Lieber Kollege Wittek!<br>Was hat uns bisher gehindert, offen unsere Meinung auszusprechen? Ich glaube vielmehr, dass die geringe Kritikwilligkeit der Beamten daran liegt, dass vor allem (aber nicht nur) jene Personen die Beamtenlaufbahn einschlugen, die ein Höchstmaß an Absicherung (unkündbar, Versetzungsschutz) anstrebten. Die Leute in der Privatwirtschaft sind ohne diese Absicherung von ihrer Persönlichkeit her schon wesentlich mutiger. Ich denke daher nicht, dass diese Urangst mancher Beamten von oben herab provoziert wird sondern im Homo beamtiensis gelegen ist. Was soll uns denn passieren? MfG J.Zwickl<br>----- Original Message -----<br>From: "Günter Wittek" <guenter.wittek@chello.at><br>To: "Lehrerforum" <lehrerforum@ccc.at><br>Sent: Tuesday, March 12, 2002 10:32 PM<br>Subject: Re: LF: ORF: das Ende<br><br><br>><br>> Lieber Arnold Gritsch<br>><br>> Ich bin vermutlich mit dir einer Meinung, dass diese Abschaffung der <br>> Pragmatisierung ein weiterer Akt des Übermutes dieser Regierung ist, <br>> der signalisieren soll, dass sie mit uns machen kann, was sie will.<br>><br>> Aber war die Pragmatisierung jemals ein Schutz vor Maulkorberlässen? <br>> Gerade dieses besondere Naheverhältnis des Beamten zu seinem <br>> Brötchengeber war doch der Grund, warum so mühsame Diskussionen nötig <br>> schienen um die Frage zu klären, ob wir denn überhaupt streiken oder <br>> eine "andere Meinung kundtun" dürfen als unsere Obrigkeit.<br>><br>> Wenn die Politik nun von uns ablässt und uns in normale<br>Arbeitsverhältnisse<br>> entlässt, kann dies mitunter  - in unserer Mentalität - auch ein <br>> Gewinn<br>sein.<br>> Ich kann nicht nachvollziehen, dass Zivilcourage durch ein Dekret <br>> verliehen werden kann.  Wenn wir uns die Realität anschauen, dann ist <br>> Schule in Wahrheit doch längst zu einem puren Dienstleistungsbetrieb <br>> geworden, in dem die Eltern die eigentlichen Auftraggeber sind, die <br>> lediglich durch die staatliche Schulaufsicht ein wenig vernebelt <br>> worden ist.  Ich sehe den Tag nicht mehr so fern, da werden die <br>> Schuldirektoren in jedem Dorf vom Bürgermeister bestellt, aus der <br>> Gemeindekasse entlohnt, jedermann und jederfrau darf Wünsche <br>> herantragen, die Schule wird einfach zum Spielball aller, die sich als <br>> "pädagigisch kompetent" fühlen wollen.<br>><br>> Ich finde, dass mit dem Ende der Pragmatisierungen der Staat sich von <br>> jeder Verantwortung für das Bildungswesen freispielen möchte, wenn wir <br>> es konsequent weiterdenken, so wären nach diesem Modell überhaupt <br>> keine Eingriffe mehr nötig, die Schulpflicht stünde zur Disposition, <br>> man erwerbe nur irgendwelche Qualifikationen, der Markt wird schon <br>> regeln, ob es für derartig qualifizierte Personen Nachfrage gibt oder <br>> nicht.<br>><br>> Wenn wir als politisch denkende Menschen an die Sache herangehen, dann <br>> stellt sich allerdings die Frage, wem die Zerschlagung des bisherigen <br>> Schulsystems dient. Wer Ausbildungsschritte braucht, um als <br>> Lohnabhängiger später Einkommen zu erwerben, wird Qualifikationen <br>> vorweisen müssen. Wenn die Lohnabhängigen über weniger Ausbildung <br>> verfügen oder für diese selbst zur Kasse gebeten werden, so kann das <br>> nur zu einer Senkung des Lohnniveaus führen.<br>><br>> Hingegen werden diejenigen Nutzen aus dem System ziehen, die <br>> Tätigkeiten vollbringen wollen, für die es formal <br>> Zugangsberechtigungen geben wird,<br>die<br>> aber an die Teilnahme von Lehrgängen gebunden sind. Durch die Anhebung <br>> der Gebühren lässt sich der Zugang steuern, folglich werden nach ganz<br>einfacher<br>> Rechnung in absehbarer Zeit "Qualifikationen" käuflich erwerbbar sein. <br>> -<br>><br>> Und das soll ein Fortschritt sein?<br>><br>>      mit bangen Erwartungen<br>>     Günter Wittek<br>><br>><br>> ----- Original Message -----<br>> From: Arnold Gritsch<br>> To: Timo Davogg ; Lehrerforum<br>> Sent: Tuesday, March 12, 2002 6:01 PM<br>> Subject: Re: LF: ORF: Ende der Pragmatisierung für Lehrer<br>><br>><br>> Pühringer: " ... in der Demokratie nicht mehr angebracht!" Demokratie? <br>> Soll wohl heißen Parteiendemagogie! Und in einer solchen sollten <br>> unsere jüngeren KollegInnen sehr wohl geschützt sein vor <br>> Maulkorberlässen und vermehrten Versetzungen bei <br>> Obrigkeitsbeleidigungen! Wir Alten wussten diese Sicherheit zu <br>> schätzen und ließ uns 'zuvilcouragiert' auftreten!<br>><br>> Meint Arnold Gritsch<br>> Mitglied UBG<br>><br>> At 16:53 12.03.02 +0100, Timo Davogg wrote:<br>> ORF Oberösterreich 13 03 02<br>><br>> http://ooe.orf.at/oesterreich.orf?read=detail&channel=4&id=194889<br>><br>> Ende der Pragmatisierung für Lehrer<br>> Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer will den besonderen<br>> Kündigungs- und Versetzungsschutz nur mehr in jenen Bereichen <br>> anwenden, wo es ein "echtes Schutzbedürfnis" gibt.<br>><br>> In der ÖVP mehren sich die Stimmen bezüglich einer stärkeren <br>> Einschränkung der Pragmatisierung im öffentlichen Dienst. <br>> Landeshauptmann Josef<br>Pühringer<br>> hätte auch nichts dagegen, sie bei den Lehrern abzuschaffen, sofern es <br>> andere Anreize wie ein leistungsorientiertes System gebe. Die <br>> Pragmatisierung dürfe kein "Statussymbol" sein.<br>><br>><br>><br>><br>> --<br>> Diese Liste wird vom Computer Communications Club (http://www.ccc.at) <br>> betrieben. Um sich aus der Liste austragen zu lassen, senden Sie ein<br>e-mail<br>> an majordomo@ccc.at mit dem Befehl "unsubscribe lehrerforum" im <br>> Nachrichtentext.<br>><br><br><br>--<br>Diese Liste wird vom Computer Communications Club (http://www.ccc.at) betrieben. Um sich aus der Liste austragen zu lassen, senden Sie ein e-mail an majordomo@ccc.at mit dem Befehl "unsubscribe lehrerforum" im Nachrichtentext.<br>