Als ich in der jüngsten Nummer der "ahs aktuell" (dem "schwerpunktthema oberstufenreform"
gewidmet) auf Seite 10 unter dem Titel "SPÖ will Kurssystem und mehr Überfachlichkeit" die entsprechenden Aussagen von SPÖ-Bildungssprecher Antoni las, erschien mir einiges davon wie ein aufgelegter Elfmeter fürs Lehrerforum.

Als ich weiter blätterte, wurde mir bald klar, daß schon ein anderer zur Exekution des Strafstoßes angetreten war.
Auf den Seiten 11 - 12 zerpflückt Koll. Schüpany ("Zentralausschuß und langjähriges
SPÖ-Mitglied") insbesondere die Antoni-Idee des Modul- und Kurssystems, weil
1. es zu erwarten sei, daß viele SchülerInnen den Weg des geringsten Widerstandes gehen würden, also Fächer wie Chemie, Physik und Mathematik meiden würden 2. gravierende Auswirkungen auf die Lehrerbeschäftigung zu befürchten seien - ein Chemielehrer etwa würde einfach nicht mehr nachgefragt werden, falls er sich nicht niveaumäßig und notenmäßig prostituiere 3. im Zusammenhang mit der Abschaffung der Pragmatisierung "Taglöhnerei" drohe 4. Koll. Schüpany aus einigen Jahren eigener Erfahrung als Lehrer in Frankreich (wo es in den beiden letzten Klassen eine "ungeheure Spezialisierung auf gewisse Fächer und Kurse"
gäbe) wisse, daß dort ein Hochschulzugang nach der Matura zu ALLEN Fächern durch die Spezialisierung praktisch nicht möglich sei.

Nach dieser Zusammenfassung aus meiner Feder noch zwei Schüpany-Zitate:

"Mir als altem Sozialdemokraten tut es fürchterlich weh, wenn man seit Jahren immer und immer wieder mit allen Mitteln ein System umbringen will, das ... trotz aller Mängel immer noch weitaus besser funktioniert als fast alle anderen Systeme in der Europäischen Union."

"...man sollte seitens der Bildungsexperten meiner Fraktion endlich einmal aufhören, jahrelang das Bild der armen, von LehrerInnen gequälten, schulisch überforderten und überarbeiteten SchülerInnen an die Wand zu malen, und vor allem endlich einmal zur Kenntnis nehmen, dass die 68er-Jahre und deren Ideologie in der heutigen Zeit einfach nicht mehr die Bedeutung haben, die sie zu ihrer Zeit - vielfach berechtigt - hatten."

In der nämlichen April-Nummer der "ahs aktuell" findet sich auch auf Seite 9 unter der Rubrik "Aus dem FA Wien" (signiert Wolfgang Meidl / Toni Lehner) der Satz: "Ich glaube jeder Schultyp sollte sich auf seine Stärken besinnen und es wäre falsch, eine neue AHS-Oberstufe unter dem Gesichtspunkt der "besseren BHS" formen zu wollen. Eine nur mit dem Mäntelchen "Kurssystem" geschönte AHS würde sehr bald durchschaut werden und dann beginnen die Probleme von vorne. Ob man da beim Kunden glaubwürdig erscheint, ist fraglich. Wer einmal eine Mogelpackung gekauft hat, wechselt sicher die Marke. Wir stehen dafür ein, dass das, was draufsteht, auch drin sein muss!"




Ich habe dieses Posting verfaßt, um zu zeigen:

1. Die von Koll. Ursula Uhlmann (am Montag um 22:32) geforderte öffentliche inhaltliche Diskussion über die Oberstufe Neu findet mancherorts doch statt 2. Es gibt auch noch Orte, wo soviel Diskussionskultur herrscht, daß man der offiziellen Parteimeinung widerspricht.

Mit Interesse sehe ich Hinweisen von ÖPU-Seite entgegen, wo diese beiden Punkte auch dort verwirklicht sind.
Mir sind keine Diskussionsbeiträge von ÖPU-FunktionärInnen zu den auf der ÖPU-Homepage publizierten Grundlagen der Oberstufe Neu bekannt - und schon gar keine kritischen. Ich weiß nicht einmal, ob es sich dabei bloß um ÖPU-Ideen oder bereits um einen Gesetzesentwurf handelt.

MfG Erich Wallner
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