(Ein weiterer Beitrag zu dem hier oft diskutierten Thema "... lechts und rinks kann man nicht velwechsern...", T.D.)

http://www.fr-aktuell.de/fr/index.htm 08 05 02

Bobbies auf dem Schulhof, Eltern auf der Straße

Tony Blair vergrätzt seine Partei mit drastischen Plänen im "Krieg gegen den Barbarismus"

Von Peter Nonnenmacher (London)

Wenn es nach Tony Blair geht, werden an Englands Schulen und in englischen Familien künftig andere Saiten aufgezogen. Die wachsende Jugendkriminalität, meint der Premier, verlange "radikale Maßnahmen". Misstrauisch verfolgt Blairs Partei die Pläne, die scheibchenweise an die Öffentlichkeit dringen: Mit einer Politik der harten Hand, glauben die meisten Labour-Politiker, lasse sich das Problem nicht lösen.

Blair, der vor seiner Wahl zum Labour-Chef vor acht Jahren innenpolitischer Sprecher seiner Partei war und schon damals mit Law-and-Order-Parolen den Konservativen den Wind aus den Segeln nahm, will sich vom Zaudern der Basis nicht beirren lassen. Angesichts zunehmender Besorgnis in der Bevölkerung über die Jugendkriminalität und unter dem Eindruck des gesamt-europäischen Rechtsrucks der jüngsten Zeit ist der Regierungschef entschlossen, dieses Terrain keineswegs der Rechten zu überlassen.

So ließ der Premier seine Bildungsministerin Estelle Morris vor ein paar Tagen verkünden, dass die Regierung plane, in rund 400 englischen Schulen Polizeibeamte zu stationieren. Gedacht ist an Stadtteile, in denen Schulschwänzen, Rowdytum und Jugendkriminalität besonders schlimme Formen angenommen haben: Die Anwesenheit der Uniformierten soll Kindern und Jugendlichen helfen, ein "positiveres Verhältnis" zur Polizei zu gewinnen.

Wiewohl Morris darauf beharrte, es gehe keineswegs darum, "Polizisten in Schulkorridoren auf Patrouillengänge zu schicken", ist der Plan auf große Resonanz gestoßen. Die britischen Lehrerverbände haben ihn grundsätzlich begrüßt, während Eltern und liberal gesonnene Bürger Vorbehalte angemeldet haben.

Noch größere Unruhe löste Blairs zweiter Plan aus, der vorsieht, dass den Eltern minderjähriger Gesetzesbrecher nicht nur das Kindergeld gestrichen, sondern auch - in gewissen Fällen - die Sozialwohnung entzogen werden soll: Die bösen Kleinen und ihre Geschwister müssten in solchen Fällen ins Heim wandern, wo ihnen ohnehin eine bessere Erziehung zuteil werde.

Gekoppelt mit einem dritten Plan - rasche Aburteilung junger Wiederholungstäter durch Sondergerichte - will Blair in den sozialen Krisengebieten des Königreichs für mehr Ruhe und Ordnung sorgen. Im "Krieg gegen den Barbarismus" müsse man eben "bei den Rädelsführern ein Exempel statuieren", erklärte einer der Berater Blairs, der Abgeordnete und "Sozialingenieur" Frank Field. "Wenn Leute Nutzen aus dem Staat ziehen wollen, sind sie dem Staat auch verantwortungsbewusstes Handeln schuldig", so Blair.

Indes scheinen nicht allzu viele Labour-Leute die Blair-Pläne für verantwortungsbewusst zu halten. Der Entzug des Kindergeldes etwa sei gegenüber mittellosen Familien "geradezu unmoralisch", erregt sich Ex-Labour-Vize Roy Hattersley. Die könne nur eine Folge haben: dass Familien das Geld für Heizung oder Essen vorzeitig ausgehe. Die Abgeordnete Alice Mahon betonte, die "idiotische Idee" habe in der Fraktion "keine Chance". Noch sei keine Entscheidung gefallen, besänftigte Arbeitsminister Alistair Darling. Es handle sich "nur um eine Möglichkeit", sagte Vize-Premier John
Prescott: Einstweilen will keiner der Minister Blairs mit dem Vorstoß des Chefs identifiziert werden.



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