Oberstufenreform: Gewerkschaft will keinen Radikalumbau

Utl.: Jantschitsch: "Brauchen Evolution, nicht Revolution" - Kleinere
Klassen und mehr Zeit für Betreuung Schwächerer und Begabter =

Wien (APA) - Gegen einen Radikalumbau der Oberstufe spricht sich die AHS-Lehrergewerkschaft aus. "Wir brauchen eine Evolution, nicht eine Revolution", betonte der Vorsitzende der AHS-Sektion in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD), Helmut Jantschitsch, gegenüber der APA. Unbestritten sei, dass eine Weiterentwicklung und Flexibilisierung nötig ist - die derzeit kursierenden Wortmeldungen würden aber zu einer Verunsicherung der Schulpartner führen. Immerhin sei die Arbeit mit den bisherigen Reformen wie der Streichung der Abschlagstunde für Klassenvorstände immer schwieriger geworden.

Primär solle eine Oberstufenreform Freiräume schaffen, meinte Jantschitsch. Derzeit existiere eine Unmenge an Schulversuchen, weil jede kleinste Änderung der vorgeschriebenen Stundenpläne auf Grund der Starrheit der Systems einen solchen erfordere. Dies zeige, dass viele Schulen einen Bedarf sehen würden, in einem Bereich Schwerpunkte zu setzen - dies dürfe den Lehranstalten aber nicht aufgezwungen werden. "Viele Schulen werden sich für Schwerpunkte entscheiden, wenn sie dürfen, viele werden aber auch nichts ändern wollen. Warum soll zum Beispiel eine Privatschule, die ohnehin überrannt ist, unbedingt etwas anders machen?"

Vom Vorschlag der Wiener Vizebürgermeisterin Grete Laska (S), die Schulpflicht um bis zu vier Jahre zu verlängern und die verschiedenen Schultypen in ein modulares Ausbildungssystem zu überführen, hält Jantschitsch nichts: "Das ist ein fast tollpatschiger Versuch, über eine Einheits-Oberstufe eine Einheits-Unterstufe einzuführen." Die Dreiteilung der AHS in Gymnasium, Realgymnasium und Wirtschaftskundliches Realgymnasium - "ohnehin schon eine Art Schwerpunktsetzung" - sollte erhalten bleiben, die Gesamtstundenanzahl in der Oberstufe wie bisher 138 Stunden betragen.

Wirklich brauchen würde man in der Oberstufe hingegen kleinere Klassen und mehr zeitliche Ressourcen für die Betreuung von begabten wie schwächeren Schülern, betonte Jantschitsch. Es gebe nicht wenige AHS-Oberstufen-Klassen mit 28 oder 29 Schülern, im Fremdsprachenunterricht liege die Teilungszahl bei 25 Jugendlichen - "wie man da einen modernen Unterricht machen soll, muss mir erst einer vorhupfen", so der Englischlehrer.

Im Zuge einer Reform will Jantschitsch die Wahlfreiheit der Schüler bewahren. Als Größenordnung schwebt ihm dabei acht bis zwölf Stunden vor, die den Jugendlichen derzeit für die Wahlpflichtfächer zur Verfügung stehen. Einen Bereich sollten die Schüler überhaupt frei wählen können, so müsse etwa das Belegen von Musik auch in einer AHS mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt möglich sein, wenn die Kurs-Mindesteröffnungsanzahl von fünf Schülern erreicht werde.

Grundsätzlich will Jantschitsch auch die Konzeption der Matura beibehalten, bewährt habe sich dabei auch die Möglichkeit der Erstellung einer Fachbereichsarbeit. Bereinigt werden könnte aber die Vielzahl der Matura-Vorschriften. Außerdem müssten sich an jenen Schulen, die Schwerpunkte anbieten, diese auch in der Matura wiederfinden: "In einer AHS mit Informatik-Schwerpunkt in Religion, Philosophie, Deutsch und Biologie zu maturieren, das kann's nicht sein". Wenn sich ein Jugendlicher an einer Schule mit einem Schwerpunkt anmelde, "kaufe" er die entsprechende Matura dazu.

(Schluss) aku/lm

APA0239 2002-02-27/11:38

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