Die Bedeutung der Entscheidung Stemers, keine Sanktionen für Streibeteiligung zu setzen
Die vom Dienstgeber den LehrerInnen für den Fall der Streikbeteiligung beim Vorarlberger Lehrerstreik angedrohten dienstrechtlichen Sanktionen haben sich, wie schon gestern auch im LF dargelegt wurde, samt und sonders in Luft aufgelöst. Nach eingehenden juristischen Prüfungen hat der Landesrat für Bildung, Siegi Stemer, entschieden: Es wird keine dienstrechtlichen Sanktionen geben - nicht einmal einen kompletten Gehaltsentfall für den Streiktag, wie ihn die Bildungsgewerkschaft als Möglichkeit gesehen hat - geschweige denn eine Nicht-Verlängerung von Verträgen oder Kündigungen oder gar strafrechtliche Konsequenzen (siehe Neugebauer-Brief). Lediglich die Bezahlung der Überstunden entfällt für alle, die keinen Unterricht gehalten haben - Streikende oder KollegInnen, denen der Unterricht streikbedingt entfiel (auch wenn sie sich nicht am Streik beteiligten).
Was ist die Bedeutung dieser Stemerschen Entscheidung?
* Die Auffassung, dass ein Streik illegal, wild etc. sei, weil er nicht von der GÖD organisiert ist (diese Auffassung vertraten die "Rechtsexperten" von zwei Ministerien sowie Neugebauer himself), ist damit auf dem Misthaufen der Geschichte gelandet. Die Position der Unabhängigen Bildungsgewerkschaft (wie auch vor einem Jahr schon der Vorarlberger Plattform "Gemeinsam sind wir stark"), dass auch ein anderes Kollektiv außer einer ÖGB-Gewerkschaft, wenn es eine gewisse Repräsentanz und berechtigte Anliegen (etwa Abwendung von Verlusten) hat, streiken darf, ist somit bestätigt worden. Die Unabhängige Bildungsgewerkschaft hat sich das Streikrecht erkämpft. Das Monopol des ÖGB - in unserem Fall der GÖD - auf Streik, das Neugebauer nochmals in seinem niederträchtigen Schreiben an den Vorarlberger Landesrat für Bildung, Stemer, verteidigt hat, ist damit ausgehebelt.
* Die Rechtsauffassung der zwei "Rechtsexperten" der Ministerien für Bildung und für öffentliche Angelegenheiten, auf die sich der Dienstgeber im Vorfeld des Streiks bei seiner Androhung von dienstrechtlichen Sanktionen berufen hat (und auch die GÖD-Spitze bei ihrem Ruf nach "Information" über Sanktionen!), hat sich als so windig wie die Blätter herausgestellt, auf denen diese Sanktionen angedroht wurden und die den KollegInnen vor dem Streik in die Fächer geflattert sind.
Die streikbereiten KollegInnen waren gut beraten, sich von solchen Drohungen nicht einschüchtern zu lassen, und werden gut daran tun, das auch in Zukunft nicht zu tun. Der Präzedenzfall ist geschaffen!
Der Streik hat gezeigt: Ob der Dienstgeber Sanktionen setzt, hängt von der Anzahl der Streikbeteiligten ab. Je breiter die Streikbeteiligung, desto mehr schreckt der Dienstgeber vor Sanktionen zurück - "Gefahr" der erneuten Solidarisierung! Diese Auffassung der Unabhängigen Bildungsgewerkschaft (und früher der Plattform), die die Kollegenschaft bereits gut kannte und teilte, hat sich als goldrichtig erwiesen.
* Die KollegInnen können gegen Verschlechterungen und für Verbesserungen auch mit dem Mittel des Streiks kämpfen - auch ohne Organisation oder Genehmigung der höchsten GÖD-Gremiums -, ohne große Sanktionen befürchten zu müssen. Das hat wohl auch Gültigkeit für Arbeiter und Angestellte anderer Branchen - in diesem Fall dann in Bezug auf die höchsten Gremien einer anderen ÖGB-Gewerkschaft.
Robert Sutterlütti, Unabhängige Bildungsgewerkschaft