13.03.2002 15 : 55 Uhr
Schwere Prüfung für die Lehrer
„Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit“, meinte einmal VP-Klubchef Andreas Khol und rechtfertigte so Meinungsumschwünge, die er im Laufe der Zeit vollzogen hatte.
Manchmal könnte man glauben, die Wahrheit wird nicht nur durch die Zeit, sondern auch vom Ort beeinflusst. So geschehen am Dienstag zum Thema Lehrer-Pragmatisierung. Im ORF-Radio machte sich Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) für eine Einschränkung der Pragmatisierung stark.
Der besondere Kündigungs- und Versetzungsschutz dürfe nur noch in jenen Bereichen angewendet werden, wo es ein „echtes Schutzbedürfnis“ gäbe. Würde die Pragmatisierung der Lehrer abgeschafft, störe ihn das nicht, gab der frühere Religionslehrer Pühringer zu Protokoll und stellte sich prompt gegen Beamten-Gewerkschaftschef Fritz Neugebauer.
Ratlos
Eine Aussage, die den stellvertretenden AHS-Lehrergewerkschaftschef Azevedo Weißmann ratlos hinterlässt. Er komme gerade vom Lehrertag in Linz, wo er Gegenteiliges von Pühringer zu hören bekommen habe, sagt er zum KURIER. Weißmann weiß jedenfalls, welche Meinung er selbst hat: Die Pragmatisierung für Lehrer sollte nicht fallen, weil diese Berufsgruppe oftmals Druck von innen und außen ausgesetzt sei.
Beispiel Volksschullehrer: Ihm seien Fälle zu Ohren gekommen, in denen Lehrerinnen, die über die AHS-Berechtigung ihrer Schützlinge entscheiden, von Eltern und dem Schulleiter zu einer positiven Erledigung gedrängt worden seien. „Besonders wenn die Eltern in höheren Positionen tätig sind, kann das unangenehm werden.“ – Die Pragmatisierung schütze den Pädagogen.
Ein weiterer Punkt pro Pragmatisierung sei, dass Lehrer auch Gutachter sind – immer dann, wenn sie ein Zeugnis ausstellen, das auch angefochten werden kann.
„Einzementieren“ wolle er sich aber in der Frage Pragmatisierung nicht: Keine Änderungen könne es für jene geben, die bereits im Lehrberuf stehen. Ob auch Neuzugänge die Möglichkeit haben müssen, pragmatisiert zu werden, sollte Thema von Verhandlungen sein.
Über Ankündigungen von Vizekanzlerin Riess-Passer („Weg mit der
Pragmatisierung“) regt sich Weißmann nicht auf: „Der FPÖ geht es vor allem um das Wort Pragmatisierung und eine geringfügige Änderung der Inhalte.“ Er und seine Kollegen könnten auch mit einem „besonderen Kündigungsschutz“ leben.
Christian Thonke (Kurier Printausgabe)
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