----- Original Message -----
From: Josef Zwickl
To: Günter Wittek ; Lehrerforum
Sent: Thursday, February 07, 2002 4:42 PM
Subject: Re: LF: redlich argumentieren ...
JZ > Lieber Kollege Wittek!
JZ > Auch dieses Mal kann ich Ihnen in einigen Punkten beipflichten. Nicht JZ > einverstanden bin ich mit mit der Absolutheit Ihrer Feststellung, dass JZ > jegliche Rüstungsausgaben unnütz seien.
GW: Ich denke, dass Sie mir hier einen "absoluteren" Standpunkt unterstellen wollen, als ich ihn tatsächlich einnehme ... Die Abschaffung des Bundesheeres ist für mich kein Thema, doch das bedeutet nicht, dass ich diesen Verein
- so wie er ist - für nötig und sinnvoll erachte.
Ich stelle zB. nicht in Abrede, dass wir "Menschen in Bereitschaft" brauchen, die in Katastrophenfällen (Lawinen, Hochwasser, Brand, Erdbeben ... auch im Ausland / in Erwartung von Gegenseitigkeit) Dienst tun sollen, und diese Leute sollen dafür auch mit dem hierfür nötigen Gerät (bis hin zum Hubschrauber) ausgestattet sein. Ich will keine Bundesheer-Debatte führen, denn diese halte ich hier für fehl am Platze. Aber wichtig ist es hinzuweisen auf die uns zugedachte Rolle in der ULV, in der geistigen Verteidigung. Und diese definiere ich schwerpunktmäßig wesentlich anders als Militaristen. Ich finde es wichtig stets darauf aufzupassen, dass Österreich immer eine Demokratie bleibt, dass es unter dem Deckmäntelchen der ULV zu keiner Militarisierung der Gesellschaft kommt, damit nicht durch die Unachtsamkeit der Demokraten aus unserer Republik eine Miltärdiktatur werden kann. Wenn wir uns zB. die Geschichte der Türkei ansehen, dann werden Sie merken, dass derartige Sorgen nicht unberechtigt sind. Ich bin weit entfernt von einer Ideologie der Gewaltfreiheit im Sinne eines Pazifismus, wonach der ein Gutmensch ist, der keiner Fliege etwas zuleide tun kann. Diese scheinheilige Fassade wurde erzwungen durch die Gewissensprüfung vor Ableistung des Zivildienstes. Die redliche Argumentation von friedensbewegten Menschen läuft auf Gewaltarmut, Gewaltverzicht hinaus, solange berechtigte Anliegen auf anderen, auf friedlichen Wegen umgesetzt werden können. Gewaltanwendung darf demnach nur "ultima ratio" sein, niemals "prima ratio". Die Schule wäre ein wichtiges Lernfeld um zu erfahren, dass derjenige, der auf Gewalt verzichtet, deswegen nicht automatisch der Unterlegene ist. Ich finde, dass jeder Militäreinsatz (mit der Waffe) in einer demokratischen Gesellschaft einer sehr ernsthaften Diskussion bedarf. Aber ein solcher Einsatz kann auch nicht apriori ausgeschlossen sein.
JZ > Sie wissen so wie auch ich, dass die Rüstungsindustrie speziell in den USA JZ > ein florierender Wirtschaftszweig ist, der auch vieln Menschen Arbeit JZ > bietet. Auch mit Ihrer Kritik an der Anschaffung von Abfangjägern sollten JZ > Sie etwas praxisnäher sein. Es kann doch nicht Ihrer Vorstellung gerecht JZ > sein, dass wir den österreichischen Luftraum nicht gemäß unseres JZ > Staatsvertragens und der Verpflichtung zur Neutralität verteidigen. Oder JZ > wollen Sie den österreichischen Luftraum gegen Bezahlung von der NATO JZ > verteidigen lassen? Oder vielleicht von der neutralen Schweiz (die hätten JZ > übrigens die nötigen Kapazitäten), oder vielleicht von Tschechien, der JZ > Slowakei ,Ungarn oder Slowenien? Oder vergessen wir unseren Luftraum und JZ > damit die Neutralität?
GW: Ich erinnere Sie an ein Ergebnis der Studie der IG Metall zu den Militär- ausgaben. Obwohl die Studie mehr als 20 Jahre alt ist, so wird sich grundlegend nichts daran geändert haben. Rüstungsausgaben sind Kapitalvernichtung. Damit werden nur ganz wenige Arbeitsplätze geschaffen. Mit gleichem Geldbetrag schaffen Sie in anderen Bereichen ein Vielfaches an Arbeitsplätzen schaffen Werte, in der Rüstungsindustrie werden Güter erzeugt, um Leben zu ver- nichten. Gibt Ihnen das nicht zu denken? Ihr Neutralitätsverständnis beruht auf einem sehr grundlegenden Irrtum, denn in Wahrheit kann es doch nicht darum gehen, dass wir "unsere Rambos" auch in den Wolken plazieren können.
JZ > Vielleicht finden Sie noch eine andere Methode, die österreichische JZ >Tradition des Trittbrettfahrens - "im Ernstfall verteidigt uns sowieso die JZ > NATO"- möglichst kostensparend fort zu setzen.
GW: Lesen Sie doch bitte die Rede von Wladimir Putin, gehalten im vergangenen Herbst im deutschen Bundestag. Seither sollte doch ein jeder endgültig zur Kenntnis nehmen: "Die Zeiten des kalten Krieges sind vorbei." Alles andere ist Realitätsverweigerung. Aber im Sinne von mehr und besseren Erkenntnissen bin ich dafür, mehr zu investieren in die Friedensforschung, die Ansätze in Stadtschlaining deutlich auszuweiten und ein namhaftes österreichischen Friedensforschungs- Institut, vergleichbar SIPRI in Stockholm, zu schaffen.
mfG Günter Wittek
JZ > MfG
JZ > Josef Zwickl
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