen wir, um der Ausbeutungstendenz der Behörden (ich sage nicht Regierung -- ich sage der Beamten, die gewissenlos ein Regierungsprogramm verwirklichen wollen --) gegenüber der Lehrerschaft Widerstand zu leisten und vielleicht Einhalt zu gebieten, um der künftigen Schülergeneration solidarisch gegenüber das Bildungsniveau zu erhalten. (Ich erinnere Sie an die Artikel aus DER ZEIT über die Zustände in Deutschland und England, ich erinnere sie an Zeiten, in denen Lehrermangel in Österreich herrschte).

Mit freundlichen Grüßen

Heinrich Kreißl

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Maria Schnitzer [mailto:m.schnitzer@gmx.at]
Gesendet: Sonntag, 14. Oktober 2001 14:23
An: Heinrich Kreissl
Betreff: Re: LF: Solidarität???


> Lieber Rupert Ehrenfellner!
Herzlichen Dank für diesen großartigen Artikel. Wenn es mehr Lehrer gäbe, die so denken wie Du, hätten wir weniger Probleme. Lehrer sind für die Kinder da, von ihnen müssen sie anerkannt werden, das ist das einzige, was zählt. Lieber Herr Kreißl! Solidarisch sollten Sie mit den Kindern sein. Es gibt viele Kolleginnen und Kollegen, die das auch vorleben, leider haben zu wenige in Wien den Mut, das auch zu zeigen. Mit freundlichem Gruß an beide Maria Schnitzer

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