S.g. Koll. Wallner
Ich finde es zwar schön und nett, dass Sie den Habsburgern Schönbrunn und die Schatzkammer zurückgeben wollen (oder zumindest eine Diskussion darüber entfachen...), aber mir scheinen hier schon andere Prioritäten angebracht.
Auch in der Habsburgermonarchie gab es Kriegsanleihen, mit denen man der Bevölkerung massiv das Geld aus der Tasche gezogen hat, und das war nach dem Krieg natürlich alles verloren.
Ich habe jetzt nur die Zahlen der deutschen Kriegsanleihen präsent. Demnach kamen die Deutschen in neun Kriegsanleihen vom September 1914 bis zum September 1918 auf einen Gesamtbetrag von 101.289,6 Millionen Mark. (zitiert nach Walther Lotz, Die deutsche Staatsfinanzwirtschaft im Kriege, Stuttgart/ Berlin/Leipzig 1927, S.120) Ich will auch nicht verbergen, dass ich es für gut und gerecht finde, dass dieses Geld verloren war, denn ich halte es für moralisch unanständig in Kriege zu investieren, auch wenn sie noch so "vaterländisch" motiviert sein mögen, auch wenn sie noch so sehr als Schutzgeldzahlung für das eigene Hab und Gut interpretiert werden mögen. Die Verluste müssen meines Erachtens ver- schmerzbar sein, damit die Menschheit endlich lernt: "Nie wieder Krieg!"
Wenn wir den Gedanken konsequent weiterdenken, dann erkennen wir, dass Rüstungsausgaben in Wahrheit Kapitalvernichtung sind und daher weitestgehend reduziert werden müssen. Wenn es im Interesse der Volkswirtschaft erforderlich ist zu sparen, dann an vorderster Stelle bei den Rüstungsausgaben, bei den Abfangjägern und vielem derartigen mehr. Wir dürfen uns auch nicht internationalen Zwängen ausliefern, um in diesem scheinheiligen "Kampf gegen den Terror" missbraucht werden zu können.
Ich bin dafür, dass Österreich als EU-Mitglied Schadenersatzforderung stellt gegen Isreal wegen Zerstörung des Flughafens von Gaza, der aus Mitteln der Finanzhilfe der EU errichtet worden ist. Allen Politikern von der Denkungsart eines Ariel Scharon, die meinen, Frieden mit Gewalt herstellen zu können und bestehendes Unrecht durch Völkermord lösen zu können, ist eine deutliche Absage zu erteilen. Es ist bezeichnend, dass diese Rechtsextremisten nicht gesucht werden, um sie in Den Haag vor ein Kriegsverbrechertribunal zu stellen, denn das hätte sich Scharon redlich verdient. Er ist übrigens auch der Politiker, der es nun bedauert, vor 20 Jahren nicht schon fait accomplis, vollendete Tatsachen geschaffen zu haben, als er in den Flüchtlingslagern wüten ließ. Und er wurde für diese Menschenrechtsverletzungen nie zur Verantwortung gezogen! In Wahrheit ist die Einteilung George Bushs in Schurken und Nicht-Schurken höchst willkürlich, im Sinne des oben Gesagten bin ich der Meinung, dass die massive Ausgabenerhöhung im US-Verteidigungshaushalt Grund genug wäre, um Bush selbst einen Schurken ganz besonderer Art zu nennen. Denn mit diesen Investitionen bewirkt er, dass die Armen in den USA weiterhin nur dahinvegitieren, die sozialen Gegensätze somit wieder größer werden, der Graben zwischen den Armen und den Reichen wird nochmals um einiges größer. Das ist nach meinem Dafürhalten eine wahrhaft schurkenhafte Tat eines durch Wahlmanipulation an die Macht gekommenen Präsidenten.
Um aber nicht ausschließlich moralisch zu argumentieren, will ich anregen zu überlegen, ob denn alles im politischen System in Ordnung sein kann, wenn es ermöglicht oder begünstigt, dass Schurken leichter an die Macht kommen können als redliche, ehrliche Menschen.
mfG
Günter Wittek
----- Original Message -----
From: Erich Wallner
To: Günter Wittek
Sent: Sunday, February 03, 2002 8:00 AM
Subject: Re: LF: redlich argumentieren ...
S.g. Kollege Wittek!
Ihren Ansichten pflichte ich bei (mit Vorbehalten im letzten Absatz), allerdings ging es mir um etwas anderes:
Ich hätte gerne Argumente gehört, ob man gleichzeitig FÜR die Beibehaltung der HabsburgerInnen-Gesetze und GEGEN die Benes-Dekrete sein kann - und wenn ja, worin denn der Unterschied besteht.
Persönlich sehe ich nämlich keinen - und ich glaube, daß man mit dem HabsburgerInnen-Beispiel am besten diverse Leute davon überzeugen kann, die sonst wieder einmal der FPÖ auf den Leim gingen, daß es in der Geschichte so etwas wie fait accomplis gibt, die man einfach nicht wieder aufschnüren kann. Es ist leicht, einem Stammtischbruder / einer Stammtischschwester einzureden, daß die Behm/Innen nur ordentlich bluten sollen, wenn sie in die EU kommen wollen* - aber die Rückgabe von Schönbrunn und diverser sonstigen Ländereien, Immobilien und anderer Güter (Schatzkammer!) UM DAS STEUERGELD DER FLEISSIGEN UND ANSTÄNDIGEN ÖSTERREICHER/INNEN IN ZEITEN DER BUDGET KONSOLIDIERUNG ist schon eine andere Sache - noch dazu, wo S.M. Karl Habsburg sowieso eine Milliardärin geheiratet hat!
Wie mir scheint, haben wir ÖsterreicherInnen in Sachen Enteignung genauso Dreck am Stecken wie die TschechInnen - und da haben wir die Arisierungen noch gar nicht angesprochen (obwohl es mich nicht wundern würde, wenn Sichrovsky Recht hätte mit seiner Behauptung, die TschechInnen hätten die Entschädigung der Juden / Jüdinnen nach dem Krieg hintertrieben).
MfG Erich Wallner
* VertreterInnen der Sudentendeutschen haben vor wenigen Tagen bereits materielle Ansprüche gestellt - außerdem ist es in einer Welt Ed Fagans sowieso naiv, sich einzubilden, die Sache wäre mit einer verbalen Entschuldigung abgetan.
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