Dazu meine jüngsten Erfahrungen als (AHS-) Bildungsberater:

1. Beim Informationsabend für unsere drei 4. Klassen (= ca. 75 SchülerInnen) im letzten Dezember gab es ein all-time-low an BesucherInnen: drei(!) Elternpaare, eines davon mit Kind = SIEBEN Personen.
Zu diesem Zeitpunkt stand übrigens noch kein einziges aktuelles Exemplar des "ABC des berufsbildenden Schulwesens" in der aktuellen Ausgabe 2002 zur Verfügung - auch nicht auf dem Arbeitsamt, wo ich mich noch am Vormittag erkundigte. Diese Broschüre ist die Standard-Unterlage für die Viertklassler. Die Ausgabe 2002 ist übrigens bis jetzt (!) nicht erschienen - jedenfalls habe ich noch kein Stück davon gesehen. Vielleicht werden sie ja nachgeliefert, wenn die Anmeldungen an die berufsbildenden Schulen abgeschlossen sind.

2. Im Februar schickt uns die Wiener ÖH immer ein Beraterteam - wenn 50% der AchtklasslerInnen zu dieser zweistündigen Veranstaltung gehen, dann ist das schon ein Erfolg. (Ist wahrscheinlich mein Fehler, weil ich immer einen Nachmittagstermin buche, wo bestenfalls ein paar Stunden WPF ausfallen ... Möglicherweise gibt es auch Kollisonen mit Fahrschul-Terminen, wer weiß?)

3. Meine Gage als Bildungsberater beträgt neuerdings ca. 40% (!) von dem, was ich noch im letzten Schuljahr bekommen habe. Zwar ist allenthalben von den KV's die Rede, aber die wirklich großen Verlierer des BBG sind die Bildungsberater, weil die meisten zwei angerechnete Stunden hatten. Mein Nettoverlust aus diesem Titel alleine beträgt im laufenden Schuljahr fast ein Monatsgehalt, weil der "alte" BIB als Bestandteil der Lehrverpflichtung ja 14 x bezahlt wurde und nicht 10 x wie jetzt. Bis zu meiner Pensionierung in ca. 15 Jahren ist das ein Verlust in der Größenordnung von ATS 400.000.- (Für diesen Beitrag zum Nulldefizit würde ich mir zumindestens Dank und Anerkennung des Finanzministers erwarten, denn die sonstigen Einbußen trage ich ja auch noch mit.)

