KURIER 06 12 01
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„Von den Finnen können wir lernen“
„Das muss zu Konsequenzen führen.“ Die Präsentation der internationalen Schulstudie PISA sorgte in Deutschland für ähnlich große Aufregung wie die erst jüngst beendete Pannenserie der deutschen Fußball-Nationalelf. So forderten gleich mehrere Kultusminister eine radikale Reform der Lehrerausbildung.
Mathematische Fähigkeiten
In der Studie der OECD wurden Lesekompetenz sowie mathematische und naturwissenschaftliche Fertigkeiten von 15- bis 16-jährigen Schülern in 31 Ländern abgefragt. Österreich rangiert dabei weit vor Deutschland, über dem OECD-Durchschnitt, in allen drei Kategorien im oberen Drittel.
Schulsystem Finnlands
Unangefochten an der Spitze liegen die Schulsysteme Finnlands, Koreas und Japans. Dafür gibt es laut Auskunft des OECD-Experten Andreas Schleicher mehrere Erklärungen: „In diesen Ländern herrscht generell eine positive Einstellung zum Bildungswesen.“ Ein weiterer wichtiger Faktor sei die gezielte finanzielle Förderung der Grundschule. Während in Deutschland und Österreich die Schüler schon nach der vierten Schulstufe in zwei unterschiedliche Schultypen wechseln, besuchen die finnischen Kinder bis 15 eine Art Gesamtschule. „Schwächere Schüler werden dadurch besser gefördert“, so Studienkoordinator Schleicher.
Positives Schulklima
Wesentlich für den Erfolg des Bildungswesens sei auch „ein positives Schulklima, eine größere Autonomie der einzelnen Schulen und ein möglichst fließender Übergang vom Kindergarten- in den Schulbereich“. Nicht unwesentlich für eine erfolgreiche Ausbildung sei nämlich die Förderung der Kinder bereits im Vorschulalter.
Engagierte Lehrer
Nicht erst seit der PISA-Studie gilt das finnische Schulsystem als ein europäisches Vorzeigemodell. „Bei uns wurde anders als in vielen anderen Ländern auch in Zeiten der Rezession in das Bildungswesen investiert“, berichtet Antii Kaski von der finnischen Botschaft in Wien.
Gute Bezahlung
Ein positiver Kreislauf wurde dadurch in Gang gesetzt: Weil man Lehrer entsprechend ihrer wichtigen gesellschaftlichen Aufgabe gut bezahlt und auch ihre Anliegen Ernst nimmt, finden sich ausreichend viele junge Menschen, die als Pädagogen arbeiten möchten. Dadurch ist wiederum gewährleistet, dass auch leistungsschwache Kinder nicht nur einen kostenlosen, sondern auch sehr profunden, engagierten Unterricht erhalten.
Thematische „Kurse“
Schon mit 13, 14 lernen viele finnische Schüler nicht nur im großen Klassenverband, sondern auch in einzelnen thematischen „Kursen“. Warum sie schneller als alle anderen lesen, begründet Botschaftssekretär Kaski so: „In unseren Städten kommt der Bibliothek eine zentrale Rolle zu. Dort sind wir sehr oft mit der Schule hingegangen.“ Die Bibliothek sei nicht nur Lese-, auch Begegnungsort.
Alphabetismus-Probleme
„Von den Finnen können wir lernen“, weiß auch Karl Blüml, der als AHS-Koordinator des Wiener Stadtschulrats an der OECD-Studie mitgearbeitet hat. Zwar haben Österreichs Schüler im internationalen Vergleich sehr gut abgeschnitten, das Ergebnis dürfe jedoch nicht auf die sich deutlich abzeichnenden Alphabetismus-Probleme in zahlreichen Hauptschulen im städtischen Bereich hinwegtäuschen. Blüml kategorisch: „Hier darf auf keinen Fall gespart werden.“
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