--- Original Message ---
From: Josef Zwickl

Es gab vor langer Zeit sogar einen Kanzler, der feststellte, als 1,3 Mio Bürger (-innen) ein VB unterschrieben, dass wohl der Rest anderer Meinung sein müsse. Und damit basta! Solche Zustände haben wir ja Gott sei Dank heute eh nicht mehr (keine Absolute!!!), aber der Erwartungshorizont sollte trotzdem nicht zu hoch gelegt werden. MfG Josef Zwickl


Lieber Kollege Zwickl
ich finde es einfach geschmacklos, wenn sie ihre historischen Erinnerungslücken so ausleben, dass Sie Bruno Kreisky "vergehrern" ...

(1) Am Beispiel Kongresszentrum-UNO-City hat die ÖVP genau das getan, was Sie heute verurteilen, nämlich einen Probegalopp für eine bevorstehende Nationalratswahl veranstaltet, um die Mobilisierungsfähigkeit zu testen.

(2) Die Anliegen der Unterzeichner wurden insofern ernst genommen, als die Republik Anstrengungen unternommen hat, um einen bis dahin nicht gekannten Kongress-Tourismus aufzubauen, und zwar mit nachhaltigem Erfolg.

(3) Sie scheinen vergessen zu haben, dass Wien zur dritten UNO-Stadt geworden ist am Höhepunkt der Ost-West-Konfrontation. Es gab damals Militärstrategen, die meinten, ein Atomkrieg sei führbar, einen Ronald Reagan, der vor laufendem Mikrofon sprechprobte, die SU wäre das Reich des Bösen. Olympia in Moskau wurde boykottiert. usw. In dieser weltpolitischen Situation ging es nicht nur um ein Konferenzzentrum, sondern es ging um die glaubwürdige Gestaltung einer aktiven Neutralitätspolitik. Wenn andere Staaten für eine militärische Konfrontation gerüstet haben, so hat Kreisky als Friedenspolitiker die Notwendigkeit erkannt, für den Fall einer unbedachten Eskalation des Ost-West-Konfliktes immer noch einen Ort zur Verfügung zu haben, wo friedensstiftende Gespräche an einem UNO-Ort geführt werden können. Wien kam dafür natürlich eher in Betracht als New York oder Genf (im damals Noch-nicht UNO-Mitgliedsland Schweiz).

Diese Hintergründe hat die Regierung Kreisky den ÖsterreicherInnen gründlich erklärt und sich auch nicht gescheut, die aktive Neutralitätspolitik als Antwort auf das Volksbegehren in den darauffolgenden Wahlkampf einzubringen, und logischerweise ist dieses Vorgehen von den WählerInnen mit einer neuerlichen absoluten Mehrheit belohnt worden.

Ganz im Gegensatz zu ihrer These war damals nicht Überheblichkeit, sondern politische Verantwortung die moralische Grundlage des Handelns. Ich hoffe, dass Sie dies nachvollziehen können.

Schönen Abend wünscht
Günter Wittek




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