Erich Wallner


>
> diepresse.com/Archiv
> 23.02.2002 - Bildung
>
> Was kümmert's mich, was nachher ist?
>
> Matura ist kein Beruf - und dennoch stehen viele 18- und
> 19jährige nach der Reifeprüfung ohne weitergehende Jobvorstellungen
> da. Ein Erfahrungsbericht.
>
> VON KARIN PFANDLER
>
> Die Zeit läuft - der Countdown zu meiner Reifeprüfung. Doch
> besitze ich tatsächlich schon die mir abverlangte Reife? Wie kann ich
> zwischen Schularbeiten, mündlichen und schriftlichen Prüfungen ständig
> den Tag der Maturantenverabschiedung herbeisehnend, ein Leben nach der
> sanften Diktatur Gymnasium in Erwägung ziehen? Matura. Sechs simple
> Buchstaben, die acht Jahre lang das große Finale signalisieren, das
> mehr oder weniger emsig verfolgt, nun plötzlich vor einem steht.
> Etliche Schweißausbrüche, Blackouts und Verzweiflungsanfälle später
> wird alles auch schon wieder vorbei sein und Ratlosigkeit wird sich
> breitmachen. Die Frage: "Matura, was nun?" kann nicht mehr verdrängt
> werden, und spätestens im Herbst wird einem klar werden, daß man von
> all den Möglichkeiten und Berufswegen, die sich nun eröffnen, im
> Grunde genommen keine Ahnung hat. Der Lehrapparat zeichnet bei uns
> anscheinend nur dafür verantwortlich, die Schülerschaft mit Wissen zu
> versorgen. Auf individuelle Jobperspektiven, Wünsche, Fragen kann oder
> will nicht eingegangen werden, jeder hat anderes im Kopf, und Zeit ist
> schließlich Stoff. So kommt es, daß ein Großteil der Maturanten und
> Maturantinnen große Probleme hat, den Platz in der rauhen Arbeitswelt
> außerhalb der heiligen Schulhallen zu finden. Zur Passivität erzogen
> Als ein weiteres großes Problem sehe ich die Passivität, zu der wir
> Gymnasiasten erzogen werden. Eigeninitiative wird uns nicht
> beigebracht. Wenn wir einfach das "Soll" erfüllen und größtenteils
> anwesend sind, ist alles in Butter und das Zeugnis gerettet. Manche
> Lehrkräfte tragen ihren Sorgenkindern sämtliche Aufgaben sozusagen
> hinterher und betteln fast sprichwörtlich um deren Erfüllung. Daß ein
> solches Verhalten keine Eigeninitiative im späteren Berufsleben
> fördert, liegt auf der Hand. Auch permanentes "Zu-spät-Kommen" und
> Nachlässigkeit beim Besuchen des Nachmittagsunterrichtes werden
> toleriert, jedenfalls folgen keine ernsthaften Konsequenzen. Sicher
> gibt es Schüler, die im Glauben leben, daß dieser legere Lebensstil
> auch am Arbeitsplatz möglich sein wird. Der tatsächliche
> Konkurrenzkampf, der im Berufsleben herrscht, wird eine solche
> Einstellung aber nicht zulassen. Später wird niemand mehr an unseren
> guten Willen appellieren und freundlich bitten, doch etwas zu lernen
> oder dieses und jenes abzugeben. Wer als Berufstätiger im Job nicht
> Einsatz zeigt und sich fortbildet, sondern stets bloß die
> Mindestpflichten erfüllt, wird schnell den kürzeren ziehen. Deshalb
> sollte es keine Bildungslehranstalt verabsäumen, den Schülern
> praktisches Wissen beizubringen und zu Selbstständigkeit und
> Eigeninitiative zu erziehen. Denn wem nützt das beste Maturazeugnis,
> wenn er unfähig ist, sich im Berufsalltag gut zu verkaufen? Wenn diese
> Art von Bildung nicht ausreichend geschieht, sind frustrierte
> Maturanten und Maturantinnen die Folge, die zweitklassige Jobs
> annehmen, die weder ihrer Qualifikation noch ihren Interessen
> entsprechen. Ein stärkeres Orientieren am wirklichen Leben - besonders
> in der Oberstufe - ist das, was unser Schulsystem benötigt, um fähige,
> dynamische junge Menschen für die Berufswelt bestmöglich
> vorzubereiten. Damit diese ihr Wissen und ihre Fähigkeiten schließlich
> auch im Beruf ihrer Wahl umsetzen können, sollte auch vermehrt und
> schon in den Unterstufen über möglichst viele Berufszweige informiert
> werden. Vier Wochen Arbeitswelt Eine einmalige "Berufspraktische
> Woche" kann dies freilich nicht bieten, sondern lediglich Einblick in
> eine von vielen Möglichkeiten gewähren. Auch hier ist wieder
> Eigeninitiative verlangt, indem man sich Ferialjobs sucht, um
> wenigstens vier Wochen lang Teil der Arbeitswelt zu sein. Leider kann
> ich nicht beurteilen, wie an anderen Schulen mit dem Thema
> "Berufsinformation" umgegangen wird, an meiner jedenfalls wird es ganz
> nach dem Motto "Was kümmert's mich, was nachher ist?" - sowohl von
> Lehrern als auch von Schülern - gerne unter den Teppich gekehrt. Dabei
> finde ich, daß es von immenser Wichtigkeit ist, schon beim Einstieg
> ins Gymnasium die jeweiligen Stärken, Schwächen, Neigungen und Talente
> der Schüler zu erfassen, um sie dementsprechend fördern zu können. So
> wird auch schneller deutlich, wer sich für welche Tätigkeiten eignet,
> was stark dazu beiträgt, einen klaren Berufswunsch zu entwickeln. Erst
> dann macht es wirklich Sinn, mit Schülern diverse Messen,
> Ausstellungen oder auch Betriebe im Rahmen von Lehrausgängen zu
> besuchen. Schulpartnerschaften mit einigen Firmen sind ja meist zur
> Genüge vorhanden. Eine Schule wie meine, die größte AHS Österreichs,
> sollte ihre Schüler nicht im Regen stehen lassen, sondern bestmöglich
> (aus-)bilden. Wenn auch nicht jede Art von Bildung gelehrt werden kann
> - etwa der Umgang miteinander -, so sollte es doch Standard sein zu
> informieren, was nachher kommt und was wir daraus machen können.
>
> Die Autorin ist Schülerin einer achten Klasse des GRG XXI in
> Wien-Floridsdorf. © Die Presse | Wien
>
--
Diese Liste wird vom Computer Communications Club (http://www.ccc.at) betrieben. Um sich aus der Liste austragen zu lassen, senden Sie ein e-mail an majordomo@ccc.at mit dem Befehl "unsubscribe lehrerforum" im Nachrichtentext.