Sie haben recht, wenn Sie die Frage aufwerfen, wie weit man die Geschichte aufrollen muss, um Gerechtigkeit zu erzielen. Ich glaube, Wiedergutmachung kann nur dadurch erfolgen, dass man allen Kriegsgeschädigten eine symbolische Leistung angedeihen lässt. In vielen Fällen (Benes-Dekrete) wird meiner Ansicht nach eine offizielle Erklärung der (tschechischen) Regierung zum Ziel führen. Ich denke nicht, dass die damals Vertriebenen vollen Schadenersatz einfordern würden. Aber einige Worte des Bedauerns würde dieses Unrecht schon etwas lindern. Auch die österreichische Lösung mit der "Abfindung" der Zwangsarbeiter halte ich für sehr gut. Allerdings ist auch diese nur Symbolik.

Die Veräußerung von Bundeseigentum sehe ich nicht so dramatisch. Es geht ja nicht um eine Verlegung der Wälder ins Ausland, sondern lediglich um einen Besitzerwechsel. Von einem solchen Wechsel nicht betroffen sind natürlich alle Nutzungsrechte durch die Waldbesucher und genau so wenig die gesetzliche Regelung der Holznutzung. Wenn diese Maßnahmen helfen um unsere Schulden zu verringern, sollen sie meinetwegen sein. MfG J.Zwickl
----- Original Message -----
From: "Günter Wittek"
To: "Lehrerforum"
Sent: Saturday, February 02, 2002 10:54 AM
Subject: LF: redlich argumentieren ...


>
> Lieber Kollege Wallner
>
> Ich sehe in der Thematisierung der Benes Dekrete eher eine Aktion, um
> die berechtigten Forderungen der Zwangsarbeiter im NS-Regime
> abzuwehren oder zu paralysieren, um aus der Rolle des Täters
> herauszukommen und in die Rolle des Opfers schlüpfen zu können.
>
> Wenn es um eine redliche Argumentation geht, dann schwingt nach meinem
> Rechtsempfinden schon stark die Überlegung mit, ob diejenigen
> entschädigt werden, denen Unrecht angetan worden ist, oder ob die
> Forderungen von selbsternannten und fragwürdigen Erben gestellt
> werden.
>
> Weiters denke ich, dass diese Fragen nicht durch nationales Recht zu
regeln
> sind, sondern überall dort, wo auch nur der Verdacht von
> "Sieger-Justiz" aufkommen kann, dass dort das internationale Recht
> gefragt und
eingefordert
> werden soll. Internationales Recht müsste dann aber auch festlegen,
> nach
wie
> viel Jahren eventuell aus Unrecht Recht werden kann. Denn alle
europäischen
> Besitzstände gehen letztendlich auf irgendwelche Kriege und die Leute
> zurück, die aus den Ergebnissen ihren persönlichen Nutzen gezogen
> haben. Soll der Erwerb von Eigentum "im guten Glauben" ausreichen..?
> Oder wie weit ist denn Ahnenforschung zu betreiben?
>
> Überdies sollten wir gerade jetzt auch thematisieren, inwieweit diese
Regierung
> zwecks Budgetkonsolidierung Österreich ausverkauft, die Wälder
> (Bundes- forste), die Ressourcen für das Trinkwasser. Ist dieser
> Ausverkauf denn wirklich rechtens, oder soll es nicht auch
> unveräußerliches Gemeineigentum geben? - Das möchte ich alles in eine
> wirklich redliche und nicht
populistische
> Argumentation mit einbeziehen ...
>
> mkG
> Günter Wittek
>
>
> ----- Original Message -----
> From: Erich Wallner
> To: Lehrerforum
> Sent: Saturday, February 02, 2002 8:12 AM
> Subject: LF: Argumentationshilfe
>
> Die Vertreibung der Sudetendeutschen und ihre Rechtfertigung durch die
Benes-Dekrete wird
> von vielen Menschen als historisches Unrecht angesehen.
>
> Meine Frage: Müßte man als redlich argumentierender Mensch, der für
> die
Aufhebung der
> Benes-Dekrete eintritt, nicht auch die Rücknahme der
HabsburgerInnen-Gesetze 1919 fordern
> (Restitution von Schönbrunn und all der anderen enteigneten
> Besitzungen)?
>
> Waren nicht die HabsburgerInnen-Gesetze genauso Sieger-Justiz (die
Republik triumphiert
> über die Monarchie) wie die Benes-Dekrete?
>
> Er ehrt jede/n ÖsterreicherIn, wenn er/sie sich Gedanken macht über
Unrecht, welches von
> AusländerInnen an AusländerInnen verübt wurde, aber sollte man sich
> nicht
auch Gedanken
> machen über Unrecht, welches InländerInnen zugefügt wurde? (Natürlich
> bin
ich mir auch der
> Arisierungen bewußt, aber die HabsburgerInnen scheinen mir
> argumentativ
interessanter zu
> sein, weil das Unrecht der Arisierungen weitestgehend außer Zweifel
steht.)
>
> Neugierig auf Kommentare Erich Wallner
>
>
>
> --
> Diese Liste wird vom Computer Communications Club (http://www.ccc.at)
> betrieben. Um sich aus der Liste austragen zu lassen, senden Sie ein
e-mail
> an majordomo@ccc.at mit dem Befehl "unsubscribe lehrerforum" im
> Nachrichtentext.


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