Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Forderung, ein Schüler sollte nur jene Gegenstände wiederholen müssen, in denen er ein Nicht genügend bekommen hat, in Verbindung mit dem Vorschlag, man könnte das durch ein flexibles Kurssystem realisieren, klingt zwar auf den ersten Blick gut, erscheint mir aber in der Praxis kaum realisierbar.
Wir sehen derzeit bei den Wahlpflichtgegenständen, wie schwierig es ist, den Stundenplan so hinzubekommen, dass jeder Schüler alle von ihm gewählten Wahlpflichtgegenstände besuchen kann.
Als Beispiel möchte ich jene 7. Klasse anführen, in der ich Klassenvorstand bin. In dieser Klasse sind heuer folgende Wahlpflichtgegenstände zustande
gekommen: Informatik, Spanisch, Physik, Psychologie, Geographie, Geschichte, Mathematik. Die meisten Schüler haben in der 7. Klasse 2 von diesen Gegenständen gewählt, manche 1 oder 3 (inklusive Überbuchungen als Freigegenstand). In der 8. Klasse werden noch Englisch, Chemie und Biologie hinzukommen (jeweils für die 6. und 8. Klasse gewählt). Da die Schüler wirklich nach Interesse gewählt haben, kommen sehr viele verschiedene Kombinationen vor. Es gibt also kaum Gegenstände, die gleichzeitig stattfinden können. Die Rahmenbedingungen: meistens 6 Stunden vormittags, daher 7. Stunde frei, Wahlpflichtgegenstände 8. bis 11. Stunde (Ausnahme Informatik: 7.-8. Stunde nach 6. Stunde frei). Eine 12. Stunde ist nicht möglich, weil sonst nicht mehr alle Schüler mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause fahren könnten. Wenn möglich, sollte auch der Besuch der von manchen Schülern der Klasse gewählten Unverbindlichen Übungen Chemie-Olympiade, Latein-Begabtenförderung, Volleyball und Mediation vom Stundenplan nicht verhindert werden, was sich in den meisten Fällen realisieren ließ. Außerdem sind ja beim Stundenplan noch die 30 weiteren Klassen der Schule zu berücksichtigen - manche Unverbindlichen Übungen gehen von der 1. bis zur 8. Klasse). 2 Schülerinnen der Klasse, die Psychologie und Volleyball gewählt haben, können Volleyball leider nicht besuchen. Diese Terminkollision wäre nur zu vermeiden gewesen, wenn man dafür eine andere Terminkollision in Kauf genommen hätte.
Wo soll man da auch noch unterschiedlich gewählte Kurse für Pflichtgegenstände unterbringen? Flexibilität bei der Wahl der Kurse bedeutet ja automatisch, dass vormittags Freistunden - je nach Schüler zu unterschiedlichen Zeiten - entstehen und daher weitere Stunden in den Nachmittag rücken.
Dabei ist noch anzumerken, dass für Schüler mit entlegeneren Wohnorten auch ein Unterricht am frühen Nachmittag aufgrund schlechter Verkehrsverbindungen automatisch zur Folge hat, dass sie erst am Abend nach Hause kommen. Bei Unterricht am späten Nachmittag können nur die wenigsten zwischendurch nach Hause gehen.
Nun könnte man einwenden, an der Universität sei es auch möglich, dass Studenten unterschiedliche Lehrveranstaltungen wählen und alle diese Lehrveranstaltungen auch besuchen könnten. Aber was ist der Preis dafür? In vielen Fällen können Studenten ihr Studium einfach deswegen nicht in der vorgesehenen Zeit absolvieren, weil wichtige Lehrveranstaltungen gleichzeitig angesetzt werden. Ich konnte zum Beispiel während meines Studiums (Mathematik und Physik
Lehramt) nie die Vorlesung Allgemeine Chemie (die ich gemäß Studienplan für Physik kolloquieren musste) besuchen, weil immer (7 Semester lang) gleichzeitig eine Mathematik- oder Physik-Vorlesung angesetzt war. Wenn ich die Prüfung nicht gemacht hätte ohne jemals in der Vorlesung gewesen zu sein, hätte mich diese "Stundenplan"-Kollision ein Semester gekostet.
Wollen wir wirklich, dass unsere Schüler (und zwar auch die, die kein Nicht genügend bekommen) wegen eines flexiblen Kurssystems, das zwangsläufig mit Stundenplan-Kollisionen verbunden ist, in der Regel länger als 4 Jahre für die Oberstufe brauchen? Oder sollen wir den Unterricht auch auf den Abend ausdehnen und die Schüler in der Schule übernachten lassen, damit wir alle Kurse unterbringen?
Mit freundlichen Grüßen
Peter Friebel
Veronika Rampetsreiter schrieb:
>
> sg. kollege wallner,
> genau diese fragestellung hat mich ja ehrlich gesagt "angesprungen".
> die frage der machbarkeit scheint mir in diesem fall tatsächlich
> sekundär und daher habe ich mir die freiheit genommen an das thema
> anders heranzugehen - bewußte themaverfehlung sozusagen. :-) nagut -
> um auf die "rein technische" komponente einzugehen - ich könnte mir
> das zum beispiel in form eines kurssystems oder auch eines
> modulartigen angebotes der unterrichtsinhalte vorstellen. dazu müßte
> allerdings die landesübliche organisationsform von unterricht etwas
> umgestaltet werden, was meiner meinung sowieso schon längst fällig
> ist.
>
> es erscheint mir (und da steh ich sicher nicht alleine da) äußerst
> paradox, dass in zeiten wo schlagwörter wie flexibilität, teamgeist,
> vernetzes denken, dynamische fähigkeiten, usw. zwar allenortes
> herumspuken und "verlangt" werden, ohne dass dies einen niederschlag
> in der organisation von bildungseinrichtungen findet. in einem
> schulsystem, das sich derart unflexibel, autoritär und fremdgesteuert
> präsentiert, können solche kompetenzen nur am rande vermittelt werden
> - wenn überhaupt. abgesehen davon, dass ganz wesentliche für ein
> modernes bildungswesen unabdingliche inhalte, in form von völlig
> zahnlosen unterrichtsprinzipien "versteckt" wurden und deren umsetzung
> somit der beliebigkeit und dem unterschiedlichen engagement der
> lehrerInnen überlassen bleibt.
>
> tztz, ich schweife ja schon wieder ab ...
> mfg
> veronika rampetsreiter
>
> ----- Original Message -----
> From: Erich Wallner
> To: Veronika Rampetsreiter
> Sent: Thursday, October 18, 2001 6:20 AM
> Subject: Re: SPÖ-Bildungskonvent - repetieren
>
> > S.g. Kollegin!
> >
> > Ihre Antwort ist nur an mich gegangen, war aber, wie mir scheint,
> > auch für
> das LF
> > bestimmt. Mir ist schon klar, daß das Repetieren seine
> > grundsätzliche
> Problematik hat -
> > ich wollte aber nur wissen, wie ein Repetieren in bloß einem oder
> > zwei
> Fächern überhaupt
> > technisch gehen soll.
> >
> > MfG Erich Wallner
>
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