Presse 05 05 02
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"Geschichte Österreichs unverzichtbar"
Politische Bildung statt Geschichte: Die FPÖ läuft Sturm gegen den neuen Lehrplanentwurf .
WIEN (ewi). Nun hat sich die FPÖ eingeschaltet: FP-Jugendsprecher Rüdiger Schender hat ein Gespräch über die beabsichtigten neuen Geschichtslehrpläne verlangt. "Der Lehrplanentwurf ist für uns nicht akzeptabel", sagt er im Gespräch mit der "Presse". Der Ministeriumstermin soll in dieser Woche stattfinden.
Entwürfe für Lehrpläne werden zur Begutachtung ausgesandt, die Lehrpläne werden dann aber per Ministerverordnung (und ohne Einigung im Ministerrat) in Kraft gesetzt. Also von VP-Ministerin Elisabeth Gehrer. Der Koalitionspartner FPÖ verfügt damit über keinerlei Mitsprache - es sei denn, diese Verordnung wird zu einer wichtigen Koalitionsmaterie erklärt. Deshalb hat Schender auch seinen Verhandlungstermin erhalten.
Die Kürzung des Geschichtsfachs in der AHS-Oberstufe hat heftige Proteste hervorgerufen ("Die Presse" berichtete). Die Arbeitsgemeinschaft der AHS-Geschichtslehrer war in die Lehrplanarbeiten nicht eingebunden, sie fühlte sich überfahren. Geschichte-Sprecher Georg Lobner führt die Reform auf ein "Modediktat" im Bildungsministerium zurück: "Die Entrümpelung ist beliebt."
Nicht nur konservative Pädagogen laufen gegen die Kürzung der Geschichte Sturm, auch der Stadtschulrat Wien kritisiert im Begutachtungsverfahren den vorgesehenen Lehrplan: Der gesamte historische Ablauf sei weiterhin wichtig, "eine kontinuierliche Betrachtung des Werdens des Staates Österreich nach wie vor unverzichtbar". Und die Ausführungen zur Politischen Bildung müßten konkretisiert werden. In diesem Zusammenhang wird vor der Gefahr gewarnt, "daß seitens der Lehrer unzulässiger Weise eigene Meinungen und Werthaltungen unreflektiert dargestellt werden".
Überhastetes Vorgehen?
Dabei wendet sich die Wiener Schulbehörde nicht gegen die Politische Bildung. Aber diese könne auch in der fünften und sechsten AHS-Klasse im normalen Geschichtsunterricht einfließen. Zudem sollte man die Österreich-Geschichte nicht völlig aus der siebenten und achten Klasse verbannen. Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl spricht sich generell gegen ein überhastetes Vorgehen aus. Es sei zielführender, so Brandsteidl, den gesamten Fächerkanon zu überdenken und neu zu ordnen.
Der Hinweis des Leiters der Abteilung Politische Bildung im Ministerium, daß nämlich Geschichte schon in der Unterstufe unterrichtet werde, ergrimmt die Lehrer. Vor 30 Jahren wurde Geschichte in der ersten AHS-Klasse gestrichen, zum Ausgleich aber in der zweiten Klasse eine dritte Stunde eingeführt. Diese dritte Stunde wurde aber 1997 wiederum eliminiert.
Das Ministerium macht jetzt Druck. Obwohl die Lehrpläne noch nicht erlassen sind, sollen die Schulbuchverlage schon Mitte Juni die neuen Schulbücher dem Ministerium vorlegen. Dazu FP-Mann Rüdiger Schender: "Bei den Lehrplänen ist sicher das letzte Wort noch nicht gesprochen."
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