Erich Ganspoeck schrieb
> Als gelehriger Leser im Lehrerforum weiß ich schon: der sichere
> Arbeitsplatz allein wertet die jahrelangen Reallohnverluste der Lehrer
> auf.
S.g. Kollege Ganspoeck!
Hier sind Sie, fürchte ich, dem Kollegen Adam auf den Leim gegangen, der in der Privatwirtschaft ein überdimensionales Konzentrationslager sieht. Unser sicherer Arbeitsplatz wurde immer schon durch einen massiven Gehaltsnachteil gegenüber der Privatwirtschaft ausgeglichen. Sie als Lehrer an einer Elektronik-HTL wissen das am besten, weil in Ihrem Lehrkörper gewiß auch Leute aus der Wirtschaft unterrichten.
Was in den letzten Jahren (auch schon unter Rot-Schwarz) geschehen ist - die von Ihnen apostrophierten Reallohnverluste - das hat nichts mehr mit einem Äquivalent für ein Beamtenprivileg zu tun (man kann nicht zweimal hintereinander mit derselben Karte stechen)
- das war reine Geldbeschaffung dort, wo es am leichtesten geht, weil erfahrungsgemäß kein Widerstand zu erwarten ist: spätestens seit der Pensions"reform" 1997, d.h. seit dem Wechsel Dohr > Neugebauer, ist die Beamtengewerkschaft eine Kundschaft der Regierung geworden (wen wundert's - Dohr war nie ÖVP-NR-Abgeordneter, Neugebauer schon).
Hätten wir eine etwas offensivere gewerkschaftliche Vertretung, dann würde sie ihren Mitgliedern nicht immer nur das Mantra vom sicheren Arbeitsplatz vorbeten. Es gibt nämlich nicht nur Lehrerprivilegien, sondern auch massive Nachteile im Lehrberuf:
1. So gut wie keine Aufstiegsmöglichkeiten. Ein Direktor und vielleicht 0.1 Landesschulinspektor pro Lehrkörper - und das war's dann schon. Jugendrotkreuzreferenten und Brandschutzbeauftragte zähle ich nicht. (Ach ja - bei Ihnen an den HTL's gibt es auch Fachvorstände - aber nicht an AHS und, glaube ich, auch nicht an anderen BHS.)
2. Man muß sich als Lehrer bereits mit 18 oder 19 Jahren an den präsumptiven Dienstgeber ketten - wer ein Lehramtsstudium beginnt, kann praktisch nichts anderes damit anfangen. Das ist so, als würde nur die Braut den Ehevertrag unterschreiben, der Bräutigam aber erst einige Jahre später - wenn er bis dahin keine andere gefunden hat.
3. Unsere 9 Wochen Ferien im Sommer + diverse andere, die von vielen Leuten als typisches Lehrerprivileg gesehen werden, sind in Wirklichkeit ein Nachteil, weil ja, wie man seit der - inzwischen geflissentlich verräumten - LAZ-Studie statistisch untermauert weiß, die Jahresarbeitszeit bei LehrerInnen sogar noch etwas höher als der Schnitt in der Privatwirtschaft liegt. Übrig bleibt also der Umstand, daß wir übers Jahr eine sehr ungleichmäßige Belastung haben - vor allem aber, daß wir uns nie dann Urlaub nehmen können, wenn WIR wollen, sondern stets die teuersten Hochsaison-Zeiten nehmen MÜSSEN.
Mir kommt vor, daß wir Lehrer schon so auf die Ferien konditioniert sind, daß uns das gar nicht mehr auffällt. Ich würde als Hobby-Schachspieler gern hin und wieder auf ein Turnier im Frühjahr oder Herbst fahren - bis zur Pensionierung kann ich mir das abschminken, und dann ist es mit der Spielstärke sowieso vorbei.
Abschließend noch ein Gesichtspunkt zu Ihrem Eingangs-Zitat: Wenn es wirklich so ist, daß JobUNsicherheit durch höhere Gehälter aufgewogen wird - wieso verdienen dann VertragslehrerInnen praktisch gleichviel wie pragmatisierte (bei - vorläufig noch - schlechterer Pension), und JunglehrerInnen deutlich am wenigsten?
MfG Erich Wallner
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