PRESSE 13 03 02
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Beamte und andere Menschen
Ist die ganze Diskussion um die Pragmatisierung nur eine Nebelmaschine?
VON ANDREAS UNTERBERGER
Der Österreicher ist skeptisch: Er hört zwar mit Freude (sofern er nicht selbst davon profitiert), daß es jetzt der Pragmatisierung an den Kragen geht. Er zweifelt aber heftig, ob die ganze Diskussion mehr als eine Nebelmaschine ist.
Der Verdacht ist legitim. Das sieht man etwa am "Vorruhestand": Zu Hunderten werden Beamte lange vor dem Pensionsalter verabschiedet, besonders viele etwa beim Heer. Ginge es darum, die Zahl der aktiven Offiziere drastisch zu reduzieren, dann gäbe es ja bessere Möglichkeiten: Man läßt ein paar Jahrgänge der Militärakademie aus; man befördert die amtierenden Offiziere nicht in dem immer rascher gewordenen Tempo nach oben, wo man dann zuviele Spitzenoffiziere ohne Funktion hat. Jetzt werden mit hohen Ruhebezügen
Armee- und Korpskommandanten pensioniert, ihnen folgen andere Offiziere. Mit hohen Aktivbezügen.
In der normalen Wirtschaft - die ja den Laden finanzieren muß - sind Mitarbeiter einem ganz anderen Risiko ausgesetzt: Wenn der Betrieb zusperrt, wenn er Hunderte Mitarbeiter kündigen muß, so stehen diese auf der Straße. Gleichgültig wie "wohlerworben" ihre Rechte waren, wie ihre "Lebensplanung" ausgesehen hat, wie sehr das alles ein "Eingriff in bestehende Verhältnisse" ist.
Von der Gleichheit im Pensionssystem bis zur Gleichheit gegenüber den Risken des Lebens - daß also moralisch nur eine für alle gleiche Grundabsicherung aus Steuermitteln vertretbar ist: Eine ganze Menge solcher prinzipieller Fragen wird die österreichische Diskussion in den nächsten Jahren beherrschen. Und die Bürger werden sehr darauf zu achten haben, daß nicht alte Privilegien unter neuen Namen (etwa "Vertragsbedienstetenrecht" statt "Beamte" und "Pragmatisierung") weiterbestehen. Daß nicht parteipolitische Geschäfte den Kern der Reformversprechungen zunichte machen. Etwa nach dem durchsichtigen Motto: Wenn Blau Ausnahmen für die Exekutive erreicht, dann bekommt Schwarz Ausnahmen für die Lehrer.
Gute Beamte brauchen sehr gute Bezahlung. Diese Bezahlung sollte aber nach genau den gleichen Spielregeln erfolgen wie bei jedem anderen. Und nicht mit einer Fülle indirekter Benefizien.
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