SZ 25 05 02

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Ringen um Konsequenzen aus der Pisa-Studie

„Grundschulen stärker fördern“

Ministerin Bulmahn: Es wird zu viel Wert auf Gymnasien gelegt

Von Fabian Leber

Berlin – Trotz des schlechten Abschneidens in der Pisa- Studie möchte die SPD keinen Kampf um die bessere Schulform führen. „Entscheidend ist nicht die Schulform, sondern die individuelle Förderung des Kindes“, sagte Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) am Freitag. Die Ministerin war am Vorabend von ihrer Reise nach Finnland und Schweden zurückgekehrt. Dort hatte sie sich mit sechs SPD-Länderkollegen an verschiedenen Schulen umgesehen. Finnland und Schweden hatten bei der Studie besonders gut abschnitten. Trotz Einladung nahm kein Minister der Union an der Reise teil.

Indirekt machte Bulmahn die Aufteilung des deutschen Systems in Hauptschule, Realschule und Gymnasium für das schlechte Ergebnis mitverantwortlich. An finnischen Schulen werde weitaus weniger zwischen starken und schwachen Schülern getrennt. In Deutschland gebe es dagegen Fälle, „wo Mathematik-Talente in Hauptschulen verkannt werden“. Hier sehe sie auch gravierende Unterschiede zur Politik von Union und FDP, die zuerst die Elitenförderung im Blick hätten. Das Beispiel Finnlands und Schwedens bestärke die Bundesregierung in ihrer Absicht, das Bildungsangebot in allen Schulformen zu verbessern. Vor allem im Grundschulbereich hinke Deutschland hinterher. Auch eine Umverteilung der Mittel innerhalb des Systems dürfe deshalb kein Tabu sein. „Finnland und Schweden investierten wesentlich mehr Geld in die Grundschulen“, sagte Bulmahn. Deutschland dagegen fördere vor allem die gymnasiale Oberstufe.

Einwände, die SPD behandle die Schulpolitik im Wahlkampf eher defensiv, wies die Ministerin zurück. Mit der angekündigten Förderung von Ganztagesschulen habe die Regierung bereits erste Konsequenzen gezogen. Notwendig sei jedoch auch ein Mentalitätswechsel. „In Deutschland gibt es eine lange Tradition der Auslese und tiefsitzende Vorbehalte gegen Ganztagesschulen“, stellte Bulmahn fest. Das skandinavische Beispiel zeige hingegen, dass gezielte Förderung nicht mit Gleichmacherei zu verwechseln sei: „Viel eher wird doch bei uns gleichgemacht, indem Kinder nicht nach ihren tatsächlichen Fähigkeiten beurteilt werden“, so Bulmahn.



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