Liebe Kolleginnen und Kollegen !
Der nachfolgende Artikel hat zwar nichts mit C-Töpfen und gar goeder Streitlust zu tun, trägt jedoch nach meinem Dafürhalten dazu bei, die Rahmenbedingungen unserer Diskusssionen zu beleuchten !

Erich Themmel


SPIEGEL ONLINE - 17. Februar 2002, 12:24
URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,182866,00.html
Jörg Haiders Politspielchen

Rückzug vom Rückzug

Erst ein Besuch bei dem irakischen Diktator Hussein, dann der spektakuläre Rückzug aus der Bundespolitik. Der österreichische FPÖ-Politiker Jörg Haider weiß, wie man Schlagzeilen macht. So recht glauben tut jedoch niemand an Haiders Rücktritt in die Provinz Kärnten und tatsächlich scheint Haider lediglich seine Macht ausbauen zu wollen.


EPA/DPA

Der Parteivorstand will am Sonntag über die Zukunft von Jörg Haider entscheiden - frelich nicht ohne den Kärntner zu fragen


Wien - Er konnte einem fast ein bisschen leid tun. Richtig angeschlagen und in Trachtenkleidung saß er da und machte ein trauriges Gesicht. Doch der FPÖ-Politiker und Kärntner Regierungschef Jörg Haider hatte am Freitag Wichtiges zu mitteilen: Wenige Tage nach seinem Besuch bei irakischen Saddam Hussein wolle er sich aus der Bundespolitik zurück ziehen, sagte er in den Hauptnachrichten. Und das sei endgültig, untermauerte er mit einem heimischen Sprichwort: "Was man wegwirft, hebt man nicht wieder auf."

Doch Jörg Haider wäre nicht Jörg Haider, wenn nicht auch bei diesem Manöver eher die Taktik und sein eigener Vorteil im Vordergrund gestanden hätten. Und so passierte dass, womit auch Haider rechnen konnte. In der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) ist ein Kampf um die Zukunft des schneidigen Kärntners ausgebrochen und die Truppen sammeln sich. Auf der einen Seite stehen diejenigen, die Haider endlich aus der Bundespolitik der FPÖ in der Regierungskoalition raus haben wollen, auf der anderen Seite Haiders Freunde und FPÖler, die ohne Haider nicht an gute Wahlergebnisse der Freiheitlichen glauben. Selbst die Parteichefin Susanne Riess-Passer, von Haider nach der Wahl installiert, kehrte von einer Dienstreise in den USA zurück, um die Causa Haider zu flicken.

Es geht nur um Haider selbst

Vor allem aber hat der Rechtspopulist mal wieder Eines erreicht: Er ist in aller Munde. Egal, wie der Streit ausgeht, hat Haider wieder einmal seine Qualitäten als einer bewahrt, der polarisieren kann und am Ende doch nur sein eigenes Schicksal im Auge hat. Und so glaubte schon am Freitag kaum jemand an einen wirklichen Rückzug des Politschauspielers Haider.

Hintergrund für die Streitigkeiten war der Alleingang Haiders in Sachen Irak-Besuch, wo er dem Diktator völlig überraschend die "Solidarität des österreichischen Volks" andiente. Nicht nur die USA-Regierung begriff die Geste als pure Provokation und schnaubte vor Wut. Auch in der FPÖ regte sich Kritik an Haider, von dem immer wieder vermutet wird, dass er von Kärnten aus die Geschicke der FPÖ-Minister in der Wiener Koalition fernsteuere. Besonders profilierte sich der FPÖ-Fraktionschef Peter Westenthaler in der Kritik, obwohl der bisher immer als politischer Ziehsohn von Jörg Haider galt. Westenthaler forderte jetzt offen ein Ende der Einmischung Haiders in die Bundesgeschicke der Partei, offenbar völlig frustriert von den Strategiespielchen des Kärntners Haider.

Krisensitzung am Sonntag


AFP/DPA

Die Solidaritätsbekundungen Haiders bei irakischen Diktator Saddam Hussein sorgten weltweit für Empörung - vor allem in den USA


Am Sonntag nun sollen die Brüche gekittet werden. Die Parteispitze inklusive Haider trifft sich in Wien, um die Lage zu erörtern. In der österreichischen Presse hatten am Wochenende schon wilde Gerüchte Hochkonjunktur. So wolle Haider eine Kärnten-FPÖ nach CSU-Vorbild, die dann unabhängig von der Bundespartei Politik machen könne, im Wiener Parlament aber eine Koalition mit der Bundes-FPÖ eingehe. Haider würde diese Gruppe leiten und so wieder ganz formal in Wien mitregieren. Er selbst forderte am Samstagabend, es müsse "Schluss sein mit dem Kasperltheater" und kündigte an, an der sonntäglichen Krisensitzung in Wien teilzunehmen.

Zuvor hatte es einen harten Schlagabtausch zwischen der Parteichefin Riess-Passer und Fraktionschef Westenthaler gegeben. Riess-Passer warf dem Fraktionschef in mehreren Interviews vor, sich auf Kosten Haiders in den Medien profiliert zu haben. "Es ist zutiefst verachtenswert, wenn jemand Haider kritisiert in dem Wissen, dass er damit in die Medien kommt", sagte sie. Angesichts der scharfen Worte der Parteichefin sagte Westenthaler, er rechne damit, nach der Vorstandssitzung am Sonntag seinen Hut nehmen zu müssen. Parteichefin Riess-Passer kündigte an, auf der Sitzung "Ordnung in der Partei" schaffen zu wollen. Wo in dieser Ordnung letztlich Jörg Haider steht, bleibt spannend.










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In SPIEGEL ONLINE: · Streit über Saddam-Besuch: Haider gibt auf
(15.02.2002)
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· Irak-Reise: Entsetzen über Haiders Besuch bei Saddam
(12.02.2002)
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