Sg. Kollege Friebel,
danke für Ihre umfangreiche Antwort. Diese zusammen mit den Handreichungen der ÖPU, die in meiner Schule aushängen, ergeben nun für mich ein klareres, allerdings nicht positiveres Bild.
Sie, Kollege Friebel, schreiben Folgendes:
"Ein neuer Lehrplan wird vermutlich notwendig sein, wenn man die Autonomie in der Oberstufe einführen will: Wenn man einem Gegenstand Stunden wegnehmen kann, muss man einen Kernbereich vereinbaren, der auf jeden Fall unterrichtet werden muss. Es darf ja nicht passieren, dass ein Schüler, der die Schule wechselt (etwa weil die Familie den Wohnsitz wechselt), in der neuen Schule scheitert, nur weil ihm die Grundlagen, die er dort braucht, nie vermittelt worden sind."
So, wie Sie hier ein mögliches Modell OS NEU beschreiben, wäre ich völlig
einverstanden: EINEM Gegenstand StundEN "wegzunehmen" und dabei gleichzeitig einen verbindlichen Kernbereich zu definieren, das wäre eine Idee, der sicher viele nahe treten könnten. Also etwa 3/2/2/2 Stunden Deutsch für sprachlich wenig Interessierte, die sich etwa naturwissenschaftlich profilieren, und 3/2/2/2 Stunden Mathematik für die Musisch-Kreativen-Fremdsprachenfreaks. Dieses Fundamentum wäre mit genau festzulegenden Kerninhalten zu beschreiben über Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wissen, über die nach diesem BasisMODUL, sollte der jeweilige Jahrgang positiv abgeschlossen werden, verfügt werden muss. Deutsch beispielsweise diesseits von Lautverschiebungsregeln, Iphigenie, Traklinterpretationen und Kafka-Zugängen, Mathematik etwa diesseits von Integral und Differential und vielem, was ich zum Glück schon verdrängt habe und von dem ich nicht möchte, dass ich es zusammen mit meinem sprachbegabten, aber mathematikschwachen Sohn, sollte der in der AHS bleiben, wieder aufarbeiten muss. Dieses persönliche Beispiel möge über den Anlassfall aber doch auch folgendes
zeigen: viele der SchülerInnen, die nach der 4. Klasse die AHS verlassen, wechseln nicht deshalb an die BHS, weil sie schlechte oder leistungsunwillige oder -unfähige junge Menschen sind, sondern weil sie, wie ich absolut nachvollziehen kann, im Fall einer gröberen Schwäche in einem Kulturbereich, gezwungen werden, 60, 70 Prozent ihrer Energien in einen Gegenstandsbereich zu stecken, in dem sie dann mit Müh' und Not positiv abschneiden. Dem hätte mit einem Kernbereichs-Modulsystem gegengesteuert werden können. Hätte.
ABER: So steht's ja nicht im ÖPU-Entwurf: Für's RG jedenfalls gibt es keinen einzigen Gegenstand, dem StundEN abgezwackt werden - EINE Stunde im Verlauf der gesamten Oberstufe ist das Höchste der Gefühle. Und die Definition "KERNbereich" für etwa Deutsch 11 Stunden oder Mathematik mit 14 bzw. analog zur Unterstufe ERWEITERUNGSbereich mit 12 bzw. 15 Stunden deckt sich mit meiner Definition von KERN in keiner Weise, übrigens auch nicht mit der
(quantitativen) Definition im Lehrplan der US, dessen Fortführung in der OS ja versprochen wurde.
Mit einem Wort: diese OS "Neu" wurde nach dem Motto "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass" kunktatorisch und mit dem Augenmaß dessen, der zu Boden blickt, von der ÖPU abgesteckt und wird per Verordnung unter Umgehung der parlamentarischen Diskussion implementiert werden. Schade, ich hatte in diesem Fall wirklich das Gefühl, dass alle Parteien zu einer Diskussion bereit gewesen wären.
Die Frage ist nun natürlich auch, wie lange sich dieser verordnete Entwurf OS "Neu" wird halten können. In der Handreichung der ÖPU lese ich, dass die OS"N" 2004/05, also nach den nächsten Wahlen, greifen wird. Und Verordnungen können, anders als beschlossene Schulgesetze, leicht wieder zurückgenommen werden...
Schade, dass die Chance einer wirklichen Erneuerung der AHS-Oberstufe verpasst wird.
Grüße sendet
Timo Davogg
(25 04 16h50)
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