Lieber Peter!
> Gibt es irgendwo im WWW den Originaltext des Volksbegehrens? Bevor ich
> etwas unterschreibe, möchte ich es auch durchlesen - und zwar im
> Originaltext. Das sollte m.E. für jeden eine Selbstverständlichkeit
> sein.
Ich stimme deinem Anliegen völlig zu. Ich bin zwar nicht i-b-g@gmx.at, glaube aber, den Text des Volksbegehrens zu kennen. Alle Mitlesenden mögen mich korrigieren, falls ich mich irren sollte.
"Die UnterzeichnerInnen begehren folgende Ergänzung der österreichischen
Bundesverfassung:
Dem Art 1 ("Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.") wird ein Absatz 2 angefügt.
Dieser lautet:
"Österreich ist ein Sozialstaat.
Gesetzgebung und Vollziehung berücksichtigen die soziale Sicherheit und Chancengleichheit der in Österreich lebenden Menschen als eigenständige Ziele. Vor Beschluss eines Gesetzes wird geprüft, wie sich dieses auf die soziale Lage der Betroffenen, die Gleichstellung von Frauen und Männern und den gesellschaftlichen Zusammenhalt auswirkt (Sozialverträglichkeitsprüfung). Die Absicherung im Fall von Krankheit, Unfall, Behinderung, Alter, Arbeitslosigkeit und Armut erfolgt solidarisch durch öffentlich-rechtliche soziale Sicherungssysteme. Die Finanzierung der Staatsausgaben orientiert sich am Grundsatz, dass die in Österreich lebenden Menschen einen ihrer wirtschaftlichen und sozialen Lage angemessenen Beitrag leisten."
Der Text des Volksbegehrens
Behindertenpolitik - Sozialpolitik
Die Behindertenpolitik in Österreich befindet sich in den letzten Jahren in Stagnation. Weder auf der Ebene von Gleichstellung (Antidiskriminierung) noch auf der Ebene von sozialer Sicherung konnten Fortschritte erzielt werden, zum Teil muss von Sozialabbau und Rücknahme integrativer Politik gesprochen werden. Gleichstellung, soziale Sicherung und regionale soziale Strukturierung sind die Säulen einer gesellschaftlich integrativen
Behindertenpolitik, die behinderten Personen ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Ziel der Behindertenpolitik muss sein, dem Einzelnen mehr persönliche Macht und behinderten Menschen als Gruppe mehr politische Macht zu verschaffen (u.a. durch einklagbare Rechte).
Die Besteuerung der Unfallrenten ist eine direkte Kürzung von Leistungen für behinderte Personen. Ein kleinerer Teil der durch die Kürzung frei werdenden Mittel sollte über die "Behindertenmilliarde" den Arbeitsmarkt für behinderte Personen unterstützen, der größere Teil ins allgemeine Budget zur Abdeckung des "Null-Defizits" fließen. Die Politik, die hier gemacht wird, folgt dem Prinzip "Teilen und Herrschen", behinderten Personen Geld zu nehmen und einen kleinen Teil davon anderen behinderten Personen zu geben.
Das Pflegegeld ist seit 1996 nicht mehr valorisiert, die Stufe 1 ab Neueinstufung um 20 % gekürzt worden. Statt über realistisch hohe Pflegegelder zu diskutieren, ist in den letzten Jahren darüber nachgedacht worden, das Pflegegeld in von sozialen Diensten gesteuerte "Sachleistungen" umzuwandeln und damit alle Autonomie- und Selbstbestimmungsvorstellungen der Betroffenen zu beenden.
Die Arbeitslosigkeit von behinderten Personen ist im Vergleich zu nichtbehinderten Personen um ein vielfaches höher. Die Statistiken charakterisieren die Situation aber nur unvollkommen. Neue Modelle zur Arbeitsintegration auf dem allgemeinen Arbeitsmark wurden in Österreich erst in Ansätzen erarbeitet und umgesetzt. Im Zusammenhang mit dem "Recht auf Arbeit" muss - soweit "verwertbare" Arbeit geleistet wird (interne und externe Dienstleistungen, Industriearbeit usw.) - das Recht auf Entlohnung eingehalten werden. Es ist zu überlegen, wie dies mit irgend einer Art von einheitlicher Grundsicherung/ sozialer Sicherung verbunden werden kann.
Es bestehen große Unterschiede im Umfang und Qualität von Rehabilitationsleistungen der Pensionsversicherungsträger und Krankenkassen. Nicht die Ursache von Behinderung, sondern die Bedürfnisse von behinderten Menschen sollten Maßstab für Rehabilitationsleistungen sein.
Der größte Bedarf besteht aber nach Einrichtungen für individuell unterstütztes Wohnen in eigenen Wohnungen, um alternative Systeme zu bestehenden Heimstrukturen zu schaffen.
Es gibt in Österreich keinen deutlichen politischen Willen in Richtung Integration im Bereich Schule / Berufsbildung:. Das existierende gesetzliche Eltern-Wahlrecht auf schulische Integration ist in Österreich in der Praxis stark auf ein Antragsrecht der Eltern eingeschränkt, es gibt kein Recht auf Integration in den berufsbildenden Bereich und keine vorbereitenden Schulversuche."
Mehr Informationen gibt es, wenn ich mich nicht irre, unter www.sozialstaat.at
Herzliche Grüße
Eckehard
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