S.g. Koll. Ferdl Tschabrun

Diese Stellungnahme eines sozialdemokratischen Funktionärs und Gewerkschafters ist überaus beschämend und zeigt auf, dass hier von ideologischer Standfestigkeit und Grundsatztreue wohl nicht die Rede sein kann. Eher ist anzunehmen, dass die Mitschuld am eigenen Versagen, an der Verschlechterung unserer Situation über Jahre hinweg nun durch eine derart hilflose und feige Aktion, die den streikenden Kollegen in den Rücken fällt, weggewischt werden soll. Gerade weil die Situation seit Jahren bekannt ist, muss auch mal ein Termin genannt werden, wo Gespräche in Gang gebracht werden. Wenn eine Frist von mehr als 14 Tagen nicht ausreichend sein soll, um einen Gesprächstermin zu vereinbaren und abzumachen, dass über unsere Anliegen ernsthaft gesprochen wird, ja bitte, glauben denn diese Gesprächspartner, dass man Lehrer papierln kann? - Dann verstehen Sie nur die Sprache starker Kampfmittel.

Es ist übrigens unrichtig, wenn Sie einen eintägigen WARNSTREIK als das stärkste gewerkschaftliche Kampfmittel hinstellen. Ich hoffe doch, dass sie nachvollziehen können, dass der unbefristete Streik unser stärkstes Kampfmittel ist. Und als Sozialdemokrat haben Sie Illusionen, dass mit dieser Regierung zu verhandeln wäre, wenn da nicht entsprechender Druck dahinter stünde? - Daher finde ich, dass es richtig und konsequent ist, mit diesem eintägigen Warnstreik aufzuzeigen, dass man Lehrerforderungen ernst nehmen muss. Und gerade deswegen halte ich es für die gemeinsame Sache schlecht, wenn hier gegen einen Streik Stimmung gemacht wird mit unhaltbaren Begründungen.

Sie berufen sich auf Forderungen des Bildungsvolksbegehrens, aber haben Sie registriert, dass dies alles von der Mehrheit im Parlament vom Tisch gewischt worden ist. Sie wollen Verbesserungen für die gesamte Lehrerschaft erreichen und fordern Solidarität, na gut, aber dann hätte diese Stellungnahme ganz anders ausfallen müssen! Weil Solidarität ist mal keine Einbahnstraße! Und wer ist den daran schuld, dass es vor etwa einem Jahr zur Gründung der UBG gekommen ist, wenn nicht das Versagen der fcg-Mehrheit in der GÖD. Das jetzt als Separatismus darzustellen, das entbehrt wohl jeder Realität.

Ist aus "alten Zeiten" vielleicht noch etwas in Erinnerung geblieben, etwa von Bert Brecht: Wer in Stich lässt seinesgleichen, lässt ja nur sich selbst im Stich ... Reih dich ein in die Lehrer-Einheitsfront, weil du auch ein Lehrer bist ...

Wie wäre es, darüber gerade heut am 1.Mai nachzudenken.

Freundschaftliche Grüße
Günter Wittek


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Sent: Wednesday, May 01, 2002 1:05 AM
Subject: LF: Re: Solidarität mit streikenden KollegInnen

Die Stellungnahme der FSG ist nun zwar mehr als eine Woche alt, wurde aber in den Medien kaum oder nur bruchstückhaft zitiert. Das ungekürzte Papier sei hier dem Lehrerforum zur Verfügung gestellt - damit der Informationsstand ein wenig ausgewogener wird.

Ferdl Tschabrun
FSG-Vorsitzender der APS-Lehrer Vorarlberg


FSG lehnt den Lehrerstreik ab

Die "Unabhängige Bildungsgewerkschaft" hat zu einem Warnstreik am 2. Mai 2002 aufgerufen, weil sie auf ihre Forderungen von der Regierung keine Stellungnahme innerhalb der von ihr ultimativ gesetzten Frist erhalten hat. Die sozialdemokratischen und unabhängigen Vertreter in der Pflichtschullehrergewerkschaft lehnen diesen Streikaufruf ab und appellieren an die Lehrer, an diesem "Streik" aus folgenden Gründen nicht teilzunehmen:

1. Der Streik ist das letzte und stärkste Mittel, über das die Gewerkschaft verfügt und würde hier bereits im Vorfeld von Auseinandersetzungen mit der Regierung taktisch unklug eingesetzt. Der Anlass rechtfertigt einen Streikaufruf in keiner Weise und lässt jedes Augenmaß vermissen. Den Interessen der Lehrer wird damit nicht gedient. Es ist zu befürchten, dass mit einem Streik aus diesen Gründen und zum denkbar unpassendsten Zeitpunkt dem Ansehen der Lehrer mehr Schaden zugefügt wird als Nutzen zu erwarten ist.

2. Die Gründe für den am 2. Mai geplanten Streik sind teils utopische Gehaltsforderungen (30 % in 3 Jahren), dzt. unrealistische Forderungen nach Gesetzesänderungen (Rücknahme LDG neu, das in der Erprobungsphase ist) sowie die Forderung nach einem neuen Gehaltsschema, das ohnehin in Ausarbeitung ist. Die Senkung der Klassenschülerhöchstzahl wurde schon in einem "Bildungsvolksbegehren" gefordert.

3. Die gewerkschaftliche Vertretung der Pflichtschullehrer ist österreichweit nicht die UBG, in der weniger als ein Prozent der Lehrer organisiert sind, sondern die Gewerkschaft der Pflichtschullehrer, die allein von der Regierung als Verhandlungspartner akzeptiert wird und in der die überwiegende Mehrheit der Pflichtschullehrer Österreichs organisiert ist.

4. Die Zusage des Landes, die "Pflichtschulanpassungen" aufzufangen und dafür heuer 1 Mio. Euro aufzuwenden, entzieht dem Streikaufruf zusätzlich den Boden. Ein "Vorarlberger Streik" um die Bundesregierung in die Knie zu zwingen, ist - gelinde gesagt - doch etwas vermessen.

5. Auch wir sind äußerst besorgt über die Kürzungen im Bildungsbereich, die zu einer weiteren Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und der Bildungsqualität führen, und ärgern uns ebenso über die Verschlechterung der Lage der Lehrer. Doch ein Streik zum jetzigen Zeitpunkt ist vergeudete Energie und dient lediglich der UBG als Legitimation vor ihren unzufriedenen Mitgliedern.

Um die sich bereits am Horizont abzeichnenden weiteren Angriffe der Bundesregierung auf das Bildungssystem abzuwehren, sind aber Einigkeit und Solidarität notwendig. Die Lehrer in der UBG haben die gewerkschaftliche Solidarität aufgekündigt und einen separatistischen und aussichtslosen Weg beschritten. Damit wird die Verhandlungsposition der Lehrerschaft empfindlich geschwächt. Es gilt jetzt Augenmaß zu bewahren und alle Kräfte dahingehend einzusetzen, die Arbeitsbedingungen und soziale Lage der Lehrer zu verbessern.


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Sent: Wednesday, May 01, 2002 12:15 AM
Subject: LF: Solidarität mit streikenden KollegInnen

> BRG 18, 30.4.2002
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> An die
> Streikenden Vorarlberger KollegInnen der AHS, APS und BMHS z.h.
> Elisabeth Lechner, Vorsitzende der Unabhängigen Bildungsgewerkschaft
> elisabeth.lechner@bildungsgewerkschaft.at
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