DER STANDARD
Mittwoch, 13. März 2002, Seite 36Kommentar

Schwierige Reform

Conrad Seidl

Genau genommen gibt es gar keine Pragmatisierung mehr. Als rechtlicher Begriff wurde sie schon 1979 abgeschafft, aber das besondere Rechtsverhältnis, das zwischen dem Staat und seinen Beamten herrscht, hat bisher noch jede Reform überdauert. Berufsbeamte haben einen Status, der anderen als Privileg gilt: Sie sind unversetzbar, unkündbar und haben ein im Wesentlichen von ihrer Leistung unabhängiges Einkommen. Die Kehrseite, dass dieses Einkommen während des Großteils der Aktivzeit eines Beamten lächerlich gering ist, bleibt dabei unberücksichtigt. Noch weniger bekannt ist, dass die Unkündbarkeit auch bedeutet, dass ein Beamter umgekehrt nicht das Recht hat, einfach zu kündigen - er ist dem Staat lebenslang verpflichtet. Ohne Hoheitsakt gibt es keinen Jobwechsel. Es sind aber diese Feinheiten, die eine Reform so schwierig machen. Was immer man im öffentlichen Dienst ändern will, kostet Geld - angesichts der großen Zahl von Betroffenen: sehr viel Geld. Natürlich kann man Zehntausenden öffentlich Bediensteten die beamtete Jobsicherheit durch höhere Vertragsbediensteten-Entgelte abkaufen; aber das kostet, zumindest in der Umstellungsphase. Natürlich kann man überzählige Beamte in Frühpension schicken - aber auch das ist eine volkswirtschaftlich ineffiziente (und angesichts des anderswo steigenden Pensionsalters erst recht als Privileg
empfundene) Lösung.
In diesem Klima werden demnächst Gehaltsverhandlungen beginnen - und man kann jetzt schon absehen, dass es dafür nicht allzu viel Sympathie geben wird. Das muss die Betroffenen besonders schmerzen - denn sie haben das Versagen des Staates bei der Verwaltungsreform jahrzehntelang beobachten können. Ausbaden sollen es jetzt nicht die unfähigen, selber längst pensionierten Politiker, sondern die kleinen Beamten.

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mgG
Ronald Eidenberger
Maria Hülf



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