Lieber Günter,

bin mir nicht sicher, ob das LF der richtige Ort für eine zeitgeschichtliche Diskussion ist, ich wollte halt nur kurz meine Befindlichkeit hineinbringen -- freier (eigentlich kostenloser) Bildungzugang ist eine Errungenschaft der 60er/70er (Abschaffung des Schulgeldes in öffentlichen höheren Schulen bis zur Abschaffung der Studiengebühren und Einführung der Schülerfreifahrten und kostenloser Schulbücher).

Ich weiß nicht was Du gegen den Begriff Epoche hast, da wir beide politisch denkende Menschen sind, wird bei unserem Geschichtsbild die politische Geschichte im Vordergrund (und die Geschichte epochemachender Dessous im
Hintergrund) stehen. Genau zur Zeit des "kommunistischen Umsturzversuches" wurde ich geboren, in der VS hörte ich zum ersten Mal, dass Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen und dass Menschen namens "Nazis" andere Menschen gefoltert hatten, DAS Thema war ansonsten im (in meinem) Alltag tabu. Generell habe ich Politikverdrossenheit mitbekommen und das Engagement in einer Partei diente dem eigen Vorwärtskommen. Auch die damalige SPÖ hatte ne große Klappe und versuchte, Machtpositionen zu halten bzw. auszubauen, ihr politischer Einfluss in der Praxis scheint mir eher gering gewesen zu sein.

Und Vieles über diese Zeit weiß ich natürlich aus Büchern, wenn ich auch kein Historiker bin, lesen habe ich (schon in den 50ern) gelernt ;-)

Die Politikverdrossenheit einer überwiegenden Mehrheit -- die ham wir wieder. Das karriereinduzierte Engagement auch (noch immer). Und demokratiefeindliche Äußerungen sind wieder salonfähig.

meint

®onald Eidenberger

----- Original Message -----
From: "Günter Wittek"
To: "Lehrerforum"
Sent: Thursday, November 15, 2001 9:18 AM
Subject: LF: Re: 173596 .. zu wenig ?/ Erinnerungen


>
> Lieber Ronald Eidenberger,
>
> Das Problem liegt nicht im Vergleich zweier "Epochen", sondern es wird
doch
> wohl um den Vergleich von politischen Einstellungen gehen. Die Aspekte
> der 50er, die dir in (nicht Zeitzeugen gerechter) Erinnerung
sind,
> könnten wir so auf den Punkt bringen:
> Die Kanzlerpartei bekommt durch eine zaghafte, staatstragend
zurückhaltende,
> auf die Profite der Unternehmer achtende Sozialdemokratie
> Rückendeckung. Die Sozialdemokratie lässt sich dafür missbrauchen, den
> Unmut der
Bevölkerung
> gegen die nur schleppende Verbesserung der Lebensbedingungen (zwar
> Abschaffung der Lebensmittelkarten, aber Niedriglohnpolitik durch
Preis-Lohn-
> Abkommen und danach Sozialpartnerschaft) auf sich und ihre
> Repräsentanten (auf Olah, Zusammenarbeit mit CIA, Bespitzelung von
> radikalen
Arbeitnehmer-
> Vertretern, Ausstreuen des Verdachts auf kommunistischen
> Umsturzversuch
usw.)
> zu ziehen und partizipiert mit an der verspätet einsetzenden
wirtschaftlichen
> Prosperität.
> Es ist meines Erachtens völlig berechtigt und sinnvoll, Vergleiche zur
Gegenwart
> zu ziehen. Es eignet sich gut: Australien. Ein mit
> menschenverachtender
Politik
> regierender Konservativer gewinnt 2001 wieder die Wahlen, weil Labour
durch
> ein Schielen auf demoskopische Ergebnisse von einer konsequenten Linie
abweicht
> und nicht entschieden einen völlig anderen Standpunkt (für
> Menschenrechte
für
> in Not geratene Flüchtlinge aus Afghanistan) einnimmt.
> Es eignet sich gut Isreal: Die Arbeiterpartei geht nach Unruhen im
Palestinenserland
> von der Friedenspolitik ab, damit enthalten sich die in Israel
> lebenden
Araber und
> Palestinenser der Stimme, sie helfen damit Scharon an die Regierung zu
kommen,
> und Labour bildet in dieser Staatsterrorismus betreibenden Regierung
> das unrühmliche Feigenblatt. Zu welchem Ergebnis sollen diese
> Überlegungen führen? Er ist eine
verdammte
> Fehlmeinung, dass Wahlen in der Mitte zu gewinnen sind, sondern die
Sozial-
> demokratie kann nur dann die Politik im Lande vorgeben, wenn es wie zu
Kreiskys
> Zeiten "links von der SPÖ keine nennenswerte politische Kraft" gibt.
> In
diese
> Richtung besteht Profilierungsbedarf. Ein Wettstreit mit den Grünen
> wäre
durchaus
> sehr wünschenswert und zielführend. Die sogenannte Mitte kommt dann
> von
selber
> in das Lager, wo ihre Interessen tatsächlich vertreten werden und aus
173.000
> werden dann Millionen.
> meint (einer von den 173.596)
> Günter Witek
>
>
> ----- Original Message -----
> From: Mag. Ronald Eidenberger
> To: !Lehrerforum
> Sent: Thursday, November 15, 2001 7:40 AM
> Subject: Re: LF: Re: 173596 fuer Gehrer zu wenig
>
> Herr Kollege ham ein sprachliches Problem:
> "Das politische Klima in diesem Lande erinnert mich immer mehr an die
> Fünfziger Jahre" Wenn ein Historiker zwei Epochen vergleicht, erwarten
> sie dann, dass er in BEIDEN gelebt hat?
> (Abgesehen davon, dass ein Volksschüler ja auch was von Politik & Klima
> mitbekommen kann, wenn er nicht ganz belämmert ist).
> Aber ich will Sie an Ihrem Amusement nicht hindern...
> Viel Spass
>
> Mag. Ronald Eidenberger
> Maria Hülf
>
>
>
>
> --
> Diese Liste wird vom Computer Communications Club (http://www.ccc.at)
> betrieben. Um sich aus der Liste austragen zu lassen, senden Sie ein
e-mail
> an majordomo@ccc.at mit dem Befehl "unsubscribe lehrerforum" im
> Nachrichtentext.
>


--
Diese Liste wird vom Computer Communications Club (http://www.ccc.at) betrieben. Um sich aus der Liste austragen zu lassen, senden Sie ein e-mail an majordomo@ccc.at mit dem Befehl "unsubscribe lehrerforum" im Nachrichtentext.