Herr Zangerl - Alfons, der Geläuterte?
(wer auch immer sich dahinter verbirgt)
Sie irren sich wieder einmal, wenn Sie meinen, dass das Christentum, sobald es sich mit der Staatsmacht eingelassen hat, für die Meinungsfreiheit eingetreten wäre. Das Gegenteil ist der Fall. Konziliare und demokratische Bewegungen waren den Kirchenoberen immer verdächtig, es ist nicht zu übersehen, wie Leute, die gegen die Staats- oder Kirchenräson, die anerkannte Lehre aufgetreten sind, zu Ketzern gestempelt und aus der Gemeinschaft ausgeschlossen (exkommuniziert) und um ihr Leben gebracht worden sind. Und da gibt es eine nicht zu übersehende Entwicklungslinie von den Anfängen bis in unsere Gegenwart, wo der "christlichen" Fraktion in der Gewerkschaft so etwas wie eigenständige, unabhängige Meinung, Meinungsfreiheit ein Fremdwort ist, aber Unterordnung unter die Fraktions- oder Staatsräson als vorbildliche "christliche" Tugend gilt. Oder ist ihnen der Spruch nicht bekannt, der lautet: "Rom hat gesprochen, die Sache ist entschieden". Ist Ihnen etwas bekannt von einem Unfehlbar- keitsdogma, und welcher Konfession ordnen Sie dieses zu? Das ist heute noch Realität, nicht irgendein weit zurückliegender Abschnitt der Geschichte. - Anderseits habe ich dagegen einen Einwand erhoben, aus der Religionskritik abzuleiten, dass spirituelle Empfindungen der Menschen nicht real wären. Ich sehe es so, dass die selbsternannten Hüter des Glaubens in Wahrheit alles daran setzen, um die Spiritualität der Menschen zu untergraben, ja es ist nicht verwunderlich, dass selbst Martin Luther schon den Papst als "den wahren Antichristen" bezeichnet hat. - Es ist im spirituellen Bereich wie im politischen Bereich: die "christlichen" Parteigänger sagen, dass wir nicht selber handeln dürfen, dass wir einen Vermittler brauchen, dass wir das alleine und ohne Hilfestellung nicht können. - Aus dieser Unmündigkeit gilt es herauszutreten, wenn wir unser ganzes (auch spirituelles) Wesen entfalten, dann haben wir, das haben Sie richtig verstanden, noch mehr (Christus-) Energie, nämlich die Fähigkeit, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.
Weil ich annehme, dass Sie Kautskys Schrift über das Christentum nicht kennen, mag ich es Ihnen erleichtern dort nachzulesen ... Die christliche Lehre, die aus solch widersprüchlichen Mosaiksteinen zusammengesetzt ist, hat es natürlich schwer, Meinungsfreiheit oder Glaubensfreiheit zuzulassen. Sie hatte es auch nicht leicht, aus einer Bewegung zur "Organisierung des Kommunismus" sich zu einer Gemeinschaft zur Organisierung der Ausbeutung der unterdrückten Klassen umzuwandeln. Die Grundzüge dieser Kritik sind nach wie vor sehr richtig.
mfG
Günter Wittek
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Karl Kautsky, Ursprung des Christentums (1900)
So völlig stimmte die ursprüngliche christliche Messiasidee mit dem Judentum ihrer Zeit überein, daß die Evangelien noch den größten Wert darauf legen, Jesu als Abkömmling Davids erscheinen zu lassen. Denn aus königlichem Stamme sollte nach jüdischer Auffassung der Messias sein. Immer wieder ist von ihm als "Sohn Davids" die Rede oder "Sohn Gottes", was im Jüdischen auf dasselbe hinauskommt. So läßt das zweite Buch Samuels (7, 14) Gott zu David sagen: "Ich will (deiner
Nachkommen) Vater und sie sollen meine Söhne sein."
Und im zweiten Psalm sagt der König:
"Jahve sprach zu mir: Du bist mein Sohn, ich habe dich
heute gezeugt."
Daher auch das Bedürfnis, Jesu Vater, Joseph, durch einen langen Stammbaum als Abkömmling Davids zu erweisen, und Jesus, den Nazarener, in Bethlehem, der Stadt Davids, geboren werden zu lassen. Um das plausibel zu machen, wurden die sonderbarsten Behauptungen aufgebracht. Schon eingangs haben wir auf die Erzählung des Lukas (2, 1 ff.) hingewiesen:
( ... )
Es gibt keine Religion ohne Widersprüche. Keine ist ausschließlich in einem Kopf durch einen bloß logischen Prozeß entsprungen, jede ist das Produkt mannigfacher gesellschaftlicher Einwirkungen, die sich oft durch Jahrhunderte hindurchziehen und die verschiedensten historischen Situationen widerspiegeln. Aber kaum eine andere Religion ist so reich an Widersprüchen und Ungereimtheiten, wie die christliche, weil kaum eine aus so schroffen Gegensätzen erwuchs wie sie: Das Christentum entwickelte sich vom Judentum zum Römertum, vom Proletariertum zur Weltherrschaft, von der Organisierung des Kommunismus zur Organisierung der Ausbeutung aller Klassen.
Indes die Vereinigung des Vaters und des Sohnes in einer einzigen Person war nicht die einzige Schwierigkeit, die aus dem Messiasbild für das christliche Denken erwuchs, sobald es unter den Einfluß des außerjüdischen Milieus geriet.
Was sollte man nun mit der Vaterschaft Josephs beginnen? Maria durfte doch nicht mehr Jesus von ihrem Gatten empfangen haben. Und da Gott nicht als Mensch, sondern als Geist sie begattet hatte, mußte sie Jungfrau geblieben sein. Damit ging die Abstammung Jesu von David flöten. Jedoch so groß ist die Kraft der Tradition in der Religion, daß trotz alledem der so schön konstruierte Stammbaum Josephs und die Bezeichnung Jesu als Sohn Davids getreu immer wieder überliefert wurde. Dem armen Joseph mußte aber jetzt die undankbare Rolle auferlegt werden, daß er mit der Jungfrau zusammenlebte, ohne ihre Jungfräulichkeit zu nahe zu treten, aber auch ohne an ihrer Schwangerschaft den geringsten Anstoß zu nehmen.
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alfons.zangerl@gmx.at meinte u.a.
Subject: LF: Meinungsfreiheit - Haderer
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Meinungsfreiheit ist ein sehr hohes Gut. Es ist sicher alles zu tun, um diese zu erhalten. Tendenzen in Richtung Abschaffung derselben (ich bin zuwenig informiert, ob es solche gibt - auch in bezug auf Herrn Haderers Buch) muß man entgegentreten. Wo ich die Geschichte von Herrn Fischbacher ein wenig unappetitlich finde, ist die Art und Weise, mit der man die Meinungsfreiheit mit Polemik gegen das Christentum verquickt. Wir müssen, finde ich, auch diesem Muster entgegentreten. (...) ein schönes Osterfest. MfG Alfons Zangerl
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