ORF Science 12 04 02, der gesamte Artikel unter
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Diskussion über Rücktrittsforderung an Gehrer
Die Proteste gegen die geplante Universitätsreform gipfeln nun in einer Rücktrittsaufforderung an Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP). In einer Resolution fordern die Lehrenden der Universität Graz sie "zum sofortigen Rücktritt auf, da es ihr nicht gelungen ist, einen sachkompetenten Entwurf vorzulegen". Während die ÖVP diese Rücktrittsaufforderung entschieden zurückweist, planen die Oppositionsparteien für kommende Woche parlamentarische Anfragen an die Bildungsministerin.
"Destruktive Rücktrittsaufforderungen unterlassen"
"Die Universitäten sollten ihre Vorschläge, Änderungswünsche und Ergänzungen in die Diskussion einbringen, provozierende, destruktive Rücktrittsaufforderungen jedoch unterlassen", erklärte ÖVP-Bildungssprecher Werner Amon heute (12.4.) in einer Aussendung. Für ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat sind die Forderungen nach Rücktritt Gehrers "sachlich nicht gerechtfertigt".
Breite Front der Ablehnung
Zuvor hatte die Dienststellen- und Betriebsversammlung der Uni-Lehrer an der Universität Graz ebendies gefordert. Abgelehnt wurde der Entwurf für ein neues Universitätsgesetz heute auch vom Senat der Universität Innsbruck sowie von der Dienststellenversammlung der Uni-Lehrer an der Technischen Universität (TU) Wien und der Universität Salzburg.
An allen drei Universitäten wird kritisiert, dass auf die zahlreichen vorgelegten Änderungs- und Verbesserungsvorschläge im Entwurf nicht eingegangen worden sei. Auf Grund der ihrer Ansicht nach gravierenden Mängel im Gesetzesentwurf befürchten die Uni-Lehrer an den drei Standorten eine Verminderung der Qualität der Universitäten.
Auch Rektoren gegen Entwurf
In dieser Woche hat auch die Österreichische Rektorenkonferenz (ÖRK) den Entwurf für ein neues Universitätsgesetz abgelehnt. Vorgelegt wurde ein umfassendes Forderungspaket.
Verpolitisierung der Universitäten befürchtet
Nach Ansicht der Grazer Uni-Lehrer geht der Entwurf "gänzlich an den Realitäten einer prinzipiell durchaus reformorientierten Universität vorbei". Das geplante Gesetz berge die eminente Gefahr einer Verpolitisierung der Universitäten, führe zu einer deutlichen Reduktion der Mitgestaltungsrechte der Uni-Angehörigen, bedrohe die Freiheit von Forschung und Lehre und demotiviere einen großen Teil der Universitätslehrer, heißt es in der Grazer Resolution.
Funktionsniederlegung als Protest?
Darin werden auch alle universitären Organe - vom Senat bis zu den Studienkommissionen - zum Protest gegen den Gesetzesentwurf aufgefordert. "Dies kann z.B. durch das Niederlegen von Funktionen in diesen Organen geschehen", heißt es.
Senat Innsbruck: "Gefährlicher Irrweg"
Der Senat der Uni Innsbruck zeigte sich in einer Sondersitzung auf Grund des Gesetzesentwurfes "sehr besorgt und hält die geplante Ausgliederung der Universitäten für einen gefährlichen Irrweg".
Als "besonders gravierend" erachtet der Senat, dass die abgestufte Mitverantwortung aller Universitätsangehörigen fehle, die Unis auf Grund des externen Uni-Rates deutlich stärker fremdbestimmt werden und die Zwangsausgliederung der Medizinischen Fakultät gegen den Willen nahezu aller dort Beschäftigten vorgesehen ist.
TU-Wien-Lehrer: "Neokonservatives Feudalsystem"
Für die Uni-Lehrer der TU Wien ist der Gesetzesentwurf in sich widersprüchlich und realitätsfremd. "Er spiegelt über weite Strecken bloß die Wünsche einer kleinen Gruppe von PolitikerInnen und deren BeraterInnen wider und ist ein Versuch, unter dem Deckmantel einer Reform ein Feudalsystem neokonservativer Prägung herzustellen", heißt es in der Resolution.
Die Rücknahme des Entwurfs für ein neues Universitätsgesetz sowie den Beginn einer konstruktiven Diskussion über die Autonomie der Universitäten fordert auch die Dienstellenversammlung der Universität Salzburg.
Geisteswissenschaften besonders betroffen?
Ziel der Reform sei es, so der Senatsvorsitzende der Uni Salzburg, Walter Pfeil, möglichst viele und möglichst stromlinienförmige Absolventen auf den Markt zu bringen. Forschung und Lehre dürften sich aber nicht ausschließlich an den Bedürfnissen der Wirtschaft orientieren. In so einer Situation wären stark geisteswissenschaftlich geprägte Universitäten wie Salzburg besonders betroffen, sagte Pfeil.
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