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From: SK-Team
Sent: Monday, April 15, 2002 3:11 PM
Subject: 2002-04-16 Universitätsreform: Gusenbauer und Niederwieser
präsentieren SPÖ-Konzept


SPÖ fordert Mitbestimmung sämtlicher Uni-Gruppen und Verminderung von Regierungseinfluss

Wien (SK) "Die SPÖ lehnt den Entwurf zum Universitätsgesetz 2002 von Bildungsministerin Gehrer ab", erklärte SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer am Montag in einer Pressekonferenz. Als Alternative präsentierte Gusenbauer gemeinsam mit dem SPÖ-Wissenschaftssprecher Erwin Niederwieser das SPÖ-Reformkonzept zur Universitätsorganisation, das die universitäre Mitbestimmung ebenso gewährleisten soll wie demokratische Selbstverwaltung und höhere Qualität in Lehre und Forschung; die Studiengebühren sollen abschafft werden. Gusenbauer: "Die von uns vorgeschlagene Struktur integriert sämtliche Interessen aller betroffenen Gruppen an den Universitäten und garantiert echte Autonomie anstatt die Erhöhung des autokratischen Einflusses der Bundesregierung." **

"Nur demokratische Selbstverwaltung garantiert echte Autonomie", unterstrich der SPÖ-Vorsitzende, "der vorliegende Regierungsentwurf zerstört jedoch die bestehende Selbstverwaltungsstruktur". Die universitäre Mitbestimmung sei genauso gefährdet wie die Qualität von Lehre und Forschung und die wissenschaftliche Ausbildung. Zusätzlich sei ein Kostenmehraufwand von 20 Prozent zu befürchten, was zu Zugangsbeschränkungen und zur Verminderung des Leistungsangebotes für die Studierenden führen könne.

Der Widerstand sämtlicher Uni-Gruppen zu der von Gehrer geplanten Uni-Reform werde immer größer, so Gusenbauer. "Wir haben das Prinzip der 'offenen Planung' sehr ernst genommen und alle Standpunkte jener von der Reform betroffenen Gruppen in unser Konzept einfließen lassen", betonte SPÖ-Wissenschaftssprecher Niederwieser. Im Gegensatz zur Bundesregierung gehe man in der SPÖ davon aus, dass "keine Reform ohne die betroffenen Uni-Angestellten und den Studierenden" gemacht werden könne.

Niederwieser erläuterte im folgenden die Eckpunkte des SPÖ-Konzepts. Zwei wesentliche Gremien sollen die Basis für das autonome Gestalten der Unis festlegen: Eine neu zu schaffende "Österreichische Hochschulkonferenz", in welcher VertreterInnen aller Universitäten, Hochschulen und Fachhoch- schulen die Entwicklungen im gesamten tertiären Bildungsbereich beraten, soll die längerfristigen Perspektiven für die Unis in Form eines Hochschul-Entwicklungs- planes fixieren und dem Parlament vorlegen. Dieses soll die langfristigen Entwicklungslinien für die Universitäten genehmigen. Auch soll der Vorschlag zur Budgetaufteilung von der Hochschulkonferenz kommen und nicht, wie dies der Regierungsentwurf vorsehe, "vom Bildungs- und Finanzministerium alleine ausgemacht werden", fügte Gusenbauer hinzu.

Der "Universitätsrat" soll im Gegensatz zum Standpunkt der Bildungsministerin gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen Rechung tragen und nicht nur jenen der Bundesregierung. Statt den im Regierungsentwurf vorgesehenen fünf sollen laut SPÖ-Entwurf elf Personen aus den Bereichen Uni-Lehrerschaft, ÖH, Absolventen, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretung, Bundesministerium, Bundesland und Forschung auf breiter Ebene die Interessen der Universität in Form von Ausschreibung des Rektorenpostens und Genehmigung des Budgetplans formulieren. Im Regierungsentwurf sei der Uni-Rat als "Zentrum des parteipolitischen Zugriffs" konzipiert, während das SPÖ-Konzept dem Uni-Rat die Kompetenzen eines "Aufsichtsrats" zuerkenne.

Während die wesentlichen Aufgaben des "Rektorats" gemäß SPÖ-Entwurf darin bestehen, das Amt der Universität zu leiten und den Abschluss der Leistungsvereinbarungen zu vollziehen, soll der "Senat" die Organisationsstruktur und den Entwicklungsplan festlegen sowie den/die RektorIn und seine StellvetreterInnen wählen. Im Unterschied zum Regierungsentwurf sollen Leitungsfunktionen innerhalb der Universitäten nicht nur von ProfessorInnen, sondern von allen "qualifizierten Personen" besetzt werden können.

Unterhalb des Senats soll es ebenso entscheidungsbefugte Gremien geben, deren Anzahl und Inhalt jedoch den Unis überlassen bleiben sollen. "Die einzige Vorgabe die wir hiezu geben wollen ist, dass alle relevanten Gruppierungen in diesen Gremien vertreten und deren Mitbestimmung gewährleistet sein müssen", erklärte Niederwieser.

Während der Regierungsentwurf "eine Provokation" für alle betroffenen Gruppen darstelle, so Niederwieser, habe die SPÖ nun "ein überlegtes und wirksames Programm" vorgelegt. "Die von der Ministerin oft zitierten 'Weltklasse-Unis' sind nur dann möglich, wenn man die Interessen aller betroffenen Gruppen miteinbezieht", unterstrich Niederwieser und fügte
hinzu: "Schön wäre es, wenn die Regierung auch Weltklasse wäre und nicht, so wie das jetzt der Fall ist, bloß Regionalliga".

Gusenbauer geht davon aus, dass die Regierung nicht bei ihrem Entwurf bleiben könne. Er betonte, dass sich die SPÖ eine Klage beim Verfassungsgerichtshof vorbehalte, "wenn eine Prüfung des dann vorgelegten Entwurfs ergibt, dass wesentliche Verletzungen der Verfassung vorliegen". Der SPÖ-Vorsitzende befürchtet jedoch aufgrund der Art und Weise, wie die Regierung bisher mit der Uni-Reform umgegangen ist, dass jene "nicht sehr bedacht darauf ist, genaue Arbeit zu leisten". Es sei nämlich geplant, das Universitätsgesetz 2002 im parlamentarischen Kurzverfahren und nur mit zwei Unterausschusssitzungen durchzuziehen. Aufgrund dieser "Drüberfahrmentalität" der Bildungsministerin sei zu erwarten, "dass viele Unebenheiten" in dieser Materie zurückbleiben werden.

Abschließend betonte Niederwieser, dass die Bereiche Wissenschaft und Forschung grundsätzlich einen höheren Anteil am Staatsbudget zuerkannt bekommen müssten. "Mit gleichbleibenden Budgets ist keine Reform machbar", so Niederwieser. Gusenbauer verwies auf eine Dringliche Anfrage im Nationalrat am kommenden Mittwoch, in welcher die SPÖ die "Einwände der betroffenen Gruppen in den parlamentarischen Diskurs" einbringen werde.





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