Danke an Koll. Davogg für diesen Beitrag zur Diskussion mit Koll. Wittek. Zu Stefan Schulmeisters Argumenten ist hinzuzufügen:
1. Er bezieht sich in seinem Artikel offenbar ausschließlich auf Aktienfonds. Für Rentenfonds gelten seine Bedenken hinsichtlich großer Kursschwankungen und hoher Administrationskosten jedenfalls nicht. Bei rein privater Veranlagung gilt der Grundsatz, daß ab ca. 10 Jahren vor der Pensionierung ein Aktien-Portefeuille in Richtung Renten-Portefeuille umgeschichtet werden soll. Davor kann jeder nach seiner persönlichen Risikoneigung veranlagen, und wenn er das nach dem "cost-averaging" Prinzip tut, d.h. jeweils zu gleichen Beträgen zukauft, kann ihm selbst bei Aktienfonds nicht viel passieren. Deren Performance liegt jedenfalls langfristig irgendwo in der Gegend von 7% jährlich, und ohne langfristige Perspektive (d.h. 10 Jahre und mehr) sollte man sich in Aktien überhaupt nicht engagieren, wenn man ruhig schlafen will.
2. Den Hauptnachteil dessen, was Schulmeister als "soziale Pensionsvorsorge" bezeichnet, hat er aber schamhaft verschwiegen: Daß nämlich die eingezahlten Beträge vor der Begehrlichkeit des Finanzministers nicht sicher sind. Erinnerlich ist sicher Grassers Griff in die Kasse der Arbeitslosenversicherung - und genauso kann es jederzeit auch mit dem Geld passieren, das "eigentlich" für die (Beamten-)Pensionen gedacht war. (So ein Kinderscheck muß schließlich irgendwie finanziert werden.) Mit einem privaten Fonds dagegen kann nicht einfach irgendein politisches Projekt quersubventioniert werden.
Wir haben ja erst vor wenigen Tagen gehört, daß 2002 die Pensionen um 1% unter der Inflationsrate liegen werden, "weil kein Geld da ist" (Schüssel).
Und dabei habe ich noch gar nicht von solchen Anschlägen auf die Pensionen wie im Herbst 1997 gesprochen.
3. Eine Meldung aus dem heutigen STANDARD (Seite 13) paßt zwar nicht zum Thema "Altersvorsorge", aber sehr gut zum Thema "staatliche Einmischung":
"'Ein Tischler, der seine Sägespäne im eigenen Betrieb verbrennt, braucht für seinen Ofen auf einmal eine abfallrechtliche Anlagengenehmigung. Dann muß er sich bei der Behörde als Abfallbehandler melden und in ein Register eintragen lassen. Außerdem muß er dann regelmäßigen Melde- und Aufzeichnungspflichten nachkommen', empört sich Wiens Wirtschaftskammerpräsident Walter Nettig. Für ihn ist das geplante neue Abfallwirtschaftsrecht ein 'Schildbürgerstreich'. 'Das kostet eine Milliarde Schilling und ist insgesamt ein bürokratischer Tiefschlag', so Nettig."
MfG Erich Wallner
Timo Davogg schrieb:
>
> Ein Auszug aus einem STANDARD-Bericht vom März zum Thema
>
> STEPHAN SCHULMEISTER
> Aktienspekulation und Altersvorsorge
> (...)
> Auch in Europa hat die private Pensionsvorsorge an Bedeutung gewonnen.
> Einerseits brachte die hohe Arbeitslosigkeit - mitverursacht durch die
> Instabilität von Zinssätzen, Wechselkursen, Aktienkursen und
> Rohstoffpreisen - und die damit verbundene Zunahme der Frühpensionen
> die soziale Pensionsversicherung in Bedrängnis, andererseits ließ der
> Aktienboom die Altersvorsorge durch das Kapitaldeckungsverfahren
> besonders attraktiv erscheinen. Gefördert wurde diese Entwicklung
> durch den neoliberalen Zeitgeist, wonach Marktlösungen grundsätzlich
> effizienter seien als solche der (Sozial-)Politik.
>
> Lotteriespiel
>
> Tatsächlich sind aber soziale und private Pensionsvorsorge in einem
> Punkt ähnlich. In beiden Systemen verzichten die Erwerbstätigen auf
> einen Teil des Gesamtprodukts, indem sie Beiträge an die soziale
> Pensionsversicherung oder an den Finanzsektor leisten, Letztere zahlen
> die Ansprüche der Pensionisten aus. Beim Kapitaldeckungsverfahren ist
> allerdings die Höhe der tatsächlichen Altersversorgung prinzipiell
> unsicher, weil sie von der Entwicklung der vielfach irrationalen
> Finanzmärkte abhängt - zwischen Einzahlung und Auszahlung ist ein
> Casino dazwischengeschaltet. Je größer die Schwankungen der Kurse,
> desto mehr verkommt das Kapitaldeckungsverfahren zu einem
> Lotteriespiel. Überdies kostet die Verwaltung der Altersvorsorge durch
> Finanzveranlagung viel mehr als jene der sozialen Pensionsversicherung
> (man vergleiche etwa Gehälter und "Etablissements" des Finanzsektors
> mit jenen der Sozialversicherungen). Die jüngsten und kommenden
> Aktienturbulenzen bieten die Chance für eine nüchterne Neubewertung
> privater und sozialer Altersvorsorge. Stephan Schulmeister ist
> Wirtschaftsforscher in Wien
>
> © DER STANDARD, 19. März 2001
>
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