Frankfurter Rundschau
http://www.fr-aktuell.de/fr/index.htm
Das peinlichste Komma des Jahres
In NRW-Werbung für den Lehrerberuf prangt ein Fehler
Von Reinhard Voss (Düsseldorf)
Von der großen Anzeige lächelt ein junger Mann das Publikum an. Er heißt angeblich Markus W., ist 24 Jahre jung und studiert Musik und Mathematik für das Lehramt. Er will, so behauptet es die Zeitungsannonce, Hauptschullehrer werden. Auftraggeber der Anzeige ist das Düsseldorfer Schulministerium, das in einer Gemeinschaftsinitiative mit den nordrhein-westfälischen Lehrerverbänden verzweifelt nach Männern und Frauen sucht, die trotz oder wegen der Pisa-Studie Pädagoge werden wollen.
Bis zum Jahre 2005 will das Land rund 30 000 neue Lehrer einstellen. Wer in diesem "anspruchsvollen und vielfältigen Berufsfeld" arbeiten möchte, der soll sich, so bittet die Gemeinschaftsinitiative, jetzt beim Bürger- und Service-Center der Landesregierung über die aussichtsreichsten Fächerkombinationen informieren. Warum sich Markus W. für den Lehrerberuf entschieden hat, schreibt er in der Anzeige mit großen Druckbuchstaben: "Ich werde Lehrer, weil ich, mir einen Beruf ohne Kinder nicht vorstellen kann." Mit Noten mag sich Markus W. auskennen, mit Mathematik vielleicht auch. Mit der Zeichensetzung aber hapert es ganz offensichtlich noch ein bisschen.
Die freundliche Dame im Bürger- und Service-Center der Düsseldorfer Landesregierung zieht fast hörbar die Schultern hoch, als sie auf die originelle Zeichensetzung in dem Bekenntnis von Markus W. angesprochen wird. Ja, es habe schon zahlreiche wütende Anrufe von Lehrern gegeben, die gefragt hätten, ob man sie mit dieser Anzeige denn für blöd verkaufen wolle. Das eine Komma zu viel, räumt sie freimütig am Telefon ein, sei schon "recht lächerlich nach Pisa". Irgendwie witzig sei das auch nicht gemeint. Bei der Gestaltung der Anzeige und der Übermittlung an die Zeitungen müsse es irgendwo einen "datentechnischen Übertragungsfehler" gegeben haben, der trotz aller Kontrollen von niemandem bemerkt worden sei.
Pisa lässt herzlich grüßen! Aber so viel will die Dame am Telefon des
Bürger- und Service-Centers der Düsseldorfer Landesregierung doch noch
sagen: Ein "wirklicher Lehrer" habe den Anzeigentext mit dem Komma zu viel nicht geschrieben. Die Suche nach dem wahren Schuldigen habe noch zu keinem Ergebnis geführt.
--
Diese Liste wird vom Computer Communications Club (http://www.ccc.at) betrieben. Um sich aus der Liste austragen zu lassen, senden Sie ein e-mail an majordomo@ccc.at mit dem Befehl "unsubscribe lehrerforum" im Nachrichtentext.