Die Diskussion finde ich ausgesprochen köstlich.
Irgendwie musste es ja einmal so komen, dass die Verweiblichung der BegriffInnen auch einmal ihre(n) Höhepunkt(in) erreicht. Als Mann kommt man sich ohnehin langsam blöd vor, wenn es nur mehr das Arbeitnehmerinnenschutzgesetz und das Bundesbedienstinnenschutzgesetz gibt. Ich persönlich verwende auch niemals das so genannte Binnen I sondern nehme mir meist die Zeit und spreche beide Geschlechter an. Es ist ja gut so, dass es zwei Geschlechter gibt. Schöne Grüße J.Zwickl
----- Original Message -----
From: "Erich Wallner"
To: "Lehrerforum"
Sent: Thursday, January 24, 2002 10:30 PM
Subject: LF: Re: Maennliche Sprachformen


> S.g. Kollege Davogg!
>
> Im hier diskutierten sprachlichen Thema ging es mir darum, einen
> Aspekt
aufzuzeigen: Wenn
> es um (zumindestens karrieremäßig) positiv besetzte Begriffe geht,
> dann
verwenden
> bestimmte AutorInnen stets das Binnen-I, also: PolitikerInnen,
> ÄrztInnen,
ProfessorInnen,
> SchriftstellerInnen etc.
>
> Wenn es dagegen um negativ besetzte Begriffe geht, dann sind dieselben
Leute
> interessanterweise durchaus bereit, dem ansonsten als reaktionär
> verfemten
Argument zu
> folgen, daß die weibliche Form ohnehin in der männlichen mit-enthalten
sei - daher der
> erste Teil meiner Liste. Ich habe ihn nach formalen Gesichtspunkten
aufgestellt (=
> grammatische Möglichkeit einer weiblichen Endung), und in einigen
> Fällen
haben Sie sicher
> Recht, wenn Sie sagen, daß es sich um eher männliche Untugenden
> handelt -
aus diesem Grund
> habe ich auch "Kinderschänder" nicht aufgenommen, obwohl ich glaube
gelesen zu haben, daß
> etwa im Fall Dutroux auch Frauen beteiligt waren. Daß die weit
verbreiteten
> Klitorisbeschneidungen an jungen Mädchen in der Dritten Welt
ausschließlich von Frauen
> vorgenommen werden, setzte ich als bekannt voraus. (Andererseits -
> wenn "männliche Domäne", um Ihren Ausdruck zu zitieren,
als
> Rechtfertigung für die Unterdrückung der weiblichen Form herangezogen
wird - woher dann
> die Berechtigung von "UniversitätsprofessorInnen"? Gerade aus der Ecke
> des
Binnen-I ertönt
> doch am lautesten die Klage darüber, daß die Ordinariate an den Unis
> nach
wie vor fest in
> männlicher Hand sind!)
>
> Sie bleiben mir allerdings einen Kommentar zu den anderen Beispielen
schuldig. Schon Ihr
> Beispiel von "Geisterfahrer" (und auch "Schmuggler") als typisch
> männliche
Domänen kann
> ich nicht nachvollziehen. Und was ist mit "Erbschleicher / Faulenzer /
Säufer / Prolet /
> Streber / Wappler / Blödmann / Schleimer / Giftler / Fixer / Schnorrer
> /
Schleimscheißer /
> Verräter / Hintermann / Nichtstuer / Tschusch / Alkoholiker /
> Tachinierer
/
> Umweltverschmutzer / Arschkriecher / Ehrabschneider / Jasager /
Spielverderber /
> Untertanenmentalität ..." ??
> Wollen Sie da wirklich noch eine soziologische Rechtfertigung für die
Dominanz der
> männlichen Endungen finden?
> Würden Sie mir weiters widersprechen, wenn ich behaupte, daß dieselben
Leute, die ganz
> selbstverständlich von "PolitikerInnen" schreiben, sicher nicht
> "PolitikerInnenprivilegien" in ihrem Wortschatz führen?
>
> MfG Erich Wallner
>
>
>
> Timo Davogg schrieb:
> >
> > Lieber Kollege Wallner,
> >
> > Im hier diskutierten sprachlichen Thema geht es wohl 1) darum, wer
jemandem
> > welche Attribute zuteilt bzw. 2) um die Frage, warum bestimmte
> > Attribute schichtspezivisch und geschlechtsspezivisch zugeteilt
> > werden.
> >
> > zu 1) Die von Ihnen aprostophierten Epitheta verweisen in ihrer
vielfältigen
> > Inhaltlichkeit doch immer nur auf männliche Negativ-Attribute, die
> > die Männer verdient haben mögen oder auch nicht. Parallel dazu gibt
> > es
aber -
> > und diese erwähnen Sie nicht - eine Vielzahl an Benennungen, die
> > einzig weiblich sind und von denen niemand erwartet, dass sie durch
> > Endungs-Änderung vermännlicht würden. zu 2) Warum wohl gibt es keine
> > verbreitet verwendete weibliche Form von Begriffen wie "
> > Privilegienritter / Ämterkumulierer / Drogenhändler / Kümmeltürk"
> > und die anderen von Ihnen angeführten? Na ganz einfach:
Weil es
> > kaum Frauen gibt, die in die Verlegenheit kämen, Ämter zu
> > kumulieren, Privilegien zu reiten, Sessel zu kleben - bzw. weil
> > viele der von Ihnen angeführten Professionen (vom Mafioso über den
> > Schmuggler, Vandalen, Geisterfahrer und Feuerteufel) wirklich
> > männliche Domänen sind. Wenn Frauen die gleichen wirtschaftlichen
> > und politischen Positionen innehaben werden wie die Männer, dann
> > werden sie auch gleiche
Möglichkeiten
> > für politisches und wirtschaftliches Fehlverhalten haben; die
Bezeichnung
> > dieses Negativ-Verhaltens werden dann unter Garantie ihre weibliche
> > Entsprechung finden.
> >
> > Generell: Die Sprache als Spiegel der gesellschaftlichen
> > Verhältnisse verweist deutlich (manchmal mit zeitlichen
> > Verzögerungen) auf die Machtverhältnisse in der Gesellschaft. Das,
> > lieber Kollege Wallner,
haben
> > Sie - wenn auch vom Hafer gestochen - mit Ihren Beispielen deutlich
gezeigt.
> >
> > Grüße sendet
> > Timo Davogg
> >
> >
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> betrieben. Um sich aus der Liste austragen zu lassen, senden Sie ein
e-mail
> an majordomo@ccc.at mit dem Befehl "unsubscribe lehrerforum" im
> Nachrichtentext.


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