erich.ganspoeck@sbg.at schreibt:
>Wie unsere informellen Tests zeigen, die wir bei den neuen Schülern in
>den ersten Wochen durchführen, sind Noten leider wirklich kein Hinweis
>auf das tatsächliche Können.

ich weiß um die problematik der ziffernbenotung ausreichend bescheid, habe ich mich doch lange und intensiv damit befasst. empfehle u.a. das buch "leistungsbeurteilung in den schulen - notwendigkeit oder übel" von rudolf weiss, der für dieses buch über 1.800 titel, abhandlungen und untersuchungen verarbeitet hat. wenn noten keinen hinweis auf das tatsächliche können geben (worüber wir offenbar einig sind), dann gilt das nicht nur für die AHS unterstufe oder die hauptschule, sondern natürlich auch für benotungen in einer BHS. die problematik von ziffernbenotungen wird auch an der BHS bestehen und problemanalysen werden wohl auch für die BHS gestattet sein. wobei ich die notenproblematik am ende der problemkette sehe. die schwierigkeiten beginnen ja bereits damit, wie stoff vermittelt wird.

> Welche bessere und gerechtere Methode
>empfehlen Sie aber unserem SGA, wenn Sie z.B. an der Informatikabteilung
>nur 50% der Bewerber aufnehmen können?

genau!
die begrenzte aufnahmefähigkeit scheint mir das wahre problem zu sein und nicht die unfähigkeit oder faulheit von schülerInnen. so ist mir ein fall bekannt, wo der bub mit mehreren "nicht genügend" das erste jahr in EDV nicht überlebte und dann in hoch- und tiefbau (einem deutlich weniger überlaufenen ausbildungszweig) vorzugsschüler war. also an seiner grundsätzlichen intelligenz kann's nicht gelegen sein. Das SchOG besagt: § 4. (1) Die öffentlichen Schulen sind allgemein ohne Unterschied der Geburt, des Geschlechtes, der Rasse, des Standes, der Klasse, der Sprache und des Bekenntnisses zugänglich.

genau genommen müsste hier noch eingefügt werden, dass es auch keinem schüler/keiner schülerin verwehrt werden sollten, von der ausbildung seiner/ihrer wahl ausgeschlossen werden zu können, nur weil der staat nicht bereit ist, die entsprechenden ressourcen zur verfügung zu stellen und schülerInnen wegen überfüllung einfach auch "rausgeprüft" werden.
>
>Vor allen Dingen können Sie bei dieser Bezahlung und dem Image nur
>selten Fachleute finden, die ihren bisherigen Job aufgeben und als
>Lehrer tätig sein wollen.

also bitte. die schülerInnen können Sie die versäumnisse in der bildungspolitik und unserer gewerkschaft oder unserer politikerInnen aber nicht ausbaden lassen. die jugend kann ja wohl am allerwenigsten dafür.
>
>Die 5er fliegen deshalb, weil die Schüler es nicht gewohnt sind, ein
>Thema wirklich konsequent zu lernen (z.B. Grundlagen der
>Elektrotechnik), dadurch überfordert sind,

ich bin VS-lehrerin. ich kann das schriftliche dividieren in einer weise erklären (oder eben nicht erklären), dass mit garantie 50% der schülerInnen in weiterer folge "überfordert" sind. so kann ich auch in anderen fächern vorgehen und jede menge "versager" produzieren.
das will und darf ich aber auch gar nicht. gibt es in einer BHS einen anderen beruflichen anspruch?

> von zu Hause keine Unterstützung erhalten können (die Eltern können
>weder abprüfen noch bei Beispielen mitarbeiten, da dies eben ein
>Spezialstoff ist)

das finde ich eben ungeheuerlich. sollen eltern tatsächlich lehr- und bildungsaufgaben übernehmen? wozu benötigen wir dann lehrerInnen?
neuen stoff verständlich zu vermitteln ist aufgabe der lehrerInnen! um an mein obiges beispiel anzuknüpfen: ich kann ja auch nicht sagen, ich erkläre den kindern einmal den vorgang des schriftlichen dividierens (oder auch gar nicht, weil's eh im buch steht) und wenn den kindern das zu wenig ist, dann sollen ihnen eben die eltern dividieren beibringen.
>
>Das Hauptproblem liegt meiner Meinung nach darin, dass viele Schüler
>mit
>völlig falschen Anschauungen und Voraussetzungen in die BHS kommen.

wie ich in meinem mail mitteilte, gibt es kurioserweise eben keine probleme mit den berufsspezifischen fächern, sondern mit jenen, die das kind schon vorher hatte: deutsch, englisch, physik ... und in diesen fächern aber vorher gut war.
>
>
>Eine Frage habe ich aber schon an Sie: wieso drängen eigentlich die
>Schüler in diese überfüllten, brutalen, hinauswerfenden BHS? Es gibt
>einerseits viel mehr AHS

na ganz einfach. weil der berufswunsch die wahl der entsprechenden schule vorgibt. ist das so schwer zu verstehen?

>andererseits entnehme ich Ihren Worten, dass die AHS für die Schüler
>viel angenehmer
bitte zitieren Sie diese meine worte!
Sie werden sie nicht finden.
da ist wohl Ihre phantasie mit Ihnen durchgegangen.
>
>wie sich die
>Schülerzahlen in den AHS rapide nach oben schrauben!)

rapide nach oben schrauben können sich die zahlen nur durch weitere einsparungen, denn auch die höheren schulen werden in einigen jahren den massiven geburtenrückgang zu spüren bekommen. wir in der grundschule merken es halt viel früher.
>
>Ich darf Sie beruhigen: die meisten unserer Abbrecher werden
>qualifizierte Lehrlinge und dann Facharbeiter . Von denen haben wir in
>Österreich VIEL zu wenig.

tja, das argument höre ich auch immer wieder. nur lebe ich z.b. in einer region in der es nahezu KEINE lehrplätze gibt.
es ist auch kein geheimnis, dass betriebe immer weniger bereit sind auszubilden, aber natürlich nach qualifizierten fachkräften schreien.
die berufsbildenden höheren schulen können nur begrenzt ausbilden, lehrplätze gibt's keine (aktuell stehen österreichweit 9000 lehrstellensuchenden nur 3.600 lehrplätze gegenüber). ja wo bitte sollen dann die facharbeiter herkommen???

welche perspektiven bieten wir jugendlichen eigentlich? die höheren schulen sagen: geh lernen. die wirtschaft sagt: keine lehrplätze. was wir jugendlichen bieten ist hoffnungslosigkeit. so schaut's aus.


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