Fortsetzung von 2

C) Für das Universitätspersonal:
Die Situation des australischen Universitätspersonals ist heute durch fünf Merkmale bestimmt:

1) Das völlige Fehlen von Jobsicherheit: Kein Vertrag, auch nicht jener von
Professoren, gibt irgendeine Jobsicherheit, da alle Verträge nach der Vollrechtsfähigkeit neu erstellt wurden und mangelnder Bedarf ein Entlassungsgrund darstellt, denn die Unis können sich wie eine Firma verhalten. Grund dafür ist der Kostendruck. Sinken die Studentenzahlen wird das Institut in der Regel mit anderen zusammengelegt und Personal entlassen. In einer weiteren Phase wird die Ausbildungseinheit überhaupt aufgelöst bzw. an andere Universitäten abgetreten, wenn zwei Unis am selben Ort existieren, was wiederum Jobs kostet.

2) Sinkende Einkommen: Generell sind die Einkommen der
Universitätsangehörigen gesunken. Dafür verantwortlich sind die freie Gestaltung der Verträge, die Hinabstufungen von bisher geleisteten Arbeiten in niedrigere Einkommensgruppen und das Fehlen von Lohnerhöhungen, da die Unis oft nicht über ausreichende Einnahmen verfügen. Das gesamte Personal (auch die Professoren) der ältesten Uni Australiens, der Sydney University, streikte im letzten Jahr drei Tage lang, da man drei Jahre lang keine Lohnerhöhung bekommen hatte. Am Ende bekam man für das laufende Jahr knapp 3% Erhöhung. Dies allerdings auf Kosten anderer wichtiger Einrichtungen wie der Bibliotheken: Es werden seither weniger Bücher eingekauft, denn der Universität fehlt einfach das Geld.

3) Hohe Arbeitsbelastung durch chronische personelle Unterbesetzung, da
viele Stellen einfach nicht nachbesetzt werden. Das hat zu einer systematischen personellen Ausdünnung der Universitäten und zu einer völligen Demotivation geführt, da es einfach keine neuen Stellen und – für die jüngeren – keine Aufstiegsmöglichkeiten gibt. Das gilt auch für den wissenschaftlichen Nachwuchs, der sich zwar qualifiziert, dafür aber keine Stellen vorfindet und sich daher umsonst dem Qualifikationsprozess unterworfen hat. Eine weitere Folge davon ist, dass demnächst eine ganze Generation von Akademikern in Pension gehen wird und es dafür keine Ersatz gibt, da entsprechend qualifiziertes Personal fehlt. Auch dies wird von vielen Eingaben zur Parlamentskommission beklagt.

4) Probleme bei der Beurteilung der Studierenden und bei der
Aufrechterhaltung des fachlichen Niveaus der Ausbildung. Viele Lehrenden klagen (hinter vorgehaltener Hand), dass sie fachlich schlechte Studenten aufgrund des Kostendrucks nicht entsprechend bewerten können, denn jeder Student, der aus dem Studium wegen schlechter Noten hinausfällt ist ein ökonomischer Verlust für das Institut. Die Folge sind z.T. äußerst heterogene Leistungen, die sich hinter ein und demselben Abschlusszeugnis verbergen und ein graduelles Sinken des Kenntnisniveaus. Als Besonderheit kommt noch hinzu, dass Studenten die vollen Gebühren zahlen, die Uni klagen können, wenn sie nicht die entsprechende Hilfe erhalten, um die Prüfungen zu bestehen. Ein Universitätslehrer an der Univ. Wollongong verlor vor kurzem seine Stelle, weil er in den Medien berichtet hat, dass die Noten von Studenten unberechtigterweise aufgebessert worden sind, damit sie die Prüfungen bestehen konnten.

5) Die weitgehende Verlust der universitären Mitbestimmung
Dem wissenschaftlichen Personal wurde die Mitbestimmung über die Gestaltung der Studien und des Universitätslebens an manchen Unis völlig entzogen, an den allermeisten stark eingeschränkt. Es gibt zwar Fakultätsversammlungen, diese sind aber so gut wie ohne Entscheidungsbefugnis, da die gesamte Macht bei den Vizerektoren und den Dekanen liegt und nicht fachliche Überlegungen im Vordergrund stehen, sondern primär Kostenfragen. Die unmittelbare Folge sind Demotivation und Orientierungslosigkeit sowie das Gefühl keinen Einfluss auf die Gestaltung der eigenen Arbeit zu haben. Knapp zusammengefasst besteht die Situation des australischen Universitätspersonals darin, dass von ihm verlangt wird, für weniger Geld mehr zu arbeiten und Arbeitssituation von großer Unsicherheit und Demotivation gekennzeichnet ist.

Fortsetzung IV


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