Liebe Kolleginnen und Kollegen!
In mehreren LF-Mails wurde zuletzt die Frage angesprochen, ob bei der Oberstufenreform die Typen beibehalten werden sollen oder nicht. Bekanntlich hat sich die FCG für eine Beibehaltung der bestehenden Typen (Gymnasium, Realgymnasium, wirtschaftskundliches Realgymnasium,
Oberstufenrealgymnasium) bei gleichzeitiger Schaffung eines breiten Spielraums für die Schulautonomie ausgesprochen, wobei dieser Spielraum deutlich größer sein soll als in der Unterstufe.
Der Hauptgrund, warum die Typen beibehalten werden sollen, ist m.E.
folgender:
Falls wir z.B. die derzeitigen Typen durch ein Modell ersetzen würden, bei dem zunächst jeder Gegenstand, insbesondere natürlich jene, die bisher typenbildend waren, arg gekürzt wird und die dadurch frei werdenden Wochenstunden autonom zu vergeben wären, würde wohl an vielen Schulen ein Kampf um die Werteinheiten ausbrechen, bei dem die stärkste Lobby "Sieger" bliebe. Außerdem kann es durchaus vorkommen, dass sich der SGA nicht einigt. Für Entscheidungen im Rahmen der Schulautonomie brauchen wir nämlich die 2/3-Mehrheit in jeder Kurie. Eine Änderung dieser Bestimmung sollten wir uns nicht wünschen, denn sonst könnten die Eltern und Schüler die Lehrer auch in Fragen überstimmen, für die eindeutig wir Lehrer die Experten sind (z.B. schulautonome Lehrpläne). Wer entscheidet dann, wenn sich der SGA nicht einigt, wofür die autonom zu verteilenden Stunden verwendet werden? Der Direktor? Der LSR? Das sind alles Szenarien, die ich mir nicht wünsche. Und ein bisschen sollten wir auch an das nächste Sparpaket denken, das bestimmt kommen wird, unabhängig davon, wer an der Regierung ist. Wenn ein großer Teil der Stunden keinem bestimmten Gegenstand zugeordnet ist, könnte leicht jemand auf die Idee kommen, diese Stunden seien nicht wirklich notwendig und könnten gekürzt werden. Wir würden uns dann zu Recht über Bildungsabbau und Arbeitsplatzvernichtung empören, hätten aber sicher Probleme, unseren Standpunkt in den Medien so zu argumentieren, dass ihn die breite Öffentlichkeit versteht.
Wenn wir hingegen, wie es die FCG vorgeschlagen hat, die Typen beibehalten und breite Spielräume schaffen, Stunden autonom zu verschieben, vermeiden wir die Nachteile des obigen Modells: An jeder Schule wird über jene Änderungen diskutiert, die den Betroffenen sinnvoll erscheinen. Der Spielraum dafür soll ziemlich groß sein, damit sowohl jene Modelle, die sich bis jetzt in Schulversuchen bewährt haben, als auch neue Modelle möglich sind. Manche Schulen werden autonom mehr ändern wollen, andere weniger. Falls man sich im SGA nicht einigen kann, bleibt die Stundentafel so, wie sie derzeit im Lehrplan steht; jedenfalls entscheidet dann nicht irgendjemand über die Köpfe des SGA und somit auch der Lehrer hinweg. Falls irgendjemand Geld sparen will, indem er unsere Stunden kürzt, kann er nicht einfach einen Pool von frei verteilbaren Stunden (die man in der Öffentlichkeit leicht als nicht unbedingt nötige Stunden hinstellen
könnte) kürzen, sondern muss sagen, welche Gegenstände er kürzen will. Dagegen kann man dann von unserer Seite viel leichter argumentieren.
Wichtig erscheint mir zu betonen, dass die meisten Modelle, die bei Abschaffung der Typen möglich wären, auch bei Beibehaltung der Typen durch autonome Verschiebung der Stunden möglich sind. Die Typen erscheinen mir aber als Schwerpunktsetzungen (z.B. sprachlicher Schwerpunkt, mathematisch-naturwissenschaftlicher Schwerpunkt, ... [Aufzählung natürlich nicht vollständig]) durchaus sinnvoll.
Außerdem darf die Oberstufenreform nicht auf eine Strukturreform (Typen,
Stundentafel) beschränkt werden, sondern es muss auch Inhaltliches diskutiert werden. Der derzeit gültige allgemeine Teil des Lehrplans wurde für die Unterstufe und die Hauptschule, also für eine andere Altersgruppe geschrieben, gilt aber auch für die Oberstufe. Da werden sicherlich Ergänzungen notwendig sein, um der Oberstufe gerecht zu werden - von Vorbereitung auf ein Universitätsstudium merkt man derzeit im allgemeinen Teil des Lehrplans nicht viel. Zugleich müssen die Ideen des Lehrplans 2000 auch in die Fachlehrpläne der Oberstufe Eingang finden.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Friebel
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