Anbei die Einschatzung der Steuerinitiative zum
Sozialstaatsvolksbegehren sowie Vorschlage, wie man
weitermachen soll.
Grasser hat mit seinen Ausfuhrungen die Pensionisten und
die Lehrer betreffend auch uns Lehrer gezeigt, dass an der
Steuerfrage kein Weg vorbei fuhrt - auch fur uns Lehrer
nicht! Wir sind gut beraten, ihn ernst zu nehmen.
Gerhard Kohlmaier
www.steuerini.at
Wer den Sozialstaat will, muss seine Finanzierung sichern!
Das Volksbegehren fur den Sozialstaat brachte einen
gewissen Erfolg. Das Thema „Sozialstaat“ wurde auf die
innenpolitische Buhne gestellt und ein Netzwerk seiner
Verteidiger wurde aufgebaut. Darin besteht der Erfolg.
Es hatte jedoch in seiner Umsetzung auch einen
strategischen Mangel: Weder in seiner Formulierung noch in
seiner Umsetzung hat das Volksbegehren auf den Kern des
Sozialstaates, die Umverteilung, gezielt.
Aber die Geschaftsgrundlage des Sozialstaates ist die
Umverteilung durch eine entsprechende Steuer- und
Abgabenpolitik. Weil diese Tatsache nicht ins Zentrum des
Volksbegehrens gestellt wurde, konnten die Anhanger des
Neoliberalismus die Kampagne taktisch leichter ins Leere
laufen lassen. Die Diskussion wurde mit der Formel „Wir
sind alle fur den Sozialstaat“ auf kleinerer Flamme
gehalten. Es gibt in Osterreich keinen Politiker, der
offentlich gegen den Sozialstaat spricht.
Das Versaumnis der InitiatorInnen benutzen die neoliberalen
Politiker nun zu einem strategischen Gegenschlag. Ihr Motto
lautet: Der sozialste Staat ist der mit den niedrigsten
Steuern und Abgaben. Finanzminister Grasser will die Steuer- und Abgabenquote bis 2010 um rund 6 Prozentpunkte auf 40
Prozent senken. Verschiedene Einsparungen sollen das
ermoglichen.
Unser Thema „Sozialstaat“ wird von ihm aufgegriffen und mit
populistischer Argumentation einer neoliberalen Verwertung
zugefuhrt. Allen BurgerInnen soll durch Steuersenkungen
mehr Geld in der Tasche bleiben. Das kann wahr sein. Doch
der populistisch erzeugte Rauch der Steuerverdrossenheit
soll die Kosten dahinter verbergen. Wer zahlt die Rechnung
fur den plotzlich so genugsam gewordenen Finanzminister?
Es verlieren alle BurgerInnen mehr als sie jetzt bekommen
sollen durch zukunftig niedrigere Pensionen. Sie verlieren
mehr auf Grund des geringeren Bundeszuschusses, des
geringeren Arbeitgeberbeitrages sowie auf Grund der
erhohten Kosten fur private Pensionsfonds.
Es zahlen dann alle BurgerInnen mehr als sie jetzt
bekommen sollen, sobald sie krank werden oder fur die
Ausbildung ihrer Kinder. Denn wieder fehlen
Arbeitgeberbeitrage und die Umverteilungswirkung durch die
hohere Besteuerung von gro?en Unternehmen.
Die Lehrer, Beamten und Eisenbahner bezahlen die
Steuersenkungen unter anderem mit kunftig niedrigerer
Lohnentwicklung durch die Senkung der Bundeszuschusse.
Den Arbeitslosen und sozial Bedurftigen bleibt geringere
Unterstutzung fur die so in Aussicht gestellten
Steuererleichterungen.
Der Staat selbst schwacht seine zukunftige Finanzkraft
durch die Privatisierung von offentlichen Beteiligungen,
die dann keine Gewinne mehr an die Staatskasse abliefern.
Der Trick in der neoliberalen Argumentation wird deutlich:
Die BurgerInnen erhalten die ersparten Steuern und Abgaben
bar auf die Hand. Die sozialen Aufwendungen kommen
irgendwann spater. Aber sie kommen sicher. Unter dem Strich
erfolgt somit eine Umverteilung von unten nach oben. Von
einer allgemeinen Senkung der Steuer- und Abgabenquote
profitieren die Unternehmen und Wohlhabenden am meisten.
Sie ersparen sich hohere Steuern und die soziale
Unterstutzung brauchen sie nicht. Aber ihre Abgaben und
hoheren Steuern fehlen dann zur Umverteilung. Die
neoliberalen Politiker brauchen nicht gegen den Sozialstaat
zu argumentieren, sie erreichen ihr Ziel, indem sie ihn
finanziell aushungern. In ihrem „nachhaltig sanierten
Sozialstaat“ bezahlen sich die kleinen Leute die
Sozialleistungen selbst.
Wer einen sozialen Staat haben will, muss die Umverteilung
von oben nach unten ins Zentrum seiner Politik stellen. Die
Steuer- und Abgabenquote muss so gestaltet werden, dass die
notwendigen finanziellen Mittel fur soziale und
gesellschaftliche Aufgaben vorhanden sind. Angesichts eines
jahrlich steigenden Bruttoinlandsproduktes ist das objektiv
moglich.
Wir brauchen vor allem auch die Einfuhrung einer
Wertschopfungsabgabe. Durch die Einbeziehung der
wesentlichen betriebswirtschaftlichen Kennziffern erfasst
sie den tatsachlichen Gewinn besser, belohnt
steuerpolitisch die Schaffung von Arbeitsplatzen und
entlastet trotzdem die meisten kleinen Betriebe.
Durch die Einfuhrung von Okosteuern bei sozialem
Ausgleich soll die notwendige Umgestaltung der Wirtschaft
vorangetrieben werden.
Eine Tobinsteuer wird kurzfristige Finanzspekulationen
behindern und das Kapital vermehrt in den produktiven
Sektor lenken.
Das Begehren des Volkes, den Sozialstaat in der Verfassung
zu verankern, ist berechtigt, aber es reicht nicht aus, ihn
zu sichern. Wir mussen weiter gehen: vom Begehren des
Volkes an das Parlament zur Abstimmung durch das Volk, mit
der die finanziellen Grundlagen eines sozialen Staates
gesichert werden.
www.steuerini.at
Impressum: Gerhard und Hans Kohlmaier, Doeltergasse 5/4/7,
1220 Wien, gerkohl@yahoo.com
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