Lieber Kollege Wallner,
Im hier diskutierten sprachlichen Thema geht es wohl 1) darum, wer jemandem welche Attribute zuteilt bzw. 2) um die Frage, warum bestimmte Attribute schichtspezivisch und geschlechtsspezivisch zugeteilt werden.
zu 1) Die von Ihnen aprostophierten Epitheta verweisen in ihrer vielfältigen Inhaltlichkeit doch immer nur auf männliche Negativ-Attribute, die die Männer verdient haben mögen oder auch nicht. Parallel dazu gibt es aber - und diese erwähnen Sie nicht - eine Vielzahl an Benennungen, die einzig weiblich sind und von denen niemand erwartet, dass sie durch Endungs-Änderung vermännlicht würden. zu 2) Warum wohl gibt es keine verbreitet verwendete weibliche Form von Begriffen wie " Privilegienritter / Ämterkumulierer / Drogenhändler / Kümmeltürk" und die anderen von Ihnen angeführten? Na ganz einfach: Weil es kaum Frauen gibt, die in die Verlegenheit kämen, Ämter zu kumulieren, Privilegien zu reiten, Sessel zu kleben - bzw. weil viele der von Ihnen angeführten Professionen (vom Mafioso über den Schmuggler, Vandalen, Geisterfahrer und Feuerteufel) wirklich männliche Domänen sind. Wenn Frauen die gleichen wirtschaftlichen und politischen Positionen innehaben werden wie die Männer, dann werden sie auch gleiche Möglichkeiten für politisches und wirtschaftliches Fehlverhalten haben; die Bezeichnung dieses Negativ-Verhaltens werden dann unter Garantie ihre weibliche Entsprechung finden.
Generell: Die Sprache als Spiegel der gesellschaftlichen Verhältnisse verweist deutlich (manchmal mit zeitlichen Verzögerungen) auf die Machtverhältnisse in der Gesellschaft. Das, lieber Kollege Wallner, haben Sie - wenn auch vom Hafer gestochen - mit Ihren Beispielen deutlich gezeigt.
Grüße sendet
Timo Davogg
----- Original Message -----
From: "Erich Wallner"
To: "Lehrerforum"
Sent: Wednesday, January 23, 2002 11:25 PM
Subject: LF: Maennliche Sprachformen
> Trotz der Beiträge von Zangerl und Kotzina sticht mich der Hafer. Mir
> fällt nämlich auf, daß stereotyp immer nur die männliche Form
gebraucht wird von:
>
> "Gauner / Privilegienritter / Ämterkumulierer / Drogenhändler /
Kümmeltürk' / Elefant im
> Porzellanladen / Politikerprivilegien / Feuerteufel / Erbschleicher /
Faulenzer / Angeber
> / Säufer / Autoraser / Prolet / Streber / Wappler / Blödmann /
> Schleimer /
Geisterfahrer /
> Spanner / Giftler / Fixer / Schnorrer / Schleimscheißer / Verräter /
Hacker / Hintermann /
> Buhmann / Mafioso / Nichtstuer / Erbschleicher / Unhold / Tschusch /
blöder Hund /
> Attentäter / Sandler / Vandale / Alkoholiker / Geldfälscher /
> Taschendieb
/ Hehler /
> Rauschiftdealer / Schmuggler / Prinzipienreiter / Tachinierer /
Umweltverschmutzer /
> Häfenbruder / Saufbrüder / Sesselkleber / Arschkriecher / Tierquäler /
Neonazi /
> Folterknecht / Ehrabschneider / ..."
> (Diese Liste erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit - weiter
Beiträge sind
> willkommen.)
>
> Nirgendwo habe ich noch gehört, daß PolizistInnen lieber
> VerbrecherInnen
fangen sollen,
> anstatt FalschparkerInnen aufzuschreiben.
>
> Sensiblere Gemüter stören sich auch an männlichen Verunglimpfungen,
> für
die es keine
> grammatikalische weibliche Form gibt: "Perversling / Vollkoffer /
Weichling / Lustmolch /
> Knacki / Platzhirsch / Drogenboss / Wurschtel / Kredithai /
> Trunkenbold /
Sittenstrolch /
> Ungustel / Apparatschik / (Verkehrs)rowdy / Armleuchter / Vielfraß /
Kotzbrocken /
> Scheißkerl / Hurenbock / Notnagel / Dorftrottel / Kretin /
> Fetzenschädel /
Pleitier / ...
>
> Ich halte es für bedenklich und politisch unkorrekt, daß in all diesen
Fällen die
> Weiblichkeit nicht mit-gedacht wird. Man unterstellt damit, daß sie
> mit
den Männern nicht
> mithalten kann.
>
> MfG Erich Wallner
> --
> Diese Liste wird vom Computer Communications Club (http://www.ccc.at)
> betrieben. Um sich aus der Liste austragen zu lassen, senden Sie ein
e-mail
> an majordomo@ccc.at mit dem Befehl "unsubscribe lehrerforum" im
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