SZ 23 02 02

ZWISCHENFRAGE

Warum sind Schüler in Québec so gut, Frau Marois?


Kanada hat bei der Schulstudie Pisa sehr gut abgeschnitten, das französischsprachige Québec sogar noch besser als andere kanadische Provinzen. Anlässlich ihres Besuchs vor kurzem in Deutschland fragte Christian Jostmann die frühere Bildungsministerin Pauline Marois (Foto: privat), jetzt stellvertretende Premierministerin von Québec, nach den Gründen des Erfolgs.

SZ: Québecer Schüler können besonders gut lesen. Das ist überraschend, denn andere Länder wie etwa Luxemburg, wo man zweisprachig aufwächst, haben bei Pisa nicht so gut reüssierten. Wie erklären Sie den Erfolg?

Marois: Vor vierzig Jahren war Québec ein sehr rückständiges Land, kaum jemand ging zur Schule. In den sechziger Jahren wurden daraufhin große Anstrengungen unternommen, um aufzuholen. Seither investiert Québec mehr Geld in Bildung als die übrigen Provinzen. Es gibt einen gesellschaftlichen Konsens, dass wir unsere Sprache gegen die anglophone Mehrheit der Nordamerikaner schützen müssen. Darum wurde und wird sehr viel Wert auf guten Französisch-Unterricht gelegt. Heute ernten wir die Früchte dieser Bemühungen.

SZ: Sie haben als Bildungsministerin das Schulsystem reformiert?

Marois: Zunächst haben wir den Schwerpunkt wieder auf die wesentlichen Fächer gelegt, nämlich Mathematik, Sprachen, Naturwissenschaften und Geschichte. Für diese Fächer gibt es einen einheitlichen Lehrplan, und sie werden auch in landesweiten Tests geprüft. Dadurch schaffen wir Chancengleichheit und fördern zugleich den Wettbewerb. Ansonsten haben wir den Schulen bei den Nebenfächern und der Gewichtung des Stundenplans weitgehende Autonomie gewährt.

SZ: In Deutschland wird viel über Reformen diskutiert – es ist aber zu befürchten, dass wenig passieren wird. Wie sind sie vorgegangen?

Marois: Zunächst haben wir in „Generalständen der Bildung“ mit Lehrern, Eltern, Professoren, Gewerkschaftlern, Vertretern der Schulverwaltung, der Wirtschaft und der Erwachsenenbildung debattiert. Eine Kommission aus erfahrenen Lehrern und Professoren hat anschließend Reformvorschläge und Strategien für die Umsetzung gemacht. Schließlich hat das Bildungsministerium Arbeitsgruppen eingerichtet, um die Lehrer mit den neuen Lehrplänen vertraut zu machen. Beginnend mit der Vor- und Grundschule setzen wir die Reform schrittweise zu den oberen Klassen fort, denn es ist wenig sinnvoll, eine Klasse zu reformieren, wenn die vorhergehenden Stufen nicht auf das neue System vorbereitet sind. An den Schulen wachen außerdem Räte, in denen neben Lehrern, Schüler und Gemeindevertreter sitzen, darüber, dass die Umsetzung gut klappt.

SZ: Québec ist ein wichtiger IT-Standort in Nordamerika. Setzen Sie auch in der Schule auf moderne Technologien?

Marois: Vor fünf Jahren wurden in allen Grund- und weiter führenden Schulen Computer installiert. Wir haben spezielle Software für den Unterricht entwickelt und die Lehrer geschult. Außerdem vernetzen wir derzeit Schulen im ganzen Land, so dass alle Lehrer miteinander über das Internet kommunizieren können. Auch lassen wir uns die Fortbildung der Lehrer einiges kosten.



